Leitsatz

Erhält der Schuldner bei Erteilung einer Abschrift eines bereits vorliegenden Vermögensverzeichnisses an den Gläubiger die Gelegenheit, die Forderung ganz oder in Raten zu zahlen, liegt darin der Versuch einer gütlichen Erledigung, für den eine Gebühr entsteht.

AG Prenzlau, Beschl. v. 27.2.2020 – 6 M 447/19

1 Der Fall

Auftrag zur Abnahme der VA und von Drittauskünften ohne gütliche Einigung

Die Gläubigerin beauftragte den Gerichtsvollzieher (GV) mit der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner aus einem Vollstreckungsbescheid sowie zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen in Höhe der Gesamtforderung von 3.950,65 EUR nebst weiterer Zinsen, konkret mit der Abnahme der Vermögensauskunft sowie der Einholung von Auskünften bei dem Bundeszentralamt für Steuern. Die Gläubigerin gab dabei an, dass sie mit einer Zahlungsvereinbarung nicht einverstanden sei.

GV übersendet Vermögensverzeichnis und weist auf Ratenzahlungsoption hin

Der GV stellte fest, dass der Schuldner die Vermögensauskunft innerhalb der Sperrfrist bereits abgegeben hat. Er leitete das damalige Vermögensverzeichnis der Gläubigerin zu und teilte dies dem Schuldner mit. Zugleich ordnete der GV die Eintragung des Schuldners in das zentrale Schuldnerverzeichnis mit Ablauf von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens an. In dem Schreiben wies der GV den Schuldner u.a. darauf hin, dass er im Zuge einer gütlichen Erledigung gemäß § 802b ZPO die Forderung innerhalb von zwei Wochen bei ihm im Büro begleichen könne bzw. eine angemessene Ratenzahlung möglich sei, falls der Schuldner die Forderung nicht in einer Summe bezahlen könne. Hierdurch könne der Schuldner die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis verhindern. Der GV wies den Schuldner zudem darauf hin, dass die Gläubigerin einer Ratenzahlung widersprochen habe.

GV rechnet gütliche Einigung ab

Der GV hat in seiner Kostenrechnung über insgesamt 52,83 EUR 8,00 EUR nach Nr. 208 KV GvKostG für den Versuch einer gütlichen Erledigung zuzüglich anteiliger Auslagenpauschale von 20 % nach Nr. 716 KV GvKostG geltend gemacht. Hiergegen wandte sich die Gläubigerin, da sie in ihrem Vollstreckungsauftrag eine Zahlungsvereinbarung ausgeschlossen habe. Da der GV der Erinnerung nicht abhalf, musste das AG entscheiden.

2 II. Die Entscheidung

AG sieht Erinnerung nach dem GvKostG

Die Erinnerung der Gläubigerin ist gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 5 GKG zulässig, aber nicht begründet. Die angesetzte Gebühr nach Nr. 208 KV GvKostG nebst darauf entfallender Auslagenpauschale nach Nr. 716 KV GvKostG ist angefallen und entsprechend hat der GV seine Kostenrechnung nicht zu berichtigen.

Voraussetzungen der Gebühr

Die Gebühr von 8,00 EUR entsteht nach § 9 GvKostG i.V.m. Nr. 208 KV GvKostG für den Versuch einer gütlichen Erledigung nach § 802b ZPO, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 ZPO gerichteten Amtshandlung, hier der Abnahme der Vermögensauskunft nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO, beauftragt wird.

Streit um Kostenfolge bei ausgeschlossener gütlicher Einigung

Umstritten ist, ob diese Gebühr auch ausgelöst wird, wenn die Gläubigerin eine Zahlungsvereinbarung bzw. gütliche Erledigung bei Antragstellung ausgeschlossen hat.

Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass für den GV nach § 802b Abs. 1 ZPO allgemein eine Pflicht zu einer gütlichen Erledigung bestehe, welche nicht zur Disposition der Gläubigerseite stehe, zumal Zahlungserleichterungen, also ein Zahlungsaufschub oder die Gewähr von Ratenzahlungen, nicht die einzigen Möglichkeiten für eine gütliche Erledigung seien.

Teilweise wird vertreten, dass sich gerade in der Gewährung von Zahlungserleichterungen die Möglichkeiten einer gütlichen Erledigung für den GV erschöpfen würden, die Aufforderung zur Vollzahlung des geschuldeten Betrages und damit zur vollständigen Erbringung der sowieso geschuldeten Leistung keinen Versuch einer gütlichen Erledigung darstelle und, soweit die in § 802b Abs. 1 ZPO normierte Pflicht für den GV zur gütlichen Erledigung der Dispositionsbefugnis der Gläubigerseite entzogen sei, die Befolgung der gesetzlichen Pflicht durch den GV bei Beauftragung anderweitiger Vollstreckungsmaßnahmen und dem Ausschluss der Gewährung von Zahlungserleichterungen durch den Gläubiger keine gesonderte Gebühr auslöse (vgl. zum Meinungsstreit die Nachweise bei Vorwerk/Wolf/Fleck, BeckOK- ZPO, 32. Ed., ZPO § 802b Rn 22a).

AG: Wichtig sei nur, dass es einen Mehrwert für den Gläubiger gebe

Nach Auffassung des Gerichts fällt jedenfalls dann die Gebühr für den Versuch einer gütlichen Erledigung an, wenn durch den GV ein Versuch einer gütlichen Erledigung außerhalb einer durch die Gläubigerseite ausgeschlossenen Zahlungserleichterung versucht wurde (so OLG Schleswig DGVZ 2017, 211). Ein solcher Versuch einer gütlichen Erledigung außerhalb einer Zahlungsvereinbarung liegt nach dem OLG Schleswig (20.9.2018 – 9 W 105/18, DGVZ 2019, 21) darin, dass das Handeln des GV über die ausgeschlossene Zahlungserleichterung hinaus einen Mehrwert für den Gläubiger ha...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge