Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des Jahreswertes für einen Nießbrauch an GmbH-Anteilen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Ermittlung des Jahreswertes für einen Nießbrauch an GmbH-Anteilen nach § 15 Abs. 3 BewG verbietet sich ein schematisches Abstellen auf die in den letzten drei Vorjahren vorgenommenen Ausschüttungen.
  2. Wesentlicher ist, ob für die Zukunft mit Betriebsergebnissen zu rechnen ist, die es der Gesellschaft ermöglichen, Ausschüttungen vorzunehmen, und den Nießbraucher in den Stand versetzen, eine Teilhabe daran geltend zu machen und zu beanspruchen.
  3. Für die Wertberechnung der Nießbrauchsrechte ist der Wert derjenigen Nutzungen anzusetzen, die angesichts der wirtschaftlichen und rechtlichen Situation der Gesellschaft bei einer ordnungsmäßigen Verwaltung der Geschäftsanteile hätten gezogen werden können.
  4. Der Nießbraucher an einem Geschäftsanteil hat nur einen Anspruch auf die nach dem Gewinnverwendungsbeschluss ausschüttungsfähige Quote, die regelmäßig unterhalb einer vollständigen Ausschüttung liegt. Auf den Bewertungsstichtag ist daher eine das bisherige Ausschüttungsverhalten berücksichtigende Prognose der zukünftigen Ausschüttungen aufzustellen.
 

Normenkette

ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 1, § 20 Abs. 1 S. 1; BewG § 15 Abs. 3; BGB §§ 1068, 1030 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1991, 1992, 1993

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Wert des von der Klägerin ihrer Tochter eingeräumten Nießbrauchs an Gesellschaftsanteilen der A GmbH, der B GmbH und der C GmbH.

Dem Streitfall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin war an dem Stammkapital der A GmbH von 24 Mio. DM mit 6 Mio. DM (=25 %) und am Stammkapital der C GmbH von 2,5 Mio. DM mit 625.000 DM (= 25 %) beteiligt. Die übrigen Anteile an diesen Gesellschaften hielten ihr Bruder, der Zeuge X, (25 %) und Y (50 %).

Weiter war die Klägerin ebenfalls mit je 25 % an weiteren Unternehmen der gleichen Branche beteiligt.

In den Jahren 1991 bis 1993 hatten A und C nach Darstellung der Klägerseite folgende Betriebsergebnisse erzielt:

A 1991/92 1992/93 1993/94

-1.769.000 DM - 691.000 DM 1.878.000 DM

C 1991/92 1992/93 1993/94

613.000 DM 257.000 DM 352.000 DM

Ausschüttungen an die Gesellschafter waren in diesen Jahren nicht vorgenommen worden.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 3. März 1994 schenkte die Klägerin ihrer Tochter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von ihren Anteilen an der A GmbH 4,8 Mio. DM (= 20 % des Stammkapitals) und von den Anteilen an der C GmbH 500.000 DM (= 20 % des Stammkapitals) sowie von ihren Anteilen an den weiteren Gesellschaften auch jeweils 20 % des Stammkapitals/der Einlage (§ 2 des Vertrages).

Die Tochter bot der Klägerin an, ihr an den ihr übertragenen Anteilen ein Nießbrauchsrecht zu bestellen (§ 3 des Vertrages). Dieses Angebot hat die Klägerin nach Angaben der Klägerseite im Rahmen der mündlichen Verhandlung in der Folgezeit nicht angenommen.

An den nicht übertragenen Anteilen räumte die Klägerin ihrer Tochter einen lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch ein (§ 4 des Vertrages). Im Falle der Auflösung der Gesellschaften oder des Ausscheidens der Schenkerin soll sich der Nießbrauch auf das Auseinandersetzungsguthaben der Schenkerin erstrecken. Im Falle der Umwandlung der Gesellschaften soll der Nießbrauch an der Beteiligung der Schenkerin an der neuen Gesellschaft fortbestehen. Der Wert dieses Nießbrauchsrechts ist bezüglich der Anteile an der A GmbH und der C GmbH zwischen den Beteiligten streitig.

Nach § 6 des Vertrages stehen das Stimmrecht und die sonstigen Verwaltungsrechte aus den geschenkten Anteilen der Beschenkten als Gesellschafterin zu. Die Beschenkte bevollmächtigte die Schenkerin aber unwiderruflich, die Stimm- und Mitverwaltungsrechte in den Gesellschaften auszuüben. Wenn und soweit die Beschenkte das Stimmrecht selbst ausübt, ist sie an die Weisungen der Schenkerin gebunden. ...

Das Stimmrecht und die sonstigen Verwaltungsrechte aus den der Schenkerin verbliebenen Gesellschaftsanteilen steht der Schenkerin als Gesellschafterin zu. Die Schenkerin ist in der Ausübung ihrer Stimm- und Mitverwaltungsrechte frei und an Weisungen der Beschenkten insoweit nicht gebunden.

Die Klägerin übernahm die Schenkungsteuer (§ 9 des Vertrages).

Am 7. November 1994 fanden für das Wirtschaftsjahr 1994/95 Gesellschafterversammlungen der A GmbH und der C GmbH statt, die u. a. zu folgenden protokollierten Beschlüssen führten:

A „... Die Bilanz zum 31.03.1994 weist übereinstimmend mit der Gewinn- und Verlustrechnung für das Wirtschaftsjahr 1993/1994 einen Jahresüberschuss von 3.669.946,07 DM aus. Zusammen mit dem Verlustvortrag von 719.752,94 DM ergibt sich ein Bilanzgewinn von 2.950.193,13 DM. Es wurde einstimmig beschlossen, den Bilanzgewinn auf neue Rechnung vorzutragen.…„

C „... Die Bilanz zum 31.03.1994 weist übereinstimmend mit der Gewinn- und Verlustrechnung für das Wirtschaftsjahr 1993/1994 einen Jahresüberschuss von 688.393,67 DM aus. Zusammen mit dem Gewinnvortrag von 4.041.694,45 DM ergibt...

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