Der Grundsatz: Erbe haftet für Verbindlichkeiten

Verstirbt der Schuldner, ist zunächst zu sehen, dass entgegen der landläufigen Meinung der Erbe die Erbschaft nicht annehmen muss, sondern der Anfall – auch ohne Wissen des Erben – kraft Gesetzes geschieht. Die Erbschaft geht also nach § 1942 BGB unbeschadet des Rechts, sie auszuschlagen, auf den berufenen Erben über (Anfall der Erbschaft). Der Erbe haftet dann nach § 1967 Abs. 1 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten. Zu ihnen gehören die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen, aber eben auch die vom Erblasser, d.h. dem verstorbenen Schuldner herrührenden Schulden.

Erbe kann ausschlagen – Form muss gewahrt sein

Der Erbe kann die Erbschaft allerdings ausschlagen. Das gelingt jedoch nicht jedem Erben, so dass es für den Gläubiger Sinn macht, die Wirksamkeit der Ausschlagung in zeitlicher und formeller Hinsicht zu prüfen. Die maßgeblichen Vorschriften hierzu finden sich in den §§ 19431945, 1947 BGB. Danach sind folgende Aspekte zu beachten:

 

Checkliste: Prüfen Sie, ob die Ausschlagung wirksam ist

Es sind folgende Aspekte zu prüfen:

Die Erbschaft kann nach § 1943 BGB nicht mehr ausgeschlagen werden, wenn der Erbe sie bereits angenommen hat.

Hinweis

Die Erklärung der Annahme der Erbschaft ist eine gestaltende Willenserklärung, die ausdrücklich oder konkludent erfolgen kann (Palandt-Weidlich, BGB, 72. Aufl., § 1943 Rn 1). Anders als die Erbausschlagung ist sie weder an eine bestimmte Form gebunden noch empfangsbedürftig. Auch kann sie nicht nur gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden, sondern jedem Beteiligten gegenüber, etwa Nachlassgläubigern – insbesondere Vermächtnisnehmern und mit Miterben –, Nachlassschuldnern oder auch dem Nachlassgericht. Es kann sich deshalb für den Gläubiger als lohnend darstellen nachzuforschen, ob der Erbe die Erbschaft bereits gegenüber den genannten Personen angenommen hat. In diesen Fällen kommt lediglich noch eine Anfechtung der Annahme in Betracht. Auch diese unterliegt aber Fristen (§ 1954 BGB), Formvorschriften (§ 1955 BGB) sowie inhaltlichen Grenzen (§ 1949 BGB).

Eine Ausschlagung ist nur innerhalb einer Frist von sechs Wochen möglich. Es sei denn, dass der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder sich der Erbe beim Beginn der Frist im Ausland aufhält. In den Auslandsfällen beträgt die Frist nach § 1944 Abs. 3 BGB sechs Monate.

Hinweis

Die Frist beginnt nach § 1944 Abs. 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem der Erbe einerseits von dem Erbfall und andererseits von dem Grunde seiner Berufung zum Erben Kenntnis erlangt. Bei einem gesetzlichen Erben erster Ordnung und dem Ehegatten mit seinem Erbrecht aus § 1931 BGB werden die erforderliche Kenntnis und damit der Fristbeginn ab dem Erbfall anzunehmen sein. Bei einem Erben, der durch letztwillige Verfügung, d.h. ein Testament oder einen Erbvertrag, berufen wurde, kann die Frist dagegen nicht vor der Eröffnung der letztwilligen Verfügung beginnen.

Die Ausschlagung kann nicht irgendeinem Dritten gegenüber erklärt werden, insbesondere nicht gegenüber weiteren Erben, sondern sie muss gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden, § 1944 Abs. 1 S. 1 BGB.

Hinweis

Vor diesem Hintergrund ist bei dem zuständigen Nachlassgericht anzufragen, ob eine Ausschlagungserklärung vorliegt. Dem Gläubiger kommt ein Auskunftsanspruch nach §§ 13, 357 FamFG zu. Der vorliegende Titel und die Erbenhaftung aus § 1967 BGB begründen das rechtliche Interesse hinreichend.

Die Erklärung ist nach § 1945 Abs. 1 auch formgebunden. Sie muss entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichtes erfolgen, wodurch eine öffentliche Urkunde entsteht, oder aber in öffentlich beglaubigter Form. Gerade hier sind nicht selten Fehler zu beobachten, die zur Unwirksamkeit der Ausschlagung führen.

Hinweis

Die maßgebliche Regelung über die öffentliche Beglaubigung findet sich in § 129 BGB. Danach muss die Erklärung schriftlich abgefasst sein und die Unterschrift von einem Notar beglaubigt werden. Hieran fehlt es nicht selten, ohne dass der Mangel in der vorgegebenen Ausschlagungsfrist behoben wird.

Eine weitere Hürde kann darstellen, dass nicht der Erbe selbst die Ausschlagung erklärt, sondern ein von ihm Bevollmächtigter. In diesem Fall muss nämlich nicht nur die Ausschlagungserklärung zur Niederschrift des Nachlassgerichtes oder in öffentlich beglaubigter Form erfolgen, sondern auch die Vollmacht des Bevollmächtigten muss zum einen öffentlich beglaubigt sein, zum anderen der Ausschlagungserklärung beigefügt oder doch zumindest innerhalb der Ausschlagungsfrist zu den Nachlassakten gelangt sein.

Keine Prüfung beim Nachlassgericht

Das Nachlassgericht prüft außerhalb förmlicher Verfahren nicht, ob die Ausschlagung des potentiellen Erben wirksam ist. Dies hat zur Folge, dass der Gläubiger bei einer einfachen Anfrage, ob eine bestimmte Person die Erbschaft ausgeschlagen hat, ggf. eine bejahende Auskunft erhält, obwohl eine d...

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