BGH geht auch von Formunwirksamkeit aus

Zu Recht hat das LG die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen. Der Vollstreckungsauftrag entspricht nicht der nach § 753 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 5 GVFV vorgeschriebenen Form und war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Formulare sind grundsätzlich verbindlich

Gemäß § 753 Abs. 3 S. 1 ZPO wird das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates verbindliche Formulare für den Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher einzuführen. Nach § 1 S. 1, § 5 GVFV ist für Vollstreckungsaufträge seit dem 1.4.2016 verbindlich das in der Anlage zur GVFV vorgegebene Formular zu nutzen. Dieses umfasst in Anlage 1 gemäß § 1 S. 2 Nr. 2 GVFV auch ein Formular für eine Forderungsaufstellung.

Ausnahmen vom Grundsatz

Nur soweit für den beabsichtigten Vollstreckungsauftrag in dem Formular keine zweckmäßige Möglichkeit zur Eintragung vorgesehen ist, kann ein geeignetes Freitextfeld oder eine zusätzliche Anlage verwendet werden (§ 2 Abs. 2 S. 1 GVFV). Insoweit enthalten die gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3, § 5 GVFV ebenfalls verbindlichen "Hinweise zum Ausfüllen und Einreichen des Vollstreckungsauftrags (Anlage 2)" zu Modul C die ausdrückliche Bestimmung, dass die Beifügung von zusätzlichen Anlagen für die Forderungsaufstellung nur zulässig ist, wenn die für den Auftrag erforderlichen Angaben nicht oder nicht vollständig in die Anlage 1 eingetragen werden können. Darüber hinaus ist der Antragsteller vom Formularzwang entbunden, soweit das Formular unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist (vgl. BGH NJW 2016, 81; BGHZ 200, 145, jeweils zum vergleichbaren Fall der ZVFV).

Konkret: Anlage Forderungsaufstellung war ausfüllbar

Ein solcher Fall liegt, wie das LG zutreffend ausführt, nicht vor. Die in der Anlage 1 zum Formular gemäß Anlage zur GVFV vorgesehene Forderungsaufstellung erfasst den Fall der Gläubigerin, die eine titulierte Forderung nebst Zinsen geltend macht, vollständig. Insbesondere weist die Forderungsaufstellung der Gläubigerin keine Forderungen oder Forderungsbestandteile auf, die in das Formular nicht eingetragen werden können.

Erhöhte technische Anforderungen sind zumutbar

Dem LG ist auch zuzustimmen, soweit es einen Bedarf der Gläubigerin zur Erweiterung einer Eintragung gemäß § 2 Abs. 4 S. 2 GVFV verneint. Als ein solcher Bedarf kann auch unter Berücksichtigung der Garantie des effektiven Rechtsschutzes (BGHZ 200, 145) nicht angesehen werden, dass die Übertragung einer eigens hergestellten Forderungsaufstellung mit höherem Aufwand verbunden ist als die bloße Vorlage der eigenen Forderungsaufstellung, sofern, was hier der Fall ist, ausreichend Gelegenheit und Raum für eine Eintragung in das Formular besteht.

Recht zum Weglassen ist kein Recht zum Ersetzen

Soweit die Gläubigerin geltend gemacht hat, der Verordnungsgeber habe in § 2 Abs. 3 GVFV ein "Weglassen" von Modulen erlaubt, ordnet die Vorschrift lediglich an, dass nur die Seiten und Module des Formulars eingereicht werden müssen, die Angaben des Antragstellers enthalten. Wie aus § 2 Abs. 3 S. 3 GVFV folgt, sind auch die danach nicht eingereichten Formularseiten und Module Teil des Vollstreckungsauftrags. Daraus ergibt sich, dass lediglich die Vorlage ungenutzter, leerer Seiten und Module vermieden wird, nicht aber dem Antragsteller die Möglichkeit eröffnet werden soll, nach eigenem Gutdünken vorgesehene Module gegen eigene Anlagen auszutauschen.

Untitulierte Forderungen haben in der Forderungsaufstellung nichts zu suchen

Soweit die Rechtsbeschwerde schließlich ausführt, die Gläubigerin habe ihrem Vollstreckungsauftrag neben der eigens erstellten Forderungsaufstellung noch einen "Hinweis zur Forderungsaufstellung" beigefügt, wo es heiße:

Zitat

"In der dem Vollstreckungsauftrag beigefügten Forderungsaufstellung sind ggf. auch Positionen enthalten, die bisher nicht tituliert sind. Diese sind durch die Beauftragung eines Inkassounternehmens mit der Beitreibung der titulierten Forderung entstanden und müssten nunmehr in einem gesonderten Verfahren als Verzugsschaden tituliert werden. Auch in diesem Verfahren würden wiederum Kosten entstehen, sodass ein “perpetuum mobile' mit einer nicht endenden Kostenspirale in Gang gesetzt würde. Um dies zu verhindern, wurden diese bislang nicht titulierten Kosten in der beigefügten Forderungsaufstellung belassen."

Die Prüfung, ob diese (möglicherweise nicht nach § 788 ZPO als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung zu bewertenden) Kosten bei der Ausführung des Auftrags berücksichtigt werden, obliegt dem jeweils zuständigen Vollstreckungsorgan … Es wird jedoch anheimgestellt, dem Schuldner die Sachlage hinsichtlich der weiteren, nicht titulierten Kosten zu verdeutlichen und eine entsprechende Zahlung entgegenzunehmen“,

hat das LG entsprechende Feststellungen nicht getroffen, so dass eine Berücksichtigung gemäß §§ 577 Abs. 2 S. 4, 559 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht möglich ist. Der insoweit gerügte Gehörsverstoß ist nicht hinreich...

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