Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bei angestelltem Anwalt als Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Gesellschafter einer aus Rechtsanwälten bestehenden Personengesellschaft, die im Bereich der Insolvenzverwaltung tätig ist, erzielen bei Einsatz fachlich qualifizierter Arbeitskräfte Einkünfte aus selbständiger Arbeit, wenn ihre Berufsträger auch insoweit leitend und eigenverantwortlich tätig sind.

2. Wird ein angestellter Anwalt selbst zum Insolvenzverwalter bestellt, wird der Gesellschafter/Berufsträger nur dann leitend und eigenverantwortlich tätig, wenn seine Berufsausübung über die Festlegung der Grundzüge der Organisation und der dienstlichen Aufsicht hinaus durch Planung, Überwachung und Kompetenz zur Entscheidung in Zweifelsfällen gekennzeichnet und seine Teilnahme an den praktischen Arbeiten des angestellten Anwalts in ausreichendem Maße gewährleistet ist, sodass die Arbeitsleistung des angestellten Anwalts den Stempel der Persönlichkeit des Gesellschafters/Berufsträgers trägt; dem steht nicht entgegen, dass gemäß § 56 InsO bzw. § 313 InsO a.F. der Insolvenzverwalter/Treuhänder eine unabhängige und neutrale Person sein muss, die bei der rechtlichen Ausübung des Amtes frei von Weisungen Dritter ist.

3. Eine eigenverantwortliche Tätigkeit des Gesellschafters/Berufsträgers erfordert, dass dieser auch bei den durch den angestellten Anwalt als Insolvenzverwalter betreuten Verfahren das "Ob" bestimmter Einzelakte und zentrale Aufgaben persönlich trifft bzw. selbst vornimmt, wobei die nachgeordnete kaufmännisch- technische Umsetzung auch Mitarbeiter übernehmen können.

4. Betreut der angestellte Anwalt als Verwalter oder Treuhänder im Wesentlichen einfach gelagerte Regel- oder Verbraucherinsolvenzen, so muss der Gesellschafter/Berufsträger die wesentlichen Verfahrensabschnitte (Durchführung eines Eröffnungsgespräches, Erstellung des Gläubigerverzeichnisses, Prüfung und Feststellung der Forderungen zur Tabelle, Erstellung eines Schuldnerverzeichnisses/Verteilungsverzeichnisses, Rechnungslegung mittels Schlussbericht, Zwischen- bzw. Schlussberichte nebst Ausschüttungsverzeichnis im Verfahren zur Erlangung der Restschuldbefreiung) entscheidend persönlich prägen.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 3-4, Nr. 3; InsO § 56; InsO a.F. § 313

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Qualifizierung ihrer Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb.

Die Klägerin ist eine im Jahr 2001 gegründete Partnerschaftsgesellschaft, bestehend aus Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern. Einige Partner sind teilweise auch als Insolvenzverwalter tätig.

Die Klägerin bestand im Streitjahr 2004 aus elf aktiven Partnern. Von den Partnern der Klägerin waren drei im Streitjahr auch als Insolvenzverwalter tätig. Im Rahmen von Angestelltenverhältnissen beschäftigte sie weitere 16 Rechtsanwälte. Für den Empfang sowie die Buchhaltung waren jeweils zwei weitere Personen angestellt. Neben einer Bürovorsteherin, einem Boten sowie 14 Anwaltsgehilfinnen waren in der Insolvenzabteilung der Klägerin elf Mitarbeiter beschäftigt. Darunter befand sich eine Teilzeitkraft. Eine Buchhaltungsangestellte war ausschließlich für den Insolvenzbereich tätig.

Für die Klägerin war im Streitjahr auch Dr. A aufgrund eines Arbeitsvertrages aus dem Jahr 1999 tätig, welchen die Klägerin übernommen hat. Bis zum Eintritt in die Partnerschaft zum Jahresbeginn 2005 unterlag er den Weisungen von Dr. B und C. Im Frühjahr 2003 bestellte das Amtsgericht Hamburg Dr. A erstmals zum Insolvenzverwalter. Dabei setzte es Dr. A zunächst bis zum Jahr 2006 fast ausschließlich als Treuhänder in Verbraucherinsolvenzverfahren und in einer geringeren Zahl von Fällen als Insolvenzverwalter in kleinen Regelinsolvenzverfahren ein. 2003 und im Streitjahr wurde er in 144 bzw. 193 Verfahren zum Treuhänder sowie in 32 bzw. 71 Verfahren als Insolvenzverwalter bestellt. Weitere angestellte Anwälte der Klägerin waren im Streitjahr nicht als Insolvenzverwalter oder Treuhänder tätig.

Dr. B und C wurden im Jahr 2003 und im Streitjahr in 33 bzw. 15 Fällen (Dr. B) sowie in 32 bzw. 21 Fällen (C) zum Insolvenzverwalter bestellt. Beide Partner erzielten zudem Einkünfte aus ihrer Rechtsanwaltstätigkeit für die Klägerin. C war neben seiner Tätigkeit für die Klägerin auch noch für die Steuerberatungsgesellschaft D tätig. Dr. B ist Mitglied einiger Aufsichtsräte und Beiräte und ferner für weitere Gesellschaften, z. B. auch die D, tätig.

Die Erlöse der Insolvenzabteilung der Klägerin stellen sich im Streitjahr wie folgt dar:

Anwaltshonorare

Insolvenzhonorare

C

... €

... €

Dr. B

... €

... €

Dr. E

... €

... €

Dr. A

... €

... €

... €

... €

Die Klägerin gab unter anderem für das Streitjahr Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ab, in welchen sie Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärte. Gewerbesteuererklärungen gab sie nicht ab. Der Beklagte veranlagte das Streitjahr zunächst erklärungsgemäß.

Der B...

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