rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der unternehmerischen Tätigkeit gem. § 2 Abs. 1 UStG als Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das hier streitige Merkmal der gewerblichen oder beruflichen nachhaltigen Tätigkeit ist nach der BFH-Rechtsprechung aufgrund des Gesamtbildes der Verhältnisse anhand verschiedener Kriterien zu beurteilen, die im Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung heranzuziehen sind. Es sind u.a. zu würdigen: die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens, die Beteiligung am Markt, die Zahl der ausgeführten Umsätze und das planmäßige Tätigwerden.

2. Der Senat möchte dem Stpfl. weder eine private Motivation aus der Verbundenheit zu seinem Vater bzw. als Mitglied der Erbengemeinschaft noch das Bestreben zur Umsetzung des letzten Willens seiner Eltern absprechen. Dies alles ist jedoch umsatzsteuerlich ebenso unbeachtlich wie die Frage, ob der Stpfl. eine umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit aufnehmen wollte oder ob seine Eltern bei Aufstellung des Testaments eine umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit mit der Testamentsvollstreckung gewollt haben. Ist die übernommene Tätigkeit nach ihren objektiven Merkmalen als eine unternehmerische Tätigkeit zu beurteilen, kommt es auf die Motive, die zu ihrer Übernahme geführt haben, nicht an.

3. Die Tätigkeit war aber auch bereits deshalb beruflich und nachhaltig, weil der Stpfl. das testamentarisch auf eine Dauerverwaltung für den Zeitraum von zehn Jahren angelegte Amt des Testamentsvollstreckers angenommen hat.

 

Normenkette

UStG § 10 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1; MwStSystRL Art. 9; UStG § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen nur noch über die Umsatzversteuerung des Entgelts, das der Kläger im Jahr 2018 für eine Testamentsvollstreckung über den Nachlass nach seinem verstorbenen Vater erhalten hat.

Der Kläger ist als Rechtsanwalt zugelassen. Im Streitjahr erbrachte er hier nicht streitige, teilweise umsatzsteuerpflichtige, teilweise umsatzsteuerfreie sonstige Leistungen.

Der Vater des Klägers, A, verstarb am ….2018. In ihrem gemeinschaftlichen Testament vom …. hatten sich die Eltern des Klägers gegenseitig zu Erben eingesetzt. Erben nach dem Längstlebenden sollten der Kläger (zu 1/3) und dessen am …. bzw. …. geborene A1 und A2 (zu jeweils 1/12) sowie A3 (zu 1/3) und dessen am …. geborene A4 (zu 1/6) sein. Neben diversen Vermächtnissen enthielt das Testament zudem folgende Passage:

„Nach dem Tode des Längstlebenden bleibt das Hausgrundstück B-Straße … in C für zehn Jahre ungeteilt im Besitz der Erbengemeinschaft. Bis dahin haben die Erben entsprechend ihrer Quoten Anspruch auf den jährlichen Reingewinn, der in monatlichen Raten an die Erben auszuzahlen ist. Die Abrechnung erfolgt jeweils nach Ablauf des Kalenderjahres. […] Zum Testamentsvollstrecker, Verwalter des Nachlasses und Vormund für unmündige Erben bestimmen wir unseren Sohn A5. Falls dieser wegfallen sollte, soll unser Sohn A3 diese Ämter übernehmen. Der Testamentsvollstrecker, Verwalter und Vormund ist, soweit dies gesetzlich zulässig ist, von allen Beschränkungen des Gesetzes befreit. Neben Ersatz der Kosten, der baren Auslagen und sonstigen Aufwendungen soll eine Vergütung in Höhe von jeweils drei Prozent für die Ausübung der Ämter berechnet werden.”

Mit Schreiben vom ….2018 (Bl. 113 der eAkte) erklärte der Kläger gegenüber dem Amtsgericht C (Nachlassgericht) unter Bezugnahme auf seine Benennung in dem Testament die Annahme des Amtes als Testamentsvollstrecker.

Der Bruder des Klägers schlug sein Erbe aus und machte seinen Pflichtteil geltend.

Das Nachlassgericht erteilte mit Datum vom ….2018 einen gemeinschaftlichen Erbschein, in dem es auf die angeordnete Testamentsvollstreckung hinwies (Bl. 114 der eAkte). Mit Datum vom ….2018 erteilte das Nachlassgericht dem Kläger zudem ein Testamentsvollstreckerzeugnis (Az. …/18), in dem auch ein Hinweis darauf enthalten ist, dass der Erblasser für die Dauer von zehn Jahren die Auseinandersetzung betreffend den Grundbesitz B-Straße … in C ausgeschlossen hat.

Die Erbengemeinschaft verkaufte das Grundstück B-Straße … mit notariellem Kaufvertrag vom ….2018 für €. Am 23.08.2018 erhielt der Kläger € für seine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker von der Erbengemeinschaft ausgezahlt.

Der Kläger reichte mit Anschreiben vom 23.09.2018 (Bl. 117-119 der eAkte) unter Hinweis auf sein Amt als Testamentsvollstrecker die Erbschaftsteuererklärung für die Erbengemeinschaft beim für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt C ein, die der Kläger auszugsweise vorgelegt hat (Bl. 128-145 der eAkte). Erbschaftsteuer fiel keine an.

In seiner am 07.04.2019 an den Beklagten übermittelten Einkommensteuererklärung 2018 für sich und seine Ehefrau erklärte der Kläger u.a. Einnahmen im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit laut Einnahmeüberschussrechnung i.H.v. (umsatzsteuerpflichtig € + umsatzsteuerfrei € =) € sowie darüber hinaus sonstige Einkünfte aus der Testamentsvollstreckung. Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer stellten die B...

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