Entscheidungsstichwort (Thema)

Dichtigkeitsprüfung nach § 61a Landeswassergesetz NRW

 

Leitsatz (redaktionell)

Aufwendungen für eine Dichtigkeitsprüfung der privaten Abwasserleitung nach § 61a Landeswassergesetz NRW sind als steuerermäßigende Handwerkerleistung i.S.v. § 35a EStG berücksichtigungsfähig.

 

Normenkette

EStG § 35a Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.11.2014; Aktenzeichen VI R 1/13)

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Dichtheitsprüfung der privaten Abwasserleitung als steuerermäßigende Handwerkerleistung nach § 35a EStG (Einkommensteuergesetz).

In der Einkommensteuererklärung 2010 beantragte der Kläger für eine Dichtheitsprüfung der Abwasserleitung seines privat genutzten Wohnhauses eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG. In der entsprechenden Rechnung sind Arbeitskosten von 357,36 EUR ausgewiesen.

In dem Einkommensteuerbescheid 2010 vom 08.05.2012 blieben die Aufwendungen unberücksichtigt. Die Einkommensteuer wurde auf 6.160 EUR festgesetzt.

Hiergegen sowie gegen die Berücksichtigung einer zumutbaren Eigenbelastung bei den Krankheitskosten richtete sich der fristgerecht eingelegte Einspruch. Hinsichtlich der zumutbaren Eigenbelastung wurde das Einspruchsverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) ruhen gelassen. Hinsichtlich der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG wies der Beklagte den Einspruch durch Teileinspruchsentscheidung (§ 367 Abs. 2a Satz 1 AO) zurück. Auf die Teileinspruchsentscheidung vom 14.06.2012 wird Bezug genommen.

Mit der vorliegenden Klage vom 11.07.2012 verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht im Wesentlichen geltend, bei der Dichtheitsprüfung handele es sich um eine Handwerkerleistung in Form einer Erhaltungsmaßnahme im Sinne des § 35a Abs. 3 EStG. Hierzu gehörten auch Kontrollmaßnahmen zur Erhaltung der Immobilie unabhängig davon, ob es sich um Arbeiten im oder am Haus handele. Nur durch eine entsprechende Prüfung der Abwasserrohre könne festgestellt werden, ob Schäden vorhanden seien, die zu einem Reparaturaufwand führten. Entgegen der Auffassung des Beklagten handele es sich nicht um Aufwendungen, bei denen eine Gutachtertätigkeit im Vordergrund stehe. Die Dichtheitsprüfung werde nicht von Gutachtern, also nicht von Ingenieuren bzw. Diplom-Ingenieuren mit Hochschul- oder Fachhochschulausbildung durchgeführt, sondern von Installateuren mittels einer Rohrkamera, die Bilder der Abwasserrohre erstelle und anhand dieser Bilder Schäden erkennen lasse. Es handele sich nicht um ein wissenschaftliches Gutachten, sondern um die Überprüfung der Rohrleitung zur Behebung und Beseitigung eventueller Schäden und Verhinderung weiterer Schäden. Im Übrigen gehöre zu Erhaltungsaufwendungen auch eine Untersuchung im Vorfeld einer evtl. Reparaturmaßnahme dahingehend, ob tatsächlich Reparaturaufwand bestehe. Dies gelte umso mehr, wenn es sich um Abwasserrohre handele, bei denen nicht durch bloße Inaugenscheinnahme beurteilt werden könne, ob Reparaturaufwand bestehe. Die Untersuchung sei zudem mit einer Reinigung (Spülung) einher gegangen, da die Messung sonst nicht möglich gewesen wäre.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 08.05.2012 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14.06.2012 abzuändern und die Einkommensteuer 2010 um 72 EUR herabzusetzen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte macht im Wesentlichen geltend, die Dichtheitsprüfung sei wie die vom TÜV oder anderen autorisierten Fachkräften durchzuführende Sicherheitsprüfung einer Heizungsanlage im Gegensatz zu einer Wartung der Heizungsanlage mit einer Gutachtertätigkeit vergleichbar. Nach Rz. 12 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 15.02.2010 (Bundessteuerblatt – BStBl – I 2010, 140) seien Aufwendungen, bei denen eine Gutachtertätigkeit im Vordergrund stehe, nicht nach § 35a EStG begünstigt. Eine Vergleichbarkeit mit der Wartung des Abwasserentsorgungssystems sei nicht gegeben. Sofern als Folge von Dichtheitsprüfungen Reparaturmaßnahmen anfielen, seien die entsprechenden Aufwendungen nach § 35a EStG begünstigt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG in der im Streitjahr 2010 geltenden Fassung ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, höchstens jedoch um 1.200 EUR. Nach § 35a Abs. 5 Satz 2 EStG gilt der Abzug von der tariflichen Einkommensteuer nur für Arbeitskosten.

§ 35a Abs. 3 Satz 1 EStG gilt nach seinem Wortlaut für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Ausweislich der Gesetzesbegründung (Bundestag-Drucksache16/643 Seite 10) soll die Vorschrift für alle handwerklichen Tätigkeiten gelten, unabhängig davon, ob es sich...

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