I. Das Problem

Gehört ein – gezahlter – Gerichtsvollzieherkostenvorschuss zu den Vollstreckungskosten?

Wir haben folgenden Fall: Für den Gläubiger betreiben wir die Herausgabevollstreckung gegen einen gewerblichen Schuldner aufgrund eines rechtskräftigen Versäumnisurteils. Nach einem ersten Vollstreckungsversuch nach §§ 883 ff. ZPO, bei dem nur Teile der herauszugebenden Sachen gesichert werden konnten, hat der Gerichtsvollzieher einen Kostenvorschuss in Höhe von rd. 33.500 EUR für die Sicherung und den Abtransport der weiteren Sachen verlangt. Dieser wurde auch durch den Gläubiger gezahlt.

Auf der Grundlage einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung (§ 733 ZPO) wurde nunmehr von uns ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) beantragt, um die bisher entstandenen Kosten – die festgesetzten Kosten aus dem streitigen Erkenntnisverfahren sowie die weiteren Vollstreckungskosten einschließlich des vorgenannten Vorschusses – im Wege des Zugriffs auf die Konten des Schuldners zu realisieren.

Das Amtsgericht beanstandet den PfÜB nunmehr mit dem Argument, dass als Vollstreckungskosten keine Vorschüsse angesetzt werden könnten. Es verweist hierzu auf die Ausführungen von Zöller/Geimer, 35. Aufl. 2024, § 788 Rn 15 und fordert uns auf, den Antrag insoweit zurückzunehmen. Zu Recht? Der Verweis auf ein Literaturzitat ersetzt noch keine Begründung. Hier hat doch der Gläubiger den – nicht unerheblichen – Vorschuss tatsächlich bereits an das Vollstreckungsorgan gezahlt.

II. Die Lösung

Ausgangspunkt ist § 788 ZPO

Für die Berücksichtigung der Kosten in der Forderungspfändung ist von § 788 ZPO auszugehen. Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen nach dessen Abs. 1 S. 1, soweit sie notwendig waren (§ 91 ZPO), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben.

Der Kostenansatz ist dabei nach § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO glaubhaft zu machen. Dies geschieht durch die Vorlage des Vollstreckungstitels sowie der auf dessen Vollstreckung gerichteten Zusammenstellung der Vollstreckungskosten.

Belege müssen nur im Ausnahmefall vorgelegt werden

Außerhalb des vereinfachten Antrages nach § 829a ZPO – der hier nicht in Betracht kam, weil ein Versäumnisurteil und nicht ein Vollstreckungsbescheid Grundlage der Zwangsvollstreckung ist – müssen grundsätzlich keine Belege vorgelegt werden. Das zeigt im ersten Schritt die begrenzte Prüfungskompetenz des Vollstreckungsorgans.

Ungeachtet dessen muss selbstverständlich auch die Aufstellung der Vollstreckungskosten ausweisen, um welche Art der Vollstreckungskosten es sich handelt, sodass hieraus auch ersichtlich wird, dass u.a. die Pfändung des Kontoguthabens (auch) wegen einer gezahlten Vorschussleistung nach § 4 GvKostG gefordert wird.

Fundstelle nur teilweise richtig zitiert

In der Sache nicht zu beanstanden ist die durch die Literaturstelle belegte Auffassung, dass für die Berücksichtigung eines Kostenansatzes nach § 788 ZPO die gleichen Grundsätze gelten wie bei der Kostenfestsetzung nach den §§ 103 ff. ZPO. Das ergibt sich einerseits aus § 788 Abs. 2 ZPO, in dem die Kosten von dem Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers auch entsprechend in einem Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzt werden können. Es ergibt sich aber auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung in § 788 ZPO, nicht immer wieder eine Titulierung der Kosten zeit- und kostenaufwändig betreiben zu müssen, wenn der materiell-rechtliche Erstattungsanspruch nach §§ 280, 286 BGB (Verzug) durch den titulierten Anspruch und dessen fortgesetzte Nichterfüllung sicher feststeht.

Die Fundstelle besagt aber auch nur genau dies – d.h. die Anwendung der gleichen Grundsätze wie im Kostenfestsetzungsverfahren – und nicht zugleich auch, dass damit ein Vorschuss in einer anderweitigen Vollstreckungssache keine Berücksichtigung finden kann. Die Nichtberücksichtigung des Vorschusses ist damit nicht begründet, was gegen das verfassungsrechtliche Anhörungsrecht sowie das Willkürverbot verstößt.

Dürfen Vorschüsse festgesetzt werden?

Es war also gesondert zu prüfen, ob im Rahmen eines Festsetzungsverfahrens Vorschüsse berücksichtigt werden dürfen oder nicht. Das AG München hat dies in einer Entscheidung vom 21.4.1980 (33 M 2535/79 = DGVZ 1980, 142) einmal mit dem Leitsatz verneint, dass nach § 788 ZPO nur bereits entstandene Vollstreckungskosten beigetrieben werden können, nicht aber Vorschüsse zur Durchführung der Vollstreckung.

Tatsächlich ist die Entscheidung allerdings in keiner der gängigen Datenbanken im Volltext veröffentlicht, sodass schon nicht festgestellt werden kann, ob der Gläubiger im konkreten Fall – wie hier – einen von ihm bereits gezahlten Kostenvorschuss einziehen wollte oder die Zwangsvollstreckung betrieb, damit der Schuldner diesen Kostenvorschuss – vorab – entrichtete. Die beiden Fälle sind aber zu unterscheiden. Hat der Gläubiger den Vorschuss gezahlt, sind ihm die Vollstreckungskosten – gleich der Gerichtskostenvorauszahlung im streitigen Verfahren – bereits entstanden.

 

Hinweis

Da der Gerichtsvollzieher die weiter...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge