Der BGH folgt dem Gläubiger

Die gemäß § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Schuldnerin, § 577 Abs. 5 S. 1 ZPO. Zu Recht habe der Notar dem Gläubiger eine mit einer einfachen Vollstreckungsklausel gemäß § 724 Abs. 1 ZPO versehene vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde vom 9.11.2015 erteilt, § 797 Abs. 2 S. 1 ZPO.

Anwendungsbereich der Klauselerinnerung

Im Verfahren der Klauselerinnerung gemäß § 732 ZPO kann ein Schuldner in begründeter Weise grundsätzlich nur Einwendungen gegen eine dem Gläubiger erteilte Vollstreckungsklausel erheben, die Fehler formeller Art zum Gegenstand haben (st. Rspr., vgl. BGH NJW 2009, 1887; BGH NJW-RR 2006, 567; BGH MDR 2005, 1432). In diesem Rahmen ist u.a. überprüfbar, ob ein Notar zu Recht eine einfache Vollstreckungsklausel gemäß § 724 ZPO erteilt hat oder ob es der Erteilung einer qualifizierten Vollstreckungsklausel, etwa gemäß § 726 ZPO, bedurft hätte (vgl. BGH NJW-RR 2012, 1146).

Bei notwendiger Kündigung: qualifizierte Vollstreckungsklausel erforderlich

Noch zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass es sich jedenfalls bei dem Kündigungserfordernis des § 1193 Abs. 1 S. 1 BGB um eine Vollstreckungsbedingung i.S.d. § 726 Abs. 1 ZPO handelt, wenn sich der Schuldner in der notariellen Grundschuldbestellungsurkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat, so dass der Notar grundsätzlich gehalten ist, eine qualifizierte Vollstreckungsklausel frühestens nach entsprechendem Nachweis der Kündigung der Grundschuld zu erteilen.

Aber: War denn die Kündigung der Grundschuld hier nachzuweisen?

Das Klauselerteilungsorgan ist verpflichtet, durch Auslegung des Titels zu ermitteln, ob dessen Vollstreckbarkeit seinem Inhalt nach vom Eintritt einer vom Gläubiger zu beweisenden Tatsache abhängt. Der Auslegung sind allerdings durch die Formalisierung des Klauselerteilungsverfahrens Grenzen gesetzt. Da der Vollstreckungstitel Inhalt und Umfang der Zwangsvollstreckung festlegt und der Schuldner staatlichen Zwang nur nach dieser Maßgabe zu dulden hat, muss eine im Klauselerteilungsverfahren zu berücksichtigende Abhängigkeit der Vollstreckbarkeit nach § 726 Abs. 1 ZPO durch den Titel selbst festgestellt sein und sich klar aus diesem ergeben. Bei der Auslegung kann nicht auf außerhalb des Titels liegende Umstände abgestellt werden. Im Grundsatz muss der Titel daher aus sich heraus für eine Auslegung genügend bestimmt sein oder jedenfalls sämtliche Kriterien für seine Bestimmbarkeit eindeutig festlegen (vgl. BGHZ 190, 172). Dabei können auch gesetzliche Regelungen Berücksichtigung finden, sofern sich deren Anwendbarkeit aus dem Titel zweifelsfrei ergibt.

Nach diesen Maßstäben ist auch das Kündigungserfordernis des § 1193 Abs. 1 S. 1 BGB zu beachten, wenn sich aus einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde, die aufgrund einer Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung einen Titel darstellt (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO), nichts Abweichendes ergibt. Das materielle Kündigungserfordernis ist dann zugleich Vollstreckungsbedingung (vgl. Volmer, MittBayNot 2009, 1, 6 f.; Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, 17. Aufl., § 726 Rn 3; MüKo-BGB/Lieder, 8. Aufl., § 1193 Rn 5).

Hier: Verzicht auf den Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen

Zu Unrecht hat das LG dagegen angenommen, der Notar habe die in § 4 Nr. 2 der notariellen Urkunde enthaltene Regelung, wonach dem Gläubiger ohne Nachweis der das Bestehen und die Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung begründenden Tatsachen eine vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde erteilt werden kann, nicht beachten dürfen.

Die Erklärung eines solchen Nachweisverzichts ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich zulässig (vgl. BGH NJW-RR 2006, 567; BGH NJW 1981, 2756; Volmer, MittBayNot 2009, 1, 8 m.w.N.), da sich der Verzicht nur auf das Klauselerteilungsverfahren bezieht und damit lediglich der Vereinfachung des Nachweises der Vollstreckungsvoraussetzungen dient (BGH NJW 2008, 3208). Eine materiell-rechtliche Wirkung geht mit dem Nachweisverzicht nicht einher, Einwendungen gegen den Anspruch selbst bleiben dem Schuldner erhalten. Der Verzicht auf den Nachweis führt dazu, dass das Klauselerteilungsorgan ohne Prüfung des Eintritts der betreffenden Tatsache eine einfache Vollstreckungsklausel zu erteilen hat. Die materielle Bedingung verliert hierdurch ihren Charakter als Vollstreckungsbedingung (vgl. Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, 4. Aufl., Rn 17.24 f., 17.45).

Keine Prüfung des Nachweisverzichtes im Klauselerteilungsverfahren

Der Notar hat diesen Nachweisverzicht zutreffend als wirksam behandelt. Vom Klauselerteilungsorgan zu beachtende gesetzliche Vorschriften, die eine Unwirksamkeit dieser rein prozessualen Erklärung eines Schuldners anordnen, bestehen nicht.

Ob der Nachweisverzicht bei Bestellung einer Sicherungsgrundschuld mit Unterwerfungserklärung aus materiell-rechtlichen Erwägungen ...

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