Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung der Altersentschädigung von Abgeordneten

 

Leitsatz (redaktionell)

1) § 22 Nr. 4 EStG geht als Sonderregelung der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 EStG vor.

2) Die Altersentschädigung von Abgeordneten nach § 38 Abs. 2 AbgG unterliegt in voller Höhe der Besteuerung. Dies gilt auch für den Teil der Altersversorgung, der auf den nach Diätengesetz 1968 geleisteten eigenen Beiträgen des Abgeordneten beruht, wenn der Abgeordnete eine einheitliche Altersentschädigung nach § 38 Abs. 2 AbgG erhält, weil er von den Optionsmöglichkeiten nach § 38 Abs. 3, 4 AbgG keinen Gebrauch gemacht hat.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 4; AbgG § 38 Abs. 2-4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.10.2003; Aktenzeichen IX R 17/01)

BFH (Urteil vom 14.10.2003; Aktenzeichen IX R 17/01)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Abgeordneten-Altersentschädigung des Klägers in den Streitjahren 1991 bis 1996 gemäß § 22 Nr. 4 EStG mit dem vollen Jahresbetrag oder aber teilweise, soweit sie auf eigenen Beitragsleistungen beruht, lediglich mit dem Ertragsanteil der Einkommensteuer zu unterwerfen ist.

Der Kläger, geboren 1922, war von 1965 bis 1980 Mitglied des Deutschen Bundestages. Seit dem …..1983 erhält er eine Abgeordneten-Altersentschädigung nach § 38 Abs. 2 des Abgeordnetengesetzes 1977 (AbgG).

Bis zum Inkrafttreten des AbgG am 01.04.1977 zahlte der Kläger aufgrund von § 4 des Diätengesetzes 1968 Beiträge zum Gruppenversicherungsvertrag betr. die Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Mitglieder des Deutschen Bundestages in Höhe von insgesamt 88.260 DM. Seitdem stand ihm – wie allen Abgeordneten – eine Altersversorgung ohne eigene Beitragsleistung zu.

Da der Kläger von den Optionsmöglichkeiten des § 38 Abs. 3 bis 5 AbgG keinen Gebrauch gemacht hat, erhält er nach § 38 Abs. 2 AbgG die volle, nach §§ 19 und 20 AbgG unter Berücksichtigung seiner gesamten Mitgliedschaftsdauer berechnete Altersentschädigung. Hierdurch gelten alle Ansprüche aus dem bis zum 31.03.1977 bestehenden Gruppenversicherungsvertrag für die Bundestagsabgeordneten als abgegolten. Die sich hiernach ergebenden Beträge, die in den Streitjahren zwischen 81.168 DM (1991) und 91.179 DM (1996) betrugen, unterwarf der Beklagte in voller Höhe der Besteuerung nach § 22 Nr. 4 EStG.

Hiergegen richtet sich die vorliegende, nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Kläger geltend machen, dass die Altersentschädigung des Klägers zum Teil auf eigenen Beitragsleistungen beruhe und daher insoweit gemäß § 22 Nr. 1 EStG nur mit dem Ertragsanteil besteuert werden dürfe, da es ansonsten zu einer Ungleichbehandlung gegenüber anderen auf Grund eigener Beitragsleistungen erzielten Einkünften komme. Denn durch die Beitragszahlungen habe der Kläger einen durch Art. 14 GG geschützten Anspruch erworben, der ihm durch das neu geschaffene AbgG nicht habe entzogen werden dürfen. Dies folge aus den im BFH-Urteil vom 21.10.1996 (BStBl II 1997, 127) ausgesprochenen Grundsätzen. § 38 AbgG bzw. § 22 EStG seien daher verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass der Teil der Altersentschädigung, der dem Ruhegeldanspruch nach dem Diätengesetz 1968 entspreche, nach § 22 Nr. 1 EStG nur der Besteuerung mit dem Ertragsanteil unterliegen dürfe und lediglich die restlichen Beträge der vollen Besteuerung nach § 22 Nr. 4 EStG unterworfen werden dürften.

Dem stehe nicht entgegen, dass der Kläger die Möglichkeit gehabt habe, eine Besteuerung nach der Regelung in § 38 Abs. 3 oder 4 AbgG zu wählen. Denn die Besteuerung nach diesen Möglichkeiten führe für den Kläger in allen Streitjahren zu einem wesentlich ungünstigeren Ergebnis als es sich nach dem Klageantrag ergebe. Die Festsetzung der höheren Einkommensteuer sei deshalb aus Verfassungsgründen unzulässig.

Der Beklagte hat nach Klageerhebung am 16. bzw. 23.09.1998 Änderungsbescheide für alle Streitjahre erlassen, durch die der bis dahin geltende Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben worden ist. Die Kläger haben diese Bescheide fristgerecht gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens erklärt.

Die Kläger beantragen,

  • von den Versorgungsbezügen des Klägers als ehemaliger Abgeordneter des Deutschen Bundestages Teilbeträge in Höhe von 40.259,88 DM in 1991, 42.427,44 DM in 1992, 43.696,68 DM in 1993, 43.696,68 DM in 1994, 45.586,48 DM in 1995 und 45.990,60 DM in 1996 nach § 22 Nr. 1 EStG zu besteuern und die Einkommensteuer 1991 bis 1996 entsprechend herabzusetzen
  • und im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich zur Begründung auf das zur selben Streitfrage für das Jahr 1990 zwischen den Beteiligten ergangene Urteil des FG Köln vom 04.09.1997 (Az. 4 K 931/93) und den dazu gehörenden Beschluss des BFH vom 16.04.1998 (Az. X B 186/97).

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht die Altersentschädigung des Klägers aus seiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter in vollem Umfang nach § 22 Nr. 4 EStG besteuert.

Nach § 22 Nr. 4 EStG sind sonstige Einkünfte (unter ande...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge