Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anrechung niederländischer Zusatzleistungen nach dem TOG 2000 für behinderte Kinder beim Kindergeld

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine Anrechnung von Leistungen des niederländischen TOG 2000 für behinderte Kinder, die im Elternhaus leben, auf das deutsche Teilkindergeld kommt weder nach den Bestimmungen der EG-VO 1408/71 noch nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Betracht.

2) Das niederländische TOG 2000 gewährt Leistungen, die nicht das Kinderexistenzminimum, sondern einen speziellen Sonderbedarf abdecken sollen.

 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 3; DVO Nr. 574/72 Art. 10 Abs. 1; EG-VO 1408/71 Art. 76 Abs. 1; EStG §65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.04.2008; Aktenzeichen III R 36/05)

 

Tatbestand

Der Kläger ist niederländischer Staatsbürger. Er hat gemeinsam mit seiner Ehefrau, den Kindern L (geb. 24.10.1997), K (geb. 19.02.2001) und B (geb. 13.01.2004) seinen Wohnsitz in den Niederlanden.

Der Kläger ist seit 1996 als Arbeitnehmer in Deutschland tätig. Ein Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesanstalt für Arbeit besteht. Er wird als unbeschränkt Steuerpflichtiger nach § 1 Abs. 3 EStG i. V. m. § 39 c EStG behandelt.

Die Ehefrau des Klägers war in den Niederlanden im Rahmen eines Vollzeit-Arbeitsverhältnisses als Arbeitnehmerin tätig. Sie bezog in den Niederlanden für die Kinder niederländisches Kindergeld (im folgenden: AKW). Im Kalenderjahr 2004 erhielt sie ab Januar 2004 für das Kind L 73,00 EUR monatlich und für das Kind K niederländisches AKW in Höhe von 58,87 EUR monatlich sowie seit April 2004 für das Kind B 58,87 EUR monatlich. Zusätzlich bezog die Ehefrau des Klägers seit April 2004 für das Kind K eine spezielle Zusatzleistung für im Haushalt der Eltern lebende behinderte Kinder, das sog. TOG 2000, in Höhe von 199,28 EUR im Quartal (66,43 EUR monatlich).

Der Kläger bezog für seine Kinder in Deutschland sog. Teil-Kindergeld in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem höheren deutschen Kindergeldanspruch und dem niedrigeren niederländischen Kindergeld. Für das Kind K erhielt er Kindergeld in Höhe von EUR 154,00.

Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 26.05.2004 deutsches Kindergeld ab Januar 2004 vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 AO fest, wobei er als anrechenbare niederländische Kindergeldleistung für das Kind K sowohl die Leistungen des TOG 2000 und des regulären niederländischen AKW in Höhe von 126,00 EUR ansetzte (58,87 EUR niederländisches Kindergeld + 66,43 EUR TOG = 125,30 EUR; aufgerundet 126,00 EUR).

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren änderte der Beklagte mit Bescheid vom 24.06.2004 die Kindergeldfestsetzung vom 26.05.2004. Er rechnete nunmehr für das Kind K im Zeitraum Januar bis März 2004 lediglich das gezahlte niederländische AKW auf den deutschen Kindergeldanspruch an, da das TOG 2000 erst ab April 2004 gewährt worden sei. Für den Zeitraum ab April 2004 rechnete er für das Kind K auf den deutschen Kindergeldanspruch in Höhe von EUR 154,00 sowohl das niederländische AKW als auch die Leistungen nach dem TOG 2000 in Höhe von insgesamt 126,00 EUR monatlich an. Die Festsetzung erfolgte weiterhin vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 AO. Den bis zum Zeitpunkt des Änderungsbescheids zuviel gewährten Betrag an deutschem Kindergeld in Höhe von 65,00 EUR verrechnete der Beklagte nach § 75 Abs. 1 EStG zu 50 v. H. mit den laufenden Kindergeldzahlungen. Der weitergehende Einspruch des Klägers wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Der Kläger trägt vor, bei den Leistungen des niederländischen TOG 2000 für die Tochter K handele es sich um staatliche niederländische Beihilfen, die Eltern mit pflege- und betreuungsbedürftigen Kindern bei Unterbringung und Pflege zu Hause entlasten sollten. Die monatlichen Leistungen des TOG 2000 seien nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht auf das in Deutschland zu zahlende Kindergeld anzurechnen, da die Leistungen zur Entlastung der Eltern von Aufwendungen für häusliche Pflege und Betreuung des behinderten Kindes gewährt würden.

Es sei nicht erkennbar, auf welcher Rechtsgrundlage die Leistungen nach dem TOG 2000 als „Familienleistung” nach der EG-VO 1408/71 anzusehen sei, da das TOG 2000 von den Niederlanden nicht nach Art. 5 der EG-VO 1408/71 notifiziert worden sei. Auch sei nicht erkennbar, dass das TOG 2000 eine Leistung sei, die auf dem allgemeinen und notifizierten niederländischen Kindergeldgesetz vom 26.4.1962 (AKW) beruhe.

In der Auflistung des dem deutschen Kindergeldrecht vergleichbaren ausländischen Kindergeldes des Bundesamts für Finanzen vom 14.02.2002 (BStBl 2002 I S. 241 ff.) sei das TOG 2000 nicht aufgeführt, weshalb es nicht als eine auf das deutsche Kindergeld anzurechnende vergleichbare ausländische Leistung angesehen werden könne. Denn die vom Bundesamt für Finanzen veröffentlichte Zusammenstellung der im Ausland gezahlten und dem deutschen Kindergeld vergleichbaren Leistungen sei abschließend und für den Beklagten verbindlich. Auch die Zweckbestimmung der TOG-Le...

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