Die Behandlung dieser Kosten ist streitig. Nach § 788 Abs. 1 ZPO hat der Schuldner zunächst die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung zu tragen. Was darunter zu verstehen ist, begegnet keinem einheitlichen Verständnis, ist aber letztlich höchstrichterlich geklärt: Kosten der Zwangsvollstreckung sind Aufwendungen, deren Zweck darin besteht, die Befriedigung der titulierten Forderung zu erreichen (BGH NJW 2005, 2460 Rn 8, juris).

 

Hinweis

Der BGH folgt damit einem weiten Verständnis der "Kosten der Zwangsvollstreckung". Hiervon erfasst sind nicht nur die Aufwendungen, die unmittelbar und konkret zum Zweck der Vorbereitung und Durchführung der Zwangsvollstreckung gemacht werden, sondern sämtliche Aufwendungen des Gläubigers, die anlässlich der Zwangsvollstreckung entstanden oder kausal auf diese zurückzuführen sind.

LG Bremen: keine Kosten der Zwangsvollstreckung

Das LG Bremen ist (trotzdem) der Auffassung, dass in dieser Situation keine Erstattung der Kosten nach § 788 ZPO in Betracht komme. Obwohl es den BGH zitiert, stellt es dann aber allein auf die enge Auffassung ab. Ob Abtretungsanzeigen über Lohnabtretungen unmittelbar der Vorbereitung bzw. Durchführung der Zwangsvollstreckung dienten, sei umstritten:

Teilweise werde eine grundsätzliche Erstattungsfähigkeit angenommen (LG Fulda v. 22.6.1983 – 2 T 45/83).
Teilweise werde eine Erstattungsfähigkeit bis zur Höhe der Kosten eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses angenommen (vgl. LG Köln Rpfleger 1983, 1038).
Teilweise werde auf den Zeitpunkt der Abtretungsanzeige abgestellt. Liege er vor der Titulierung, soll keine Erstattungsfähigkeit gegeben sein (LG Köln Rpfleger 1990, 183).
Teilweise werde angenommen, dass Abtretungsanzeigen über Lohnabtretungen nicht unter § 788 Abs. 1 ZPO fielen (Kindl/Meller-Hannich, Zwangsvollstreckung, ZPO § 788 Rn 35 m.w.N.).

Die LG Bremen schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Die Kosten der Offenlegung einer Lohnabtretung stellten mit der sich anschließenden Vollstreckungshandlung eine Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG dar, so dass die Vergütung nur einmal verlangt werden könne.

 

Hinweis

Damit vermischt das LG Bremen zwei Fragen. Zunächst beachtet es die selbst zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung nicht, die die vorherige Streitfrage im Sinne der Gläubigervertreter entschieden hat. Sodann vermischt es die Frage der Gebühr mit der Frage der Angelegenheiten. Letztlich bleibt zu beachten, dass die Ansicht des LG Bremen den Umstand unberührt lässt, dass der Schuldner jedenfalls nach §§ 280, 286 BGB aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zum Kostenersatz verpflichtet ist. Der BGH möchte nun gerade verhindern, dass es für den Kostenersatz einer neuen Klage bedarf (BGH a.a.O.).

AG Norderstedt: Es gibt eine Vollstreckungsgebühr

Das AG Norderstedt (5.3.2021 – 68 M 265/21) hat in einer solchen Situation jedenfalls keine Grundlage für eine 1,3-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG gesehen. Die Begründung dafür überzeugt: Es sei davon auszugehen, dass der Rechtsdienstleister (Rechtsanwalt oder Inkassodienstleister) zum Zeitpunkt der Offenlage der Abtretung längst mit der Forderungsdurchsetzung gegen den Schuldner lediglich noch im Rahmen eines reinen Vollstreckungsmandats handele. Dann könnten aber nur noch Vollstreckungsgebühren geltend gemacht werden (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl., Nr. 3309 VV Rn 33, 444).

 

Hinweis

Unabhängig von der Frage, ob es um die Vergütung oder die Erstattung geht, muss erst einmal geprüft werden, welcher Auftrag denn überhaupt erteilt wurde.

Vollstreckungsähnliche Handlung

Mit der Abtretungsanzeige werde lediglich eine Vollstreckungs- (ggf. vollstreckungsähnliche) Handlung vorgenommen (vgl. den Fall der Aufforderung zur Auskunftserteilung nach § 840 ZPO, Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl., Nr. 3309 VV Rn 216).

 

Hinweis

Natürlich wird mit der Offenlage der Abtretung nicht vollstreckt. An der Offenlage ist ja auch kein Vollstreckungsorgan – weder unmittelbar noch mittelbar (wie bei der notwendigen Zustellung einer Vorpfändungsbenachrichtigung nach § 845 ZPO) – beteiligt. Allerdings dient die Offenlage nun eben dem Zweck, die Befriedigung der titulierten Forderung zu erreichen. Deshalb sind die Kosten nach § 788 ZPO zu erstatten.

Sollte der Rechtsdienstleister nicht im Rahmen eines Vollstreckungsmandats gehandelt haben, wäre eine Geschäftsgebühr zwar denkbar. In solchen Fällen werde vielfach aber auch lediglich die verminderte 0,3-Geschäftsgebühr gem. Nr. 2301 VV RVG in Betracht kommen (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl., Nr. 3309 VV Rn 445), was im Ergebnis also auf das Gleiche hinauskomme. Auch ginge es schließlich lediglich um eine Abtretungsanzeige und nicht um die Klärung einer zwischen den Parteien in Streit stehenden Angelegenheit. Eine solche Gebühr müsste dann aber möglicherweise auch noch auf eine später entstehende Vollstreckungs- ("Verfahrens-") Gebühr nach Nr. 3309 VVRVG angerechnet werden, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG.

 

Hinweis

Hier schwimmt das AG etwas. Ausgan...

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