Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung der Protokollberichtigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Protokoll ist unrichtig, wenn sein Inhalt nicht dem entspricht, was tatsächlich in der mündlichen Verhandlung vorgegangen ist.

2. Eine Protokollberichtigung setzt lediglich voraus, dass der zuständige Vorsitzende und der Urkundsbeamte übereinstimmend eine dahin gehende Entscheidung treffen; steht die Unrichtigkeit der Niederschrift fest, ist zu berichtigen.

3. Eine Protokollberichtigung hat dagegen zu unterbleiben, wenn die Urkundspersonen nicht übereinstimmend eine Unrichtigkeit der Niederschrift feststellen, d. h. nur der zuständige Vorsitzende oder nur der Urkundsbeamte die Niederschrift für unrichtig halten.

4. Über die Protokollberichtigung entscheiden nach Anhörung nur die Personen, die das Protokoll unterschrieben haben; d. h. bei einer Sitzung des Senats der Vorsitzende und der hinzugezogene Urkundsbeamte.

5. Ein Beschluss mit einer ablehnenden Entscheidung über den Antrag ergeht stets nur durch den Vorsitzenden.

 

Normenkette

FGO § 94; ZPO § 164 Abs. 1, § 163 Abs. 1, § 160 Abs. 4

 

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Berichtigung des Protokolls vom 26. Mai 2020 wird abgelehnt.

 

Tatbestand

I.

Mit Urteil vom 26. Mai 2020 (Az. 12 K 3052/18) – aufgrund mündlicher Verhandlung – hat das Finanzgericht München (FG) der Klage der Kläger teilweise entsprochen, die Einkommensteuerfestsetzungen für 2010 herabgesetzt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Das Urteil und das Protokoll über die mündliche Verhandlung wurden den Klägern am 10. Juni 2020 zugestellt. Die Kläger haben gegen dieses Urteil die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesfinanzhof (BFH) erhoben (Az. des BFH: VIII B 67/20).

Mit Schriftsatz vom 13. November 2020 haben die Kläger eine Berichtigung des Protokolls beantragt. Zur Begründung lassen sie ausführen, dass der Kläger zu 2) mit Erstaunen in der mündlichen Verhandlung zur Kenntnis genommen habe, dass ein persönlichen in den Nachtbriefkasten des Gerichts eingeworfener Fristverlängerungsantrag nicht in der Akte befindlich sei. Er habe dabei explizit erklärt, dass er unter diesen Umständen einen Wiedereinsetzungsantrag stelle. Der Kläger zu 2) sei sich sicher, das Wort „Wiedereinsetzungsantrag” auch exakt so verwendet zu haben. Auf eine beiliegende Versicherung an Eides statt des Klägers zu 2) vom 5. November 2020 werde Bezug genommen.

Die Kläger beantragen, das Protokoll über die öffentliche Sitzung vom 26. Mai 2020 wie folgt zu berichtigen: „Der Kläger zu 2) stellte nach der Information des Vorsitzenden, dass das Gericht den zweiten Fristverlängerungsantrag zur Vorlage von Unterlagen nicht erhalten habe, Wiedereinsetzungsantrag. Hierüber wurde nicht entschieden.”

Das FG hat den Berichtigungsantrag und die Versicherung an Eides statt dem Beklagten (dem Finanzamt) zur Stellungnahme zugeleitet. Mit Schreiben vom 26. November 2020 und vom 27. November 2020 haben die beiden Finanzbeamtinnen, die das Finanzamt in der mündlichen Verhandlung am 26. Mai 2020 vertreten haben, zu dem Protokollberichtigungsantrag Stellung genommen. Beide Sitzungsvertreterinnen haben erklärt, dass eine Protokollberichtigung nicht veranlasst sei. Es sei ihnen nicht in Erinnerung, dass der Kläger zu 2) einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt habe. Im weiteren Verlauf der Verhandlung seien vom Kläger zu 2) auch keine Ausführungen erfolgt, die auf einen gestellten oder zu stellenden Wiedereinsetzungsantrag hingedeutet hätten.

Die protokollführende Urkundsbeamtin des FG hat in ihrer Stellungnahme vom 2. Dezember 2020 erklärt, dass sie sich nicht daran erinnern könne, ob der Kläger zu 2) in dem Termin einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der Kläger vom 13. November 2020, die Versicherung an Eides Statt des Klägers zu 2) vom 5. November 2020, die Stellungnahmen der beiden Finanzbeamtinnen vom 26. und 27. November 2020 und die Erklärung der Protokollführerin vom 2. Dezember 2020 (die jeweils dem Kläger bekanntgegebenen wurden) verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag auf Protokollberichtigung wird abgelehnt.

1. Die Berichtigung der Sitzungsniederschrift gemäß § 94 Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 164 Zivilprozessordnung (ZPO) erfolgt von Amts wegen oder auf Antrag. Jede – auch eine nicht entscheidungserhebliche – sachliche oder förmliche Unrichtigkeit des Protokolls kann jederzeit, auch noch nach Einlegung eines Rechtsmittels und sogar nach rechtskräftigem Verfahrensabschluss berichtigt werden. Unrichtig ist ein Protokoll, wenn sein Inhalt (§ 160 ZPO) nicht dem entspricht, was tatsächlich in der mündlichen Verhandlung vorgegangen ist (BAG-Beschluss vom 25. November 2008 3 AZB 64/08, NJW 2009, 1161, Rn. 11, juris). Eine Protokollberichtigung setzt lediglich voraus, dass der zuständige Vorsitzende und der Urkundsbeamte übereinstimmend eine dahin gehende Entscheidung treffen; steht die Unrichtigkeit der Niederschrift fest, ist zu berichtigen. Die Übereinstimmung braucht auch nicht darauf zu b...

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