Entscheidungsstichwort (Thema)

PKH-Antrag nach Klageerhebung: Geltendmachung rückständiger, vor Antragstellung entstandener Gerichtskosten nach PKH-Bewilligung

 

Leitsatz (redaktionell)

Rückständige Gerichtskosten, die vor dem Zeitpunkt der formgerechten Antragstellung entstanden und fällig geworden sind, dürfen nach ratenfreier Bewilligung der PKH nicht mehr von der Staatskasse geltend gemacht werden (entgegen Beschluss des FG Köln vom 07.07.2010, 10 Ko 1033/09, EFG 2010, 1642).

 

Normenkette

FGO § 142; ZPO § 122 Abs. 1 Nr. 1a; GKG § 6 Abs. 1 Nr. 5, § 34 Abs. 1; KV Nr. 6110

 

Tatbestand

Der Erinnerungsführer erhob am 11.09.2012 Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf (Az. 1 K 3372/12 U), mit der er die Aufhebung der an ihn als Insolvenzverwalter einer KG gerichteten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für Oktober und November 2011 begehrte.

Daraufhin übersandte die Oberjustizkasse (aufgrund der Verfügung des Kostenbeamten vom 26.09.2010) dem Erinnerungsführer am 27.09.2012 eine 1. Rechnung über die Gebühr nach Nummer 6110 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz in Höhe von 220 EUR (Kassenzeichen 70055651 610 6). Der in Rechnung gestellte Betrag sollte innerhalb von zwei Wochen auf das in der Rechnung näher bezeichnete Konto überwiesen werden. Eine Zahlung seitens des Erinnerungsführers erfolgte jedoch nicht.

Am 30.10.2012 reichte der Erinnerungsführer die Klagebegründung zu dem o.g. Verfahren (Az. 1 K 3372/12 U) ein und beantragte zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH), welche ihm für die erste Instanz mit Beschluss vom 24.06.2013 in vollem Umfang ratenfrei bewilligt wurde.

Zwei Tage später, am 26.06.2013, teilte die Kostenbeamtin des Finanzgerichts der Oberjustizkasse mit, dass dem Erinnerungsführer PKH bewilligt worden sei. Die Vorauszahlungsrechnung (Kassenzeichen 70055651 610 6) sei daher am 26.06.2013 aufgehoben worden (vgl. Blatt 32 der GA).

Am 27.06.2010 übersandte die Oberjustizkasse dem Erinnerungsführer eine 2. Rechnung (Kassenzeichen 70055651 610 6). Darin heißt es u.a.:

„In dem vorgenannten Verfahren (1 K 3372/12 U) werden folgende Positionen in Rechnung gestellt:

Es besteht keine Zahlungsverpflichtung.

Ihre Zahlungsverpflichtung beträgt 0,00 EUR

Rechnungsbetrag 0,00 EUR

Dem Kläger wurde mit Beschluss vom 24.06.2013 PKH bewilligt.”

Das Klageverfahren 1 K 3372/12 U endete mit Urteil vom 27.09.2013. Die Klage wurde abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Erinnerungsführer auferlegt. Die Revision wurde zugelassen.

Anschließend wies die Kostenbeamtin die Oberjustizkasse an, dem Erinnerungsführer (erneut) die Gebühr nach Nummer 6110 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz in Höhe von 220 EUR in Rechnung zu stellen. Die Oberjustizkasse übersandte entsprechend dem Erinnerungsführer am 22.10.2013 eine Gerichtskostenrechnung (Kassenzeichen 70060487 610 7). Der in Rechnung gestellte Betrag von 220 EUR sollte innerhalb von zwei Wochen auf das in der Rechnung näher bezeichnete Konto überwiesen werden. In der Rechnung heißt es weiter: „Da der Antrag auf PKH erst nach Klageerhebung gestellt wurde, umfasst die PKH-Bewilligung nicht die mit der Klageerhebung bereits entstandene und fällige Verfahrensgebühr (Beschl. FG Köln 07.07.2010, EFG 2010, 1642).”

Gegen diese Kostenrechnung vom 22.10.2013 (Kassenzeichen 70060487 610 7) wendet sich der Erinnerungsführer. Er trägt vor:

Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 122 Abs. 1 Nr. 1a ZPO bewirke die Bewilligung der PKH, dass die Landeskasse die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten nur nach den Bestimmungen, die das Gericht treffe, gegen die Partei geltend machen könne. Die ursprünglich mit Rechnung vom 27.09.2012 (Kassenzeichen 70055651 610 6) geforderten 220 EUR seien nicht gezahlt worden und seien somit zum Zeitpunkt der Bewilligung der PKH rückständig gewesen. Darüber hinaus sei diese Rechnung durch Kostenrechnung vom 27.06.2013 wieder aufgehoben worden. Es liege daher auch keine unzulässige rückwirkende Gewährung von PKH vor (Hinweis auf FG Düsseldorf, Beschluss vom 04.10.2012, 16 Ko 3213/12 GK).

Der Erinnerungsführer beantragt,

die Kostenrechnung vom 22.10.2013 (Kassenzeichen 70060487 610 7) aufzuheben.

Die Erinnerungsgegnerin beantragt,

die Erinnerung zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt die Erinnerungsgegnerin vor: Die Kostenrechnung vom 22.10.2013 sei weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. Die Verfahrensgebühr in Höhe von 220 EUR sei bereits mit Klageeingang am 11.09.2012 entstanden. Auf diese Vorauszahlungsgebühr habe eine PKH-Bewilligung, die auf einem PKH-Antrag beruhe, der nach Klageerhebung gestellt wurde, keinen Einfluss. Diese Gebühr sei im Streitfall von der PKH-Bewilligung ab Antragstellung (30.10.2012) nicht umfasst. Die vor Einreichung des PKH-Antrages fälligen und rückständigen Gerichtskosten seien weiterhin zu bezahlen (Hinweis auf FG Köln, Beschluss vom 07.07.2010, 10 Ko 1033/09, EFG 2010, 1642 und Hessisches FG, Beschluss vom 14.06.2012, 3 Ko 174-175/10).

Soweit der Erinnerungsführer geltend m...

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