Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuererlass bei sachlicher Unbilligkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die materielle Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids ist für eine Billigkeitsentscheidung aus sachlichen Gründen regelmäßig unerheblich.
  2. Eine Rechnungsberichtigung nach § 14 Abs. 2 UStG kommt bei fehlender Unternehmereigenschaft nicht in Betracht.
  3. Zum Erlass der nach § 14 Abs. 3 UStG geschuldeten Steuer bei Beseitigung der Gefährdungslage.
 

Normenkette

AO § 227 Abs. 3; UStG § 14 Abs. 2-3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.05.2001; Aktenzeichen V R 77/99)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Landwirt und stellte im Jahr 1991 dem Erwerber eines von ihm vermittelten fremden Grundstücks eine Provision für die Vermittlung in Höhe von 400.000 DM mit gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer in Höhe von 56.000 DM in Rechnung. Die Umsatzsteuer führte er aufgrund der fristgerecht am 9.10.1991 abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung III/1991 an den Beklagten (Finanzamt -FA-) ab; in Zeile 22 der Voranmeldung ist handschriftlich vermerkt: "§ 14 Abs. 3 Privatperson". Die entsprechende Umsatzsteuerjahresveranlagung 1991 ist bestandskräftig.

Mit Bericht vom 30.10.1992 über die Umsatzsteuersonderprüfung bei dem Kläger für die Voranmeldungszeiträume I/1991 bis III/1992 stellte der Beklagte fest, die Erfassung der Umsatzsteuer gemäß § 14 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz -UStG- sei zutreffend. Der Bericht wurde dem Kläger mit Schreiben vom 9.11.1992 übersandt. Nach dem Schreiben. des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 12.1.1995 enthält der Bericht die Feststellungen, die der Prüfer mit dem Kläger und dem Kollegen (des Prozeßbevollmächtigten) besprochen und abgestimmt hat.

Das im Rahmen einer Außenprüfung des Finanzamtes für Betriebsprüfung der Land- und Forstwirtschaft für die Jahre 1989 bis 1993 geltend gemachte Begehren des Klägers, die Umsatzsteuer hinsichtlich der Provision wegen fehlender Unternehmereigenschaft nicht zu erheben, lehnte der Prüfer in seinem Bericht vom 27.3.1996 unter Hinweis auf § 14 Abs. 3 UStG und die dazu ergangene Rechtsprechung sowie unter Hinweis auf Abschnitt 190 der Umsatzsteuerrichtlinien -UStR- ab.

Der Rechnungs- und Leistungsempfänger führte aufgrund des Steuerbescheids vom 18.7.1994 die zunächst unter Abzug der Vorsteuer ermittelte Umsatzsteuer im nachhinein in der gesetzlich geschuldeten Höhe, d.h. unter Einschluß des vorher abgezogenen Vorsteuerbetrages ab.

Der Kläger hat die von ihm ausgestellte Originalrechnung vom 28.6.1991 durch Abrechnungspapier vom 21.10.1996 berichtigt und dem Leistungsempfänger den zu Unrecht einbehaltenen Umsatzsteueranteil zuzüglich Zinsen erstattet.

Am 3.6.1996 beantragte der Kläger den Erlaß der Umsatzsteuerforderung mit der Begründung, es sei mit dem Gesetzeszweck unvereinbar, § 14 Abs. 3 UStG undifferenziert auch auf Fälle anzuwenden, in denen die rechtsirrtümliche Bejahung einer Umsatzsteuerpflicht Ursache der Rechnungserteilung sei. Im übrigen habe der Europäische Gerichtshof - EuGH - mit Urteil vom 13.12.1989 Rs. C 342/87 (Umsatzsteuerrundschau - UR - 1991, 83) die Unvereinbarkeit des § 14 Abs. 3 UStG mit EU-Recht festgestellt, soweit die Vorschrift auch bei nachweisbar gutem Glauben des Rechnungsausstellers eine Berichtigung der Rechnung nicht zulasse. Solange eine deshalb gebotene Anpassung des § 14 Abs. 3 UStG ausstehe, müsse ihm durch Erlaß nach § 227 Abgabenordnung -AO- geholfen werden. Er sei gutgläubig gewesen, weil er nicht habe erkennen können, in welcher Eigenschaft (als Landwirt oder als Privatmann) er das Geschäft getätigt habe.

Das FA lehnte den Erlaßantrag mit Bescheid vom 18.9.1996 ab. Den dagegen am 20.9.1996 eingelegten Einspruch wies es mit Einspruchsentscheidung vom 21.10.1996 als unbegründet zurück.

Zur Begründung führte es aus, mangels Vortrags persönlicher Erlaßgründe komme ein Erlaß bzw. eine Erstattung nach Maßgabe des § 227 AO nur bei Vorliegen sachlicher Billigkeitsgründe im Zeitpunkt der vom Kläger erbrachten Zahlungen in Betracht. Solche Billigkeitsgründe lägen nicht vor.

Denn § 14 Abs. 3 UStG sehe abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG nach dem (aus den Gesetzesmaterialien ersichtlichen) Willen des Gesetzgebers keine Möglichkeit zur Rechnungsberichtigung vor, weil andernfalls die mit § 14 Abs. 3 UStG angestrebte Abschreckungswirkung entkräftet würde. Diese Ansicht entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH-. Der Hinweis des Klägers auf die Rechtsprechung des EuGH rechtfertige keine andere Beurteilung, weil diese nicht unmittelbar nationales Recht ändere. Da das nationale Recht noch nicht geändert worden sei und auch keine Dienstanweisungen der obersten Finanzbehörden einen Erlaß gebieten würden, könne der Einspruch keinen Erfolg haben.

Mit seiner am 28.10.1996 erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor:

Entgegen der Auffassung des FA lägen die Voraussetzungen für einen Erlaß aus sachlichen Billigkeitsgründen im Sinne des § 227 Abs. 1 AO vor. Nach Abschnitt 190 Abs. 3 UStR sei die Berichtigung einer fehlerhaften Umsatzsteuerausweisung entspre...

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