Gesetzgeber will Erleichterungen

Die Bestimmungen über die Auskunftsrechte des Gerichtsvollziehers nach § 802l ZPO wurden zum 1.1.2022 geändert. U.a. sollten die Auskünfte einfacher zu erlangen sein, wenn der Schuldner unbekannt verzogen ist und deshalb eine Vermögensauskunft nicht abgenommen werden kann (BT-Drucks 19/27636, S. 26). In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu:

 

"Nach geltendem Recht ist die Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO nur dann zulässig, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt oder bei einer Vollstreckung in die im Vermögensverzeichnis aufgeführten Gegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers nicht zu erwarten ist. Mit der Neuregelung soll die Einholung von Drittauskünften auch zulässig sein, wenn eine Zustellung der Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft wegen unbekannten Aufenthalts des Schuldners nicht möglich ist."

Nicht abschließend geklärt ist allerdings, wie die Bestimmungen in der Praxis anzuwenden sind. Die Gerichtsvollzieher verfahren hier ganz unterschiedlich. Für den Gläubiger kann hierin eine Kostenfalle liegen, die zu beachten ist.

Welche Auskünfte können eingeholt werden?

Nach § 802l Abs. 1 S. 1 ZPO kann der Gerichtsvollzieher den Arbeitgeber bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung und bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, die Kontodaten beim Bundeszentralamt für Steuern und die Pkw-Daten beim Kraftfahrtbundesamt ermitteln, wenn und soweit dies für Zwecke der Zwangsvollstreckung erforderlich ist.

Im Streit: die nicht zustellbare Ladung

Die Auskünfte dürfen nach § 802l Abs. 1 S. 2 ZPO aber u.a. nur dann eingeholt werden, wenn die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Schuldner nicht zustellbar ist und

die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Abs. 1 und 2 ZPO genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder
die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Schuldners bekannt ist, oder
die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor Erteilung des Vollstreckungsauftrags die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Schuldners bekannt ist.

Unterschiedliche Optionen

In der Praxis wird diese Regelung ganz unterschiedlich verstanden:

1. Ein Teil der Gerichtsvollzieher versteht die Norm so, dass der Gläubiger die Abnahme der Vermögensauskunft beauftragen muss, bei der dann die Ladung des Schuldners scheitert, so dass dann die Drittauskünfte eingeholt werden können.

 

Hinweis

Dies hat den Nachteil, dass für den Gerichtsvollzieher neben den Kosten für die persönliche Zustellung die Gebühren nach Nrn. 604, 260 KV GvKostG für eine nicht erledigte Amtshandlung entstehen könnten. Maximal könnten die Gerichtsvollzieherkosten sich also wie folgt berechnen:

 
Persönliche Zustellung Nr. 100 KV GvKostG 11,00 EUR
Wegegeld (max.) nach Nr. 711 KV GvKostG (3,25 EUR–16,25 EUR) 16,25 EUR
Nichterledigte Amtshandlung Nr. 604, 260 KV GvKostG 16,50 EUR
Auslagenpauschale Nr. 100 KV GvKostG aus 27,50 EUR 5,50 EUR
Gesamt 49,25 EUR

Beachtet werden muss, dass bei der Einholung der Drittauskünfte der Versuch einer gütlichen Einigung ausgeschlossen werden muss. Anderenfalls kommen weitere Kosten nach Nrn. 207, 208 KV GvKostG von 8,80 EUR nebst anteiliger Auslagenpauschale von 1,76 EUR, d.h. insgesamt 10,56 EUR hinzu.

Gleichwohl verlangen die Gerichtsvollzieher auch in dieser Variante noch, dass ihnen mittels einer Auskunft des Einwohnermeldeamtes oder einer der in § 755 Abs. 2 ZPO genannten Stelle nachgewiesen wird, dass keine andere Adresse bekannt ist.

2. Andere Gerichtsvollzieher akzeptieren, dass der Gläubiger dem Schuldner nachweisbar eine Zahlungsaufforderung hat zustellen lassen – Zustellung oder Einschreiben/Rückschein, teilweise auch per PRIO –, diese als unzustellbar zurückgelangt ist und durch eine Melderegisterauskunft nachgewiesen werden kann, dass eine andere Meldeadresse nicht bekannt ist (§ 802l Abs. 1 S. 2 lit. a) ZPO).

 

Hinweis

Hierbei handelt es sich um die kostengünstigste Variante, da die förmliche Zustellung durch die Post lediglich 4,11 EUR, per Einschreiben/Rückschein 5,70 EUR und per PRIO 1,95 EUR kostet.

3. Letztlich wird teilweise akzeptiert, dass dem Gerichtsvollzieher aus einer eigenen isolierten sonstigen, weil postalischen, Zustellung bekannt ist, dass die Zustellung nicht erfolgreich durchgeführt werden konnte, und ihm dann nachgewiesen wird, dass der Meldebehörde eine abweichende Adresse nicht bekannt ist.

 

Hinweis

Diese Variante ist sehr viel günstiger, um die Voraussetzungen der Einholung der Drittauskünfte zu schaffen. Maximal könnten die Gerichtsvollzieherkosten sich dann wie folgt berechnen:

 
Sonstige Zustellung Nr. 101 KV GvKostG 3,30 EUR
Entgelte für Zustellungen mit Zustellungsurkunde nach Nr. 701 KV GvKostG 4,11 EUR
Auslagenpauschale Nr. 716 KV...

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