Leitsatz

Die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einem Individualbeschwerdeführer zugesprochene Entschädigung wegen der durch eine Menschenrechtsverletzung infolge überlanger Verfahrensdauer erlittenen immateriellen Schäden ist nicht abtretbar und pfändbar; sie fällt bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beschwerdeführers nicht in die Insolvenzmasse. Dasselbe gilt für die zuerkannte Erstattung der Kosten für das Verfahren vor dem Gerichtshof.

Der von dem Gerichtshof zuerkannte Anspruch auf Erstattung von Mehrkosten im vorausgegangenen innerstaatlichen Verfahren ist abtretbar, pfändbar und fällt in die Masse, wenn über das Vermögen des Individualbeschwerdeführers das Insolvenzverfahren eröffnet wird

BGH, 24.3.2011 – IX ZR 180/10

1 Der Praxistipp

Immer die Frage: zugriffsfähiges Vermögen …

Immer wieder erhalten Schuldner auch ungewöhnliche Einkommenszuflüsse, bei denen sich dann die Frage stellt, ob der Gläubiger auf sie zugreifen kann oder nicht. Grundsätzlich ist jedes Einkommen und jedes Vermögen zugriffsfähig. Es obliegt dem Schuldner, seinen Pfändungsschutz zu aktivieren. Dabei sind nur solche Vermögensbestandteile der Pfändung entzogen, für die eine eindeutige gesetzliche Regelung den Pfändungsschutz anordnet.

… im Spannungsfeld zum Pfändungsschutz

Nach dem BGH stehen gegen die Pfändbarkeit eines nach Art. 41 EMRK zuerkannten Anspruchs wegen immaterieller Schäden § 851 Abs. 1 ZPO, § 399 BGB. Die Leistung könne an einen Dritten, im konkreten Verfahren den Insolvenzverwalter, ansonsten aber auch den Pfändungsgläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen. Anders verhalte sich dies aber bei der Erstattung von Mehrkosten aus dem innerstaatlichen Verfahren. § 399 Abs. 1 BGB stehe dagegen der Abtretbarkeit und damit § 851 ZPO der Pfändbarkeit nicht entgegen, soweit dem Schuldner ein Ausgleich für Mehrkosten in dem verschleppten innerstaatlichen Verfahren gewährt worden sei. Zweck dieser Zahlung ist es nicht, die Opfereigenschaft des Schuldners zu kompensieren; sie dient vielmehr der Abdeckung höherer Kosten, sei also mittelbar auch zur Befriedigung der Gläubiger des Schuldners bestimmt.

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