Leitsatz

Fortfall des Rechtsschutzinteresses für eine Beschlussanfechtungsklage, wenn im Einzelfall ein Klageerfolg den Eigentümern oder der Gemeinschaft keinen Nutzen mehr bringen kann und auch Auswirkungen auf Folgeprozesse der Eigentümer untereinander, gegen den Verwalter oder gegen Dritte sicher auszuschließen sind

 

Normenkette

§ 46 WEG; §§ 511 Abs. 4, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO

 

Kommentar

  1. In einer Gemeinschaft wurde mehrheitlich beschlossen, dass "die Gemeinschaft mit Ausnahme der Kläger die Absicht habe, sich gegen eine von den Klägern erhobene Beschlussanfechtungsklage zu verteidigen und Hausverwaltung sowie Beirat gebeten werden, Rechtsanwalt Dr. L. zu beauftragen, der eine außergerichtliche Einigung versuchen sollte". Ein Eigentümer war mit diesem Beschluss nicht einverstanden und wollte sich selbst vertreten. Am Folgetag zeigte allerdings RA Dr. L. in dem vorausgehenden Beschlussanfechtungsverfahren Verteidigungsbereitschaft der übrigen Wohnungseigentümer mit Ausnahme der ursprünglichen 3 Anfechtungskläger und des erwähnten Miteigentümers, der sich selbst verteidigen wollte, an. Das Amtsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Berufungen zweier Kläger hat das Landgericht durch Beschluss als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde eines Klägers, mit welcher er die Durchführung des Berufungsverfahrens erreichen will.
  2. Mit der Kostenbelastung hat sich das Berufungsgericht befasst und ist zum Ergebnis gelangt, dass die Belastung der beiden Berufungskläger den Beschwerdewert von 600 EUR nicht erreichte.

    Von einer unzumutbaren Erschwerung des Zugangs zu einer an sich gegebenen Berufung kann dann gesprochen werden, wenn das Berufungsgericht eine gebotene Entscheidung über die Zulassung einer Berufung nicht nachholt; dies ist jedoch nur der Fall, wenn ein Grund für die Zulassung der Berufung auch vorliegt. Vorliegend war eine Prüfung angezeigt, weil das Amtsgericht nach eigener Streitwertfestsetzung davon ausgegangen ist, dass die 3 ursprünglichen Kläger die Berufungsbeschwer erreicht hätten. Eine unterbliebene Entscheidung über die Zulassung der Berufung wäre dann im Rechtsbeschwerdeverfahren nachzuholen, wenn die getroffenen Feststellungen eine solche Entscheidung erlauben. Vorliegend war jedoch eine Entscheidung des Berufungsgerichts weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts erforderlich; die Sache hatte auch keine grundsätzliche Bedeutung.

    Der Beschluss war bereits am Folgetag vollzogen, als der beauftragte Rechtsanwalt Verteidigungsbereitschaft der übrigen Eigentümer angezeigt hatte. Damit war auch vom Fortfall des Anfechtungs-Rechtsschutzbedürfnissesfür eine Beschlussanfechtungsklage auszugehen. Die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses könnte die erfolgte Verteidigung der übrigen Eigentümer gegen die Anfechtungsklage der Kläger auch nicht mehr rückgängig machen. Eine solche Beschlussentscheidung konnten die Eigentümer in Form eines solchen Beschlusses treffen, der auch keinerlei Aussagen zur Aufbringung der Kosten der Prozessführung und einer etwaigen Inanspruchnahme von Verwaltungsvermögen enthielt und darüber eine Entscheidung nicht vorweggenommen hat. Die Ermächtigung der Verwaltung, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, folgte unabhängig von den gesetzlichen Befugnissen vorliegend aus der von den Eigentümern getroffenen Beschlussentscheidung.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss vom 10.05.2012, V ZB 242/11

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