§ 806a ZPO i. V. mit § 108a GVGA

I. Die Praxis

Drittschuldnerermittlung durch den Gerichtsvollzieher

Nicht nur das Verfahren der eidesstattlichen Versicherung soll dem Gläubiger die Informationen über eventuelle Ansprüche des Schuldners gegen Dritte beschaffen, sondern der Gerichtsvollzieher kann bereits im Rahmen der Zwangsvollstreckung eine Drittschuldnerermittlung nach § 806a ZPO vornehmen.

Die Praxis zeigt jedoch, dass die Gerichtsvollzieher die Möglichkeiten der Drittschuldnerermittlungen unzureichend realisieren. So ist die Drittschuldnerbezeichnung (z. B. eines Kreditinstitutes oder Arbeitgebers), wenn denn überhaupt einmal eine vorhanden ist, in den meisten Fällen zu unpräzise, damit unmittelbar ein PfÜB beantragt werden kann. Zu vermeiden wäre dies dadurch, dass der Gerichtsvollzieher sich vor Ort Belege zeigen lässt.

Daher sollten die Gläubiger versuchen, den Gerichtsvollziehern die Wichtigkeit der Informationsbeschaffung im Rahmen der Zwangsvollstreckung zu verdeutlichen (s. Musterschreiben).

II. Wann soll ermittelt werden?

§ 806a ZPO gibt dem Gerichtsvollzieher anlässlich eines erfolglosen, d.h. nicht zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers führenden Pfändungsversuchs die Möglichkeit, den Schuldner oder zum Hausstand gehörende Personen zu Geldforderungen gegen Dritte (Bankverbindung, Arbeitgeber) zu befragen oder Informationen aus den bei der Durchsuchung gefundenen Unterlagen zu entnehmen.

Komplette Angaben über den Dritten und zur Forderung

Werden Dritte ermittelt, so ist nach § 806a ZPO der Gerichtsvollzieher verpflichtet, diese dem Gläubiger unter Angabe des Namens und der Anschriften der Drittschuldner, des Forderungsgrundes und der für diesen bestehenden Sicherheiten mitzuteilen.

Sind die vom Gerichtsvollzieher protokollierten Angaben unvollständig, so müssen diese ergänzt werden. Hat der Schuldner keine weitergehenden Angaben gemacht, so ist dies ebenfalls vom Gerichtsvollzieher im Protokoll festzuhalten.

III. Was ist in der Praxis zu tun?

Den Gerichtsvollzieher "motivieren"

Damit nach Möglichkeit der Gerichtsvollzieher den § 806a ZPO im Rahmen der Zwangsvollstreckung richtig und vollständig umsetzt, kann mit dem Vollstreckungsauftrag nochmals intensiv darauf hingewiesen werden. Im Rahmen der Durchsuchung nach pfändbarer Habe müssten vom Gerichtsvollzieher ohne weiteres unterschiedliche Unterlagen wie Kontoauszüge, Gehaltsnachweise, Arbeitsvertrag, Mietvertrag, Bescheinigungen über Sozialleistungen, Nebenkostenabrechnungen oder Abrechnungen von Energieversorgern gefunden werden. Diese Unterlagen gehören zu den normalen Lebensumständen, auch wenn sie in der Regel vom Schuldner nicht geordnet aufbewahrt werden.

Insbesondere bei der Durchsuchungsanordnung

Ein Zusatzschreiben sollte insbesondere auch dann verfasst werden, wenn die Zwangsvollstreckung mit einer Durchsuchungsanordnung nach § 758a ZPO fortgeführt wird. Erstaunlich ist gerade in diesen Fällen, insbesondere wenn die zwangsweise Öffnung der Wohnung erfolgt ist, dass in den meisten Verfahren keine Drittschuldnerermittlungen mitgeteilt werden.

Damit der Hinweis auch gelesen wird, sollte dies in einem separaten Schreiben erfolgen.

 

Muster 1: Musterschreiben

Herrn Obergerichtsvollzieher …

Zwangsvollstreckungssache Gläubiger ./. Schuldner

Ihr Zeichen: …

Sehr geehrter Herr Obergerichtsvollzieher,

anliegend überreichen wir Ihnen in der o.g. Rechtssache die Vollstreckungsunterlagen mit unserem Zwangsvollstreckungsauftrag sowie eine Durchsuchungsanordnung gem. § 758a ZPO mit der Bitte um Fortsetzung der Zwangsvollstreckung.

Sollte die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung nicht zu einer vollständigen Befriedigung führen und durch Abwesenheit des Schuldners oder eines Dritten keine Befragung gem. § 806a ZPO i.V.m. § 108a GVGA erfolgen können, so bitten wir im Rahmen der Durchsuchung durch Einsichtnahme von Unterlagen folgende Informationen zu ermitteln:

[Alternativ ohne Beschluss: Sollte die Zwangsvollstreckung nicht zu einer vollständigen Befriedigung führen, so bitten wir im Rahmen des § 806a ZPO i.V.m. § 108a GVGA durch Befragung des Schuldners, insbesondere durch Einsichtnahme von Unterlagen, folgende Ansprüche gegenüber eventuellen Dritten zu ermitteln.]

Kontoauszüge zur Bankverbindung, Arbeitsvertrag und Gehaltsnachweise des Arbeitgebers, Mietvertrag im Bezug auf eine geleistete Mietkaution, Bescheinigung über Sozialleistungen, Nebenkostenabrechnungen des Vermieters oder Abrechnungen von Energieversorgern (eventuell zu ergänzen).

Da der Schuldner auch gewerblich tätig ist, bitten wir auch um Einsichtnahme in die entsprechenden Auftragsbücher.

Damit unsererseits keine unnötigen Nachfragen an Sie erfolgen, bitten wir auch um entsprechende Protokollierung, wenn keine Unterlagen von Ihnen bei der Durchsuchung gefunden wurden.

Mit freundlichen Grüßen

IV. Besteht eine Pflicht des Schuldners oder eines Dritten zur Auskunft?

Keine Schuldnerpflicht

Im Gegensatz zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfolgen die Angaben des Schuldners aufgrund der Befragung nach § 806a ZPO auf freiwilliger Basis. Jedoch ist der Gerichtsvollzieher nicht dazu verpflichtet, den Schuldner darauf hinzuweisen. Dieser Hinweis muss gem. ...

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