rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Starker vorläufiger Insolvenzverwalter. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter. Organschaft. Organträger. Organgesellschaft. Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über die Umsatzsteuervorauszahlung für August und September 2001 vom 29. Juli 2003

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird für die Organgesellschaft ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt, so endet die Organschaft, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Organträger hierdurch seinen maßgeblichen Einfluss auf die Organgesellschaft verliert. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter in der Lage ist, Entscheidungen gegen den Willen des Organträgers zu treffen.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2; InsO § 22

 

Tenor

1. Die Vollziehung der Bescheide über die Umsatzsteuervorauszahlung für August und September 2001 vom 29. Juli 2003 wird i.H.v. 35.970,91 EUR bis einen Monat nach Ergehen einer Entscheidung im anhängigen Einspruchsverfahren ausgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

3. Die Entscheidung ergeht endgültig.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin erzielte als Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Umsätze aus der gewerblichen Vermietung an die B GmbH (künftig: GmbH). Zwischen der Antragstellerin und der GmbH bestand umsatzsteuerliche Organschaft. Nachdem für die GmbH lnsolvenzantrag gestellt worden war, wurde durch Beschluss des Amtsgerichts E vom 17. August 2001 – 00 IN 000/01 – Rechtsanwalt F, G, zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 1. Oktober 2001 – 00 IN 000/01 – wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet und Rechtsanwalt F zum Insolvenzverwalter bestellt. Unter den Beteiligten ist streitig, ob die Organschaft zum 17. August oder zum 1. Oktober 2001 entfallen ist.

Der Beschluss vom 17. August 2001 enthielt folgende Anordnungen (Bl. 4 f.):

„Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens sind nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO).

Der vorläufige Insolvenzverwalter ist nicht allgemeiner Vertreter der Schuldnerin. Er hat die Aufgabe, durch Überwachung der Schuldnerin deren Vermögen zu sichern und zu erhalten. Er wird ermächtigt, mit rechtlicher Wirkung für die Schuldnerin zu handeln, ist jedoch, unbeschadet der Wirksamkeit der Handlung, verpflichtet, diese Befugnis nur wahrzunehmen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgabe schon vor der Verfahrenseröffnung dringend erforderlich ist.

Der vorläufige Verwalter hat gem. § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO das Unternehmen, das der Schuldner betreibt, bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen.

Das Recht zur Ausübung der Arbeitgeberbefugnisse einschließlich der Ermächtigung, Kündigungen auszusprechen und mit einem vorhandenen Betriebsrat Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen zu führen, wird dem vorläufigen Insolvenzverwalter übertragen.

Den Schuldnern der Schuldnerin (Drittschuldnern) wird verboten, an die Schuldnerin zu zahlen. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen. Die Drittschuldner werden aufgefordert, nur noch unter Beachtung dieser Anordnung zu leisten (§ 23 Abs. 1 Satz 3 InsO).

Maßnahmen der Zwangsvollstreckung einschließlich der Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung gegen die Schuldnerin werden untersagt, soweit nicht unbewegliche Gegenstände betroffen sind; bereits begonnene Maßnahmen werden einstweilen eingestellt (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO).

Der vorläufige Insolvenzverwalter ist berechtigt, die Geschäftsräume und betrieblichen Einrichtungen der Schuldnerin einschließlich der Nebenräume zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen. Er ist berechtigt, Auskünfte über die schuldnerischen Vermögensverhältnisse bei Dritten einzuholen.

Die Schuldnerin hat dem vorläufigen Insolvenzverwalter Einsicht in die Bücher und Geschäftspapiere zu gestatten und sie ihm auf Verlangen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens herauszugeben. Sie hat ihm alle Auskünfte zu erteilen, die zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur Aufklärung der schuldnerischen Vermögensverhältnisse erforderlich sind. Bei Missachtung dieser Pflicht kann das Gericht die Schuldnerin oder ihre organschaftlichen Vertreter zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung laden, zwangsweise vorführen lassen oder in Haft nehmen (§ 22 Abs. 3, §§ 97, 98, 101 InsO).

Der vorläufige Insolvenzverwalter wird zugleich beauftragt, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein nach der Rechtsform der Schuldnerin maßgebender Eröffnungsgrund vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des schuldnerischen Unternehmens bestehen. Er hat ferner zu prüfen, ob das schuldnerische Vermögen die Kosten des Verfahrens decken wird (§ 22 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 InsO).

Falls der vorläufige Insolvenzverwalter den Auftrag nicht ...

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