Unzulässige Beschwerde

Die Beschwerde ist unzulässig. Der Ordnungsmittelbeschluss ist dem Rechtsanwalt der Schuldnerin im Erkenntnisverfahren per Zustellungsurkunde zugestellt worden. Die Zustellung ist wirksam. Das Vollstreckungsverfahren gehört nach § 172 Abs. 1 S. 3 ZPO zum ersten Rechtszug. Zustellungen sind daher an den Prozessbevollmächtigten zu richten (Zöller/Schultzky, 32. Aufl., ZPO § 172 Rn 17).

Die Schuldnerin kann sich nicht mit Erfolg auf das Erlöschen der Vollmacht berufen. Im Anwaltsprozess sind Zustellungen bis zur Anzeige der Bestellung eines neuen Anwalts weiter an den früheren Bevollmächtigten zu richten (§ 87 ZPO; Zöller/Schultzky, a.a.O., Rn 9). Der Fortbestand der Vollmacht gilt zwar nicht für selbstständige Nebenverfahren, in denen die Partei selbst handeln kann (Zöller/Althammer, a.a.O., Rn 3). Bei der Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO kann die Partei jedoch nicht selbst handeln. Im Vollstreckungsverfahren vor dem Prozessgericht gilt vielmehr der Anwaltszwang (Zöller/Seibel, a.a.O. § 887 Rn 4; § 890 Rn 13). Die Beschwerde ist erst am 29.5.2019 und damit nicht fristgerecht bei Gericht eingegangen.

Keine Zustellung zur Vollziehung

Ohne Erfolg beruft sich die Schuldnerin darauf, Zustellungen zum Zwecke der Vollziehung (§ 929 Abs. 2 ZPO) gehörten nicht zu § 172 Abs. 1 ZPO. Um eine solche Zustellung geht es hier nicht. Es steht keine Vollziehung einer einstweiligen Verfügung in Rede, die grundsätzlich im Parteibetrieb zu erfolgen hat.

Keine Verletzung des Berufsrechts

Die Auslegung des Umfangs der Vollmacht nach § 87 Abs. 1 ZPO verletzt nicht das Recht der Berufsfreiheit des bisherigen Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin. Der Fortbestand der Pflicht zur Weiterleitung an den Mandanten mag lästig sein. Der Eingriff ist jedoch zur Sicherstellung der Rechtspflege erforderlich und verhältnismäßig. Dies gilt vor allem, wenn sich die Schuldnerin – wie vorliegend – im Ausland aufhält und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass hinterlegte Schreiben nicht abgeholt wurden. Der Schuldner darf sich der Vollstreckung des Titels nicht entziehen können. Die Interessen des früheren Prozessbevollmächtigten treten insoweit hinter dem Interesse des Gläubigers an der Sicherstellung der Vollstreckung seines Titels zurück. Ob etwas anderes gilt, wenn ein 20 oder 30 Jahre alter Titel vollstreckt werden soll, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

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