rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gestaltungsmissbrauch bei der Erbschaftsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Freibetrag für Betriebsvermögen und für Anteile an Kapitalgesellschaften nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG kann wegen Gestaltungsmissbrauchs nicht in Anspruch genommen werden, wenn bei bestehender Aussicht, Privatvermögen zu erwerben, die Voraussetzungen für die Begünstigung des vermächtnisweisen Übergangs dieses Vermögens nach § 13a ErbStG formal herbeigeführt werden.
  2. So liegt es, wenn die Vermögensverwaltung eines Wertpapierdepots anlässlich des bevorstehenden Erbfalls einer eigens hierzu gegründeten Verwaltungs-GmbH übertragen wird, damit das Depot dem Sonderbetriebsvermögen einer an dieser GmbH bestehenden atypisch stillen Beteiligung zugeordnet werden kann.
  3. Ein Steuerpflichtiger bedient sich einer den wirtschaftlichen Vorgängen unangemessenen Gestaltung nicht nur, wenn er sie selbst geschaffen hat, sondern auch wenn er sie in Erfüllung einer letztwilligen Verfügung fortführt.
  4. Die vom Testamentsvollstrecker zu erfüllende Auflage, von einem Wertpapierdepot 300.000 DM in eine „aufgeschobene Lebensversicherung” einzuzahlen, ist bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs nicht als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.
 

Normenkette

ErbStG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, §§ 10, 13a; AO § 42 Abs. 1; BewG § 11 Abs. 2; BGB § 1940; ErbStR 1998 R 102 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1999

 

Tatbestand

Der am .......... geborene Kläger war der Lebensgefährte der Erblasserin A. Die Erblasserin verfügte über ein Depot Nr. .....bei der S Bank (S Bank). Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 15. April 1999 gründete die Erblasserin als Alleingesellschafterin die A GmbH (A GmbH), deren Stammkapital 25.000 € betrug. Die Erblasserin übernahm eine entsprechende Stammeinlage. Ihr Sohn wurde zum Geschäftsführer bestellt. Gegenstand des Unternehmens der A GmbH war die Verwaltung des Wertpapierdepots Nr. ...... bei der S Bank. Mit Vertrag vom 15. April 1999 gründete die Erblasserin mit der A GmbH i.Gr. eine atypisch stille Gesellschaft, indem sie sich mit einer Kapitaleinlage von 50.000 DM an dem Unternehmen der A GmbH als stille Gesellschafterin beteiligte. Nach § 8 des Vertrags sollte die Gesellschaft beim Tod der Erblasserin nicht aufgelöst, sondern mit ihren „Erben/Vermächtnisnehmer als Nachfolger” fortgesetzt werden. Ebenfalls am 15. April 1999 schloss die Erblasserin mit der A GmbH i.Gr. einen Vertrag ab, mit dem sie diese zur Verwaltung ihrer Vermögenswerte auf dem Wertpapierdepot Nr. ..... bei der S Bank beauftragte. Der Vertrag und die der A GmbH erteilte Vollmacht sollten nicht mit dem Ableben der Erblasserin erlöschen, sondern fortbestehen.

In der auf den 16. April 1999 aufgestellten Eröffnungsbilanz der A GmbH i.Gr. wurden die Guthaben bei Kreditinstituten und das gezeichnete Kapital jeweils mit 48.895,75 DM ausgewiesen. Ferner wurde eine Sondereröffnungsbilanz zur Bilanz der A GmbH i.Gr. auf den 16. April 1999 aufgestellt, in der als Anlagevermögen die Beteiligung an der A GmbH mit 48.895,75 DM sowie Wertpapiere auf dem Depot Nr. ..... bei der S Bank mit 505.753,80 DM und entsprechende Verbindlichkeiten gegenüber der S Bank von 122.822,34 DM ausgewiesen wurden. Unter „Erläuterungen” wurde in dieser Sondereröffnungsbilanz ausgeführt:

„Die GmbH verwaltet die sich bei der S Bank .. auf dem Konto und Depot Nr. ....... befindlichen Vermögenswerte von Frau A. Da die Konto- und Depotinhaberin an der GmbH zugleich als Mitunternehmer (atypisch stiller Gesellschafter) beteiligt ist, werden diese Vermögenswerte zu Sonderbetriebsvermögen. Diese steuerliche Beurteilung beruht auf dem Mitunternehmerlass ...”

Am 19. April 1999 errichtete die Erblasserin ein notariell beurkundetes Testament, mit dem sie bezüglich ihres Beteiligungsvermögens an der A GmbH folgendes Vermächtnis anordnete:

„a) Mit meinem Ableben sollen sowohl die GmbH-Anteile als auch die atypisch stille Beteiligung an der Gesellschaft auf C (den Kläger)…übergehen, wobei die Übertragung an folgende Bedingungen b) und c) geknüpft wird:

b) Von dem Wertpapierdepot des atypisch stillen Gesellschafters in Höhe von ca. DM 440.000…(Depot Nr. ..... bei der S Bank) sind mit meinem Ableben DM 300.000…in eine aufgeschobene Lebensversicherung einzuzahlen. Die daraus fließende monatliche Rente, die erstmals fünf Jahre nach Versicherungsbeginn gezahlt wird, steht dem Vermächtnisnehmer bis zu seinem Lebensende zu. Während des vorgenannten Fünfjahreszeitraumes steht C aus dem verbliebenen vorgenannten Wertpapierdepot eine monatliche Entnahme von DM 3.330…zu.

c) Verstirbt der Begünstigte, steht das gesamte aus dem Vermächtnis unter Punkt 2 a) noch nicht verbrauchte Kapital (sowohl Barvermögen einschließlich Depotbestand als auch Ansprüche aus der Versicherung über eine Leibrente) meinen beiden Kindern hälftig zu.

Als Testamentsvollstrecker zu diesem Absatz (2) setze ich mein Sohn, ersatzweise meine Tochter ein...”

Die Erblasserin verstarb am 18. September 1999. Mit Schreiben vom 19. Okt...

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