Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlung aufgrund einer vor der Ehe abgeschlossenen Güterrechtsvereinbarung als freigebige Zuwendung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Verzicht auf eine im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht entstandene, möglicherweise erst zukünftig entstehende Ausgleichsforderung stellt keinen in Geld bewertbaren Vermögenswert dar, sondern verkörpert allenfalls eine bloße Erwerbschance, die nicht in Geld veranschlagt werden kann und deshalb nach § 7 Abs. 3 ErbStG bei der Feststellung, ob eine Bereicherung vorliegt, nicht zu berücksichtigen ist. Sie ist deshalb als solche nicht geeignet, Gegenstand einer die Freigebigkeit ausschließenden Gegenleistung zu sein.

2. Der Umstand, dass zivilrechtlich der Abschluss eines Ehevertrags in der Regel keine Schenkung darstellt und ehebedingte Zuwendungen im Verhältnis zwischen den Ehegatten nicht als unentgeltlich angesehen werden, führt nicht zu einer entsprechenden schenkungsteuerrechtlichen Beurteilung. Das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht folgt dieser zivilrechtlichen Qualifizierung nicht, sondern stellt auf die objektive Unentgeltlichkeit ab.

3. Da eine etwaige Zugewinnausgleichsforderung ohne Abschluss eines Ehevertrags durch die Scheidung aufschiebend bedingt gewesen wäre, kann auch ein teilweiser Verzicht darauf nicht als die Freigebigkeit ganz oder teilweise ausschließende Gegenleistung beurteilt werden. Demzufolge erweist sich eine nach der Scheidung geleistete Zahlung aufgrund einer bereits vor der Eheschließung abgeschlossenen Güterrechtsvereinbarung als freigebige Zuwendung.

 

Normenkette

ErbStG § 7 Abs. 1 Nrn. 1, 5, Abs. 3, § 5 Abs. 2; BGB § 1378

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.09.2021; Aktenzeichen II R 40/19)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Schenkungsteuer.

Die Klägerin schloss mit ihrem späteren Ehemann, Herrn ….. (im Folgenden: EM), am … Mai 1998 einen notariellen Ehevertrag. In diesem Ehevertrag vereinbarten die Klägerin und EM den Güterstand der Gütertrennung. Ferner wurde vereinbart, dass die Klägerin im Falle der Scheidung einen indexierten Zahlungsanspruch hat. Dieser Zahlungsanspruch beträgt 2 Mio. DM, wenn die Ehe 15 volle Jahre bestanden hat. Bei einer Ehescheidung vor Ablauf von 15 Jahren seit Bestehen der Ehe, vermindert sich der Betrag von 2 Mio. DM um jeweils 1/15, d.h. 133.333 DM. Des Weiteren wurde der Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den notariellen Ehevertrag vom … Mai 1998 (UrKNr. …) verwiesen.

Am … 1998 heirateten die Klägerin und EM. Die Ehe wurde am … 2014 rechtskräftig geschieden. Am … 2014 wurde auf dem Konto der Klägerin ein Betrag i.H.v. … EUR gutgeschrieben, resultierend aus einer Überweisung des EM.

Mit am 11. Dezember 2014 beim beklagten Finanzamt (FA) eingegangenen Schreiben zeigte EM an, dass er an die Klägerin aufgrund der Regelung im Notarvertrag vom … Mai 1998 eine Zahlung i.H.v. …. EUR sowie weitere Zahlungen am 14. Mai 2010 i.H.v. … EUR sowie am 30. September 2010 i.H.v. … EUR geleistet habe.

In der am 29. Juli 2015 beim FA eingegangen Schenkungsteuererklärung erklärte die Klägerin die o.g. Geldzuwendungen und führte ergänzend hierzu u.a. aus, dass ihrer Ansicht nach die Regelung des § 5 Abs. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) eingreifen würde.

Mit Bescheid vom 14. September 2015 setzte das FA Schenkungsteuer gegen die Klägerin i.H.v. 408.680 EUR fest. Hierbei ging das FA von einem – der Höhe nach zwischen den Beteiligten unstreitigen – Wert des Erwerbs von … EUR sowie – ebenfalls der Höhe nach unstreitigen – Vorerwerben i.H.v. … EUR aus. Hiervon brachte das FA den Freibetrag nach § 16 ErbStG i.H.v. 20.000 EUR in Abzug. Auf den so ermittelten steuerpflichtigen Erwerb von … EUR wendete das FA den Steuersatz nach § 19 Abs. 1 ErbStG i.H.v. 30 % an und brachte von der rechnerisch ermittelten Schenkungsteuer i.H.v. … EUR den fiktiven Anrechnungsbetrag für die Vorerwerbe nach § 14 ErbStG i.H.v. … EUR in Abzug.

Den mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2015 eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2016 als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die am 21. November 2016 bei Gericht eingegangene Klage, zu deren Begründung die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vorträgt: Die vom EM an die Klägerin geleistete Ausgleichszahlung i.H.v. … EUR stelle keine freigebige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar. So sei weder der objektive noch der subjektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG im Streitfall erfüllt. Bei dem Ehevertrag vom … Mai 1998 habe es sich um ein Wagnisgeschäft gehandelt, da unklar gewesen sei, wer „Gewinner” oder „Verlierer” der Vereinbarung sein würde. Ein solches Wagnisgeschäft sei aber keine freigebige Zuwendung. Eine Einordnung der Ausgleichszahlung als freigebige Zuwendung laufe der Einheitlichkeit der Rech...

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