Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Sitzbadewanne als außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

Aufwendungen für den Einbau einer Spezialbadewanne (Sitzbadewanne mit Wannentür) sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, wenn ein vor dem Kauf erstelltes amts- oder vertrauensärztliches Attest vorgelegt wird.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1, 2 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Aufwendungen für den Einbau einer Spezialbadewanne in der eigenen Wohnung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin, Jahrgang 1915, ist alleinstehend. Sie wohnt in ... Die Klägerin ist körperbehindert; der Grad der Behinderung beträgt 80 %; die Merkzeichen lauten G, B und aG; auf den Bescheid des Versorgungsamts Koblenz vom 9. Oktober 1998, Bl. 45 - 49 der Prozeßakte wird ergänzend Bezug genommen.

Die Klägerin war Alleineigentümerin des in ..., ... belegenen Einfamilienhauses. Die Wohnung ist 100 qm groß. Die Klägerin hat den Grundbesitz mit notariellem Vertrag vom ... verkauft. Der Kaufpreis betrugt 300.000,-- DM. Die Klägerin behielt sich ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht am verkauften Grundbesitz vor. Das Nießbrauchsrecht ist im Grundbuch eingetragen.

In der Einkommensteuererklärung 1999 machte die Klägerin Aufwendungen für den Einbau einer Spezialbadewanne in der Wohnung in B in Höhe von 13.950,-- DM als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Herstellfirma P aus F baute die Spezialbadewanne vom Typ „Westerland“ im Februar 1999 in der Wohnung der Klägerin fest ein. Es handelt sich um eine Sitzbadewanne mit Wannentür, die zum Baden oder Duschen genutzt werden kann. Auf dem Prospekt der Herstellerfirma wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 13. Februar 2001 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 1999 auf 19.833,-- DM fest. Die Aufwendungen für die Sitzbadewanne erkannte der Beklagte nicht als außergewöhnliche Belastung an.

Der Einspruch hiergegen hatte keine Erfolg. Der Beklagte begründete die Einspruchsentscheidung u. a. mit der sogenannten Gegenwerttheorie.

Mit der hiergegen eingelegten Klage trägt die Klägerin vor, im Hinblick auf ihre schweren Gebrechen, wie sie durch den Schwerbehindertenausweis und den Bescheid des Versorgungsamts ... nachgewiesen seien, sei festzustellen, daß die Aufwendungen für den Einbau einer Spezialbadewanne erforderlich gewesen seien, um die Krankheiten erträglich zu machen, und daß es sich keineswegs um vorbeugende Aufwendungen zur Erhaltung der Gesundheit gehandelt habe. Der Beklagte habe aus den Akten Kenntnis über das Alter und die Gebrechen der Klägerin (Erwerbsminderung 80 %, Merkzeichen G, aG und B) gehabt, so daß für die Entscheidung nicht unbedingt ein amtsärztliches Attest zusätzlich erforderlich gewesen sei. Es sei auf das BFH-Urteil vom 9. August 1991 (BStBl II 1991, 820) hinzuweisen, in welchem sich das Gericht nicht nur eingehend mit der Frage des Gegenwerts befaßt habe, sondern auch im vorletzten Abschnitt mit dem amtsärztlichen Zeugnis - hier habe das Gericht eine verständliche Ausnahme zugelassen. Anschaffungskosten für notwendige Geräte seien Krankheitskosten i. S. d. § 33 EStG; insoweit sei die Gegenwerttheorie nicht anzuwenden. Die vom Beklagten in der Einspruchsentscheidung angezogenen Urteile behandelten Baumaßnahmen, welche ohne Zweifel einen Gegenwert darstellten und nicht nur ausschließlich von Behinderten genutzt werden könnten, z. B. Einbau eines Fahrstuhls, Ausstattung eines Einfamilienhauses, Errichtung einer Garage. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz habe in einem Urteil von 1978 Aufwendungen für ein Bewegungsbad zugelassen. Ebenfalls habe das Finanzgericht Baden-Württemberg (EFG 1987, 245) bei Aufwendungen zur Errichtung eines behindertengerechtes Bad positiv entschieden.

Nach herrschender Meinung und ständiger Rechtsprechung des BFH könnten Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige für die Aufwendungen einen Gegenwert erlange. Von der Anwendung der Gegenwerttheorie werde aber bei steuerlicher Beurteilung für solche Aufwendungen abgesehen, welche überwiegend oder nur dem Kranken dienten. Im zu entscheidenden Fall komme ein Gegenwert nicht zustande, weil die Klägerin nicht Eigentümerin des Anwesens sei; sie habe nur den Nießbrauch. Die Sitzbadewanne sei aber durch den festen Einbau Teil des Anwesens geworden und gehöre zum Eigentum des Besitzers. Die Klägerin habe in Kenntnis dieser Sachlage trotzdem die hohen Aufwendungen nicht gescheut, um ihre Leiden erträglicher zu halten.

Nach klägerischer Ansicht bedürften Gesetz und Rechtsprechung bezüglich der Vorschrift - nämlich vorherige Beantragung einer amtsärztlichen Bescheinigung - einer Änderung, welche der Lebenserfahrung entspreche. Der von seinen Gebrechen geplagte Kranke sei, wie auch sein Hausarzt, Laie und bestelle nach Prüfung der Angebote, lasse einbauen und bezahle. Erst bei Eingang der Steuererklärungsformulare spreche er mit seinem ste...

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