Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Sonderausgabenabzug für im Inland gezahlte Altersvorsorgeaufwendungen bei steuerfreiem Arbeitslohn aus der Schweiz

 

Leitsatz (amtlich)

Die auf den schweizerischen - in Deutschland steuerfreien - Lohnanteil entfallenden, an die Deutsche Rentenversicherung gezahlten Altersvorsorgeaufwendungen sind in Deutschland nicht als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn der Kläger keine Beiträge an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung geleistet hat und der Beschäftigungsstaat Schweiz im Quellensteuerabzugsverfahren bereits eine (pauschale) steuermindernde Berücksichtigung von Altersvorsorgebeiträgen des Klägers zugelassen hat.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a

 

Tatbestand

Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang. Streitig ist, ob die Beiträge an die inländische gesetzliche Rentenversicherung als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG abzugsfähig sind.

Der Kläger und seine Ehefrau sind im Inland ansässig und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist als Bauleiter nichtselbständig tätig und bezog im Streitjahr 2012 von seinem inländischen Arbeitgeber auch Arbeitslohn, der auf seine Tätigkeit in der Schweiz entfiel. Beide Eheleute erzielten zudem Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Der auf die Tätigkeit in der Schweiz entfallende Arbeitslohn wurde durch den Arbeitgeber nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11.08.1971 (BGBl II 1972, 1022) in der Fassung der Änderungsprotokolle vom 21.12.1992 (BGBL II 1993, 1888) und vom 27.10.2010 (BGBl II 2011, 1092) - DBA Schweiz - in Höhe von EUR 75.788 steuerfrei gestellt und auf der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2012 entsprechend bescheinigt. In Bezug auf den auf das Inland entfallenden Arbeitslohn über EUR 18.277 wurden Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung über insgesamt EUR 2.173 (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil jeweils 1.086,92) abgeführt (Bl. 29 Einkommensteuerakte). Ausweislich einer Bescheinigung der Steuerverwaltung des Kantons Bern vom 25.01.2013 wurde von den Bruttoeinkünften in Höhe von CHF 95.808,27 ein Betrag von CHF 12.699,57 als Quellensteuer abgerechnet (Bl. 27 ESt-Akte).

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten der Kläger und seine Ehefrau bei den Vorsorgeaufwendungen einen Betrag von insgesamt EUR 13.171 (EUR 6.586 Arbeitnehmeranteil und EUR 6.585 Arbeitgeberanteil), (Bl. 3 Rückseite Einkommensteuerakte).

In dem teilweise nach § 165 Abs. 1 S. 2 AO vorläufigen Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 19.06.2013 (Bl. 10 ESt-Akte) berücksichtigte der Beklagte nur die auf den inländischen Arbeitslohn i.H.v. EUR 18.277 entfallenden Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. EUR 1.087 und setzte diese mit anderen Vorsorgeaufwendungen des Klägers i.H.v. EUR 4.079 als Sonderausgaben an. Den auf die Tätigkeit in der Schweiz entfallenden Bruttoarbeitslohn i.H.v. EUR 75.788 bezog der Beklagte ebenso wie das bezogene Verletztengeld über EUR 3.910 in die Berechnung des Steuersatzes ein (Progressionsvorbehalt). Die festgesetzte Einkommensteuer betrug EUR 2.810.

Den hiergegen am 16.07.2013 eingelegten Einspruch (Bl. 15 ESt-Akte), mit dem der Kläger die Anerkennung von Rentenversicherungsbeiträgen begehrte, soweit sie für den für die Tätigkeit in der Schweiz bezogenen Arbeitslohn geleistet wurden, wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 26.03.2014 als unbegründet zurück (Bl. 39 ESt-Akte). Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass ein höherer Sonderabgabenabzug nach§ 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG daran scheitere, dass die Beiträge in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen des Klägers aus der Schweiz stünden.

Die dagegen am 09.04.2014 erhobene Klage wies das Finanzgericht Rheinland-Pfalz aufgrund mündlicher Verhandlung vom 23.01.2017 durch Urteil ab (Bl. 47 ff. Gerichtsakte). Die Revision wurde nicht zugelassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde ließ der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 31.05.2017 die Revision zu (X B 39/17, Bl. 88 Gerichtsakte). Durch Gerichtsbescheid vom 05.11.2019 hat der Bundesfinanzhof das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zurückverwiesen (Az. X R 23/17, Bl. 94 ff. Gerichtsakte). Zur Begründung hat er ausgeführt:

Das Sonderausgabenabzugsverbot für Altersvorsorgeaufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in der Schweiz erzielten und im Inland steuerlich freigestellten Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit stünden (§ 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 EStG), verstoße gegen die durch das Freizügigkeitsabkommen (FZA) gewährleisteten Grundsätze der Arbeitnehmerfreizügigkeit und Gleichbehandlung (Anschluss an das EuGH-Urteil Bechtel vom 22.06.2017 - C 20/16, EU:C:2017...

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