rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ist ein Schuldenbereinigungsplan festgestellt, besteht eine Aufrechnungsmöglichkeit nur, wenn sie ausdrücklich in dem Plan vereinbart worden ist

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Nach gerichtlicher Ersetzung der Zustimmung des Finanzamts zu dem Schuldenbereinigungsplan des Abgabenschuldners im Verbraucherinsolvenzverfahren können die hiervon betroffenen Abgabenansprüche nur in der Art und Weise, in der Höhe und zu dem Zeitpunkt geltend gemacht werden, die von dem festgestellten Schuldenbereinigungsplan gedeckt ist.
  2. In diesem Fall kann die Finanzbehörde nicht wirksam mit einem Steuererstattungsanspruch gegen eine nach dem Schuldenbereinigungsplan noch nicht fällige Leistungsverpflichtung des Abgabenschuldners aufrechnen.
  3. Die Einwendungen der unzutreffenden Berücksichtigung von Abgabenforderungen, der wirtschaftlichen Schlechterstellung des Finanzamts durch Ausschluss der Aufrechnung oder der Erforderlichkeit einer Wiederauflebensklausel können allein im insolvenzgerichtlichen Beschlussverfahren geltend gemacht werden.
 

Normenkette

AO §§ 226, 240 Abs. 1 Satz 2; BGB § 387; ZPO § 794 Abs. 1 Nr.1; InsO §§ 255, 308 Abs. 1, 3 Satz 1, § 309 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2002

 

Tatbestand

Im Dezember 2001 beantragte der Kläger die Eröffnung eines (Verbraucher-) Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Er wies nach, dass der außergerichtliche Einigungsversuch mit den Gläubigern über seinen Schuldenbereinigungsplan gescheitert sei; der Schuldenbereinigungsplan sah eine Rückzahlungsquote von insgesamt 26 % vor, zahlbar in 2 Raten, die sofort und im Jahr 2009 entrichtet werden sollten. Drei Gläubiger, die Sparkasse sowie 2 Verwandte bzw. Bekannte des Klägers hatten dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt; der vierte Gläubiger, das Finanzamt „A”, widersetzte sich der angebotenen außergerichtlichen Schuldenbereinigung. Es hatte den Kläger als ehemaligen Geschäftsführer für Steuerschulden (insbes. Umsatzsteuer und Lohnsteuer) der „B” GmbH i. K. in Haftung genommen und versagte seine Zustimmung zum Schuldenbereinigungsplan, die einem Verzicht auf Abgabenforderungen gleichkomme, für den die gesetzlichen Voraussetzungen fehlten, weil der Kläger nach Ansicht des Finanzamtes wegen steuerlicher Pflichtverletzungen in der Vergangenheit nicht erlasswürdig sei. Der Kläger beantragte deshalb die Ersetzung der Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan durch eine gerichtliche Zustimmung i. S. d. § 309 InsO.

Das Finanzamt „A” widersprach weiterhin der vorgeschlagenen Schuldenbereinigung; es bemängelte, es werde im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern benachteiligt, außerdem machte es geltend, dass sich die Forderung gegenüber dem Kläger durch aufgelaufene Säumniszuschläge erhöht habe. Das Insolvenzgericht ersetzte die Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan durch seine Zustimmung; es führte aus, das Finanzamt habe nicht glaubhaft gemacht, dass es im Verhältnis zu den anderen Gläubigern nicht angemessen beteiligt werde. Die neuerlichen Berechnungen des Finanzamts über die Haftungsschulden seien nicht nachvollziehbar; selbst in Anbetracht des öffentlich-rechtlichen Status der Einwendungsgläubigerin sei auf eine (für das Insolvenzgericht) „nachvollziehbare Glaubhaftmachung ihrer Forderung” nicht zu verzichten. Insofern legte das Amtgericht die vom Kläger angegebene Haftungsschuld von 78.022,76 EUR (entsprechend 39,45 % der Gesamtforderungen) zugrunde (Amtsgericht …Beschluss vom 12.06.2002…63 IK 114/01). Das Finanzamt „A” erhob hiergegen keine sofortige Beschwerde. Das Insolvenzgericht stellte daraufhin fest, dass der Schuldenbereinigungsplan des Klägers als angenommen gelte, weil die Gläubiger mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt haben und das Gericht durch rechtskräftigen Beschluss vom 12.06.2002 die Einwendungen ablehnender Gläubiger durch eine Zustimmung ersetzt habe (§ 308 Abs. 1 Satz 1, § 309 InsO). Es wies darauf hin, dass der Schuldenbereinigungsplan die Wirkung eines Vergleichs im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO habe (§ 308 Abs. 1 Satz 2 InsO) und dass die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers und auf Erteilung der Restschuldbefreiung als zurückgenommen gelten (§ 308 Abs. 2 InsO). Der Schuldenbereinigungsplan beinhaltet zur Abgeltung der bestehenden Haftungsschulden eine Einmalzahlung an das Finanzamt „A” von 10.200 EUR sowie eine weitere Zahlung im Jahr 2009 von 10.225,84 EUR.

Die vorgesehene Einmalzahlung hat der Kläger in der Folgezeit geleistet.

Im Juli 2004 führte das beklagte Finanzamt die Einkommensteuerveranlagung für 2002 gegenüber dem Kläger und der mit ihm zusammen veranlagten Ehefrau durch, die insgesamt zu einer Erstattung in Höhe von 57,75 EUR führte. Den auf die Ehefrau entfallenden Betrag von 26,54 EUR erstattete das Finanzamt an diese, den auf den Kläger entfallenden Betrag von 31,21 EUR verrechnete das Finanzamt mit Haftungsforderungen des Finanzamts „A”. Auf die Einwendungen des Klägers hin erließ das Finanzamt einen Abrechnungsbescheid...

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