Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Fortbildung in „Psycho- und Pathophysiognomik“

 

Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen für Fortbildungen in „Psycho- und Pathophysiognomik“ sind vorrangig der privaten Wissensvermittlung und damit der privaten Sphäre der Einkommensverwendung und nicht der einkommensteuerrechtlich relevanten Einkünfteerzielung mit der Folge zuzuordnen, dass sie bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht als Werbungskosten in Abzug gebracht werden können.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Kosten für eine Fortbildung in „Psycho- und Pathophysiognomik“ als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte als Bankbetriebswirt im Streitjahr 2009 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin ist gelernte Bankkauffrau und studierte seit dem Wintersemester 2005 Sozialwissenschaften. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2009 vom 20. Juli 2010 erklärte der Kläger in der Anlage N Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit und machte Fahrtkosten in Höhe von 276,00 € (= 230 Tage x 4 km x 0,30 €) und Fortbildungskosten in Höhe von 1.805,00 € als Werbungskosten geltend (EStA, Bl. 13). Die Klägerin erklärte in der sie betreffenden Anlage N keine Einnahmen, machte jedoch Fortbildungskosten lt. Anlage in Höhe von 2.947,00 € geltend (EStA, Bl. 17). In der Anlage sind der den Kläger (1.804,66 €) und die Klägerin betreffende Anteil (1.141,58 €) der Fortbildungskosten aufgeführt (EStA, Bl. 25). Die vom Kläger aufgeführten Kosten schlüsseln sich in Übernachtungskosten, Seminarkosten, Verpflegungsmehraufwendungen und Fahrtkosten auf. Bei den Fortbildungskosten der Klägerin handelt es sich um Literaturaufwendungen, Seminargebühren, Fahrtkosten zu den Seminaren, Verpflegungsmehraufwendungen und Studiengebühren für die Fernuni Hagen.

Mit Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 3. September 2010 setzte der Beklagte Einkommensteuer in Höhe von 7.298,- € fest. Bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit setzte er den Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von 920,- € an. Bei der Klägerin berücksichtigte er bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten in Höhe von 1.142,- €. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung setzte er wie erklärt an. In den Erläuterungen führte er aus, dass die als Fortbildungskosten geltend gemachten Aufwendungen nicht abziehbare Kosten der privaten Lebensführung seien (EStA, Bl. 30).

Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und machten geltend, dass er - der Kläger - bei der Volksbank D. (Voba) seit 2003 für die Auswahl der Auszubildenden verantwortlich sei und in seinem Bereich die volle Personalverantwortung trage. Seine Ausbildung zum diplomierten systemischen (dipl. sys.) Coach bei der Akademie Deutscher Genossenschaften habe er auf Veranlassung seines Arbeitgebers absolviert. Da ihm diese Kenntnisse überaus hilfreich gewesen seien, habe er sein psycho- und physiognomisches Wissen später weiter vertieft, wobei auch diese Kosten teilweise von seinem Arbeitgeber übernommen worden seien. Er habe insoweit lediglich die Fahrtkosten angesetzt. Deshalb seien auch die in 2009 besuchten Fortbildungskurse beruflich veranlasst und die von ihm getragenen Kosten abzugsfähig.

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2010 führte der Beklagte aus, dass es sich bei der Physiognomik um die Kunst handele, aus dem unveränderlichen Äußeren des Körpers, besonders des Gesichts, auf seelische Eigenschaften des Menschen zu schließen. Sie zähle zu den Pseudowissenschaften und sei äußerst umstritten. Selbst wenn die Inhalte der Seminare über Physiognomik für den Beruf von Nutzen sein könnten, förderten sie auch den Umgang mit Menschen und das Auftreten im privaten Bereich. Daher handele es sich um gemischte Aufwendungen, für die das steuerliche Aufteilungs- und Abzugsverbot gemäß § 12 Nr. 1 S. 2 EStG gelte (EStA, Bl. 40).

Hierauf erwiderten die Kläger im Wesentlichen, allein schon die Tatsache, dass die Akademie Deutscher Genossenschaften die Ausbildung zum dipl. sys. Coach anbiete, unterstreiche schon die Zweckdienlichkeit der Physiognomik bei der täglichen Arbeit (EStA, Bl. 41).

Aufgrund der Mitteilung des Finanzamtes Z. über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 2009 vom 21. Januar 2011 von dem Kläger zuzurechnenden Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.420,68 € aus seiner Beteiligung an der K.GmbH & Co KG (EStA, Bl. 34), setzte der Beklagte mit gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändertem Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 17. Juni 2011 Einkommensteuer in Höhe von 7.893,- € fest (EStA, Bl. 36). Neben den bisher angesetzten Einkünften berücksichtigte der Beklagte noch Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.420,68 €.

Mit Einspruchsentscheidung vom 3. Februar 2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zur...

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