Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung. Organisationsverschulden bei Faxübersendung durch Lehrling. Vergütung von Mineralölsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Wiedereinsetzung kann wegen eines Organisationsverschuldens nicht gewährt werden, wenn sich die organisatorischen Vorkehrungen in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten auch im Falle des Heraussuchens der Empfänger-Faxnummer durch einen Lehrling und Absenden des Faxes nach 18 Uhr am Tage des Fristablaufs darauf beschränken, den Sendebericht zu kontrollieren und beim Empfänger telefonisch den Eingang des Schriftsatzes zu kontrollieren, ohne jedoch die Richtigkeit der Empfänger-Faxnummer zu überprüfen. Nach Ende der beim Empfänger üblichen Bürozeit ist nämlich eine telefonische Kontrolle des Faxeingangs regelmäßig nicht mehr möglich, so dass für solche Fälle andere organisatorische Vorkehrungen erforderlich wären.

 

Normenkette

FGO § 56 Abs. 1, § 47 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 03.02.2005; Aktenzeichen VII B 125/04)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten (HZA) die Vergütung von Mineralölsteuer in Höhe von 32.388,30 EUR (= 63.346 DM) wegen eines erlittenen Zahlungsausfalls.

Da das HZA die von der Klägerin begehrte Vergütung der Mineralölsteuer abgelehnt hatte und auch das anschließende Einspruchsverfahren erfolglos geblieben war, hatte die Klägerin per Telefax gegen das HZA Klage erhoben; die Klage war bei Gericht am Dienstag, dem 17. November 1998 eingegangen, obwohl die Klagefrist bereits am Tag zuvor abgelaufen war; Grund hierfür war, dass die an das Finanzgericht adressierte Klageschrift am 16. November 1998 – und zwar ausweislich der Kopfzeile des Faxes gegen 18.30 Uhr – vom Büro der Prozessbevollmächtigten versehentlich an das Landgericht Dessau gefaxt worden war und von dort aus erst am nächsten Tag an das Finanzgericht weiter geleitet worden war. In seinem Urteil vom 12. September 2001 (Az.: 2 K 631/98) hatte der Senat eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt und die Klage als unzulässig abgewiesen; der Senat hatte dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Prozessbevollmächtigte die Klageschrift unterschrieben hatte, obwohl im Adressfeld die Angabe der Faxnummer des Empfängers fehlte; der Senat hatte darin eine Sorgfaltspflichtverletzung des Prozessbevollmächtigten gesehen. Auf die – nach erfolgreicher Nichtlassungsbeschwerde vom Kläger eingelegte – Revisionen hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 24. April 2003 das Urteil des Finanzgerichts vom 12. September 2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen; wegen der Einzelheiten der Begründung dieser Entscheidung wird auf den in der Gerichtsakte befindlichen Abdruck des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 24. April 2003 (Az.: VII R 47/02) Bezug genommen.

Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, die Klage sei zulässig. Wegen der versäumten Klagefrist sei ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Bei der falschen Angabe der Faxnummer handele es sich nämlich um ein entschuldbares Büroversehen. Zwar sei die Faxnummer von einem Lehrling ermittelt worden; dieser Lehrling habe jedoch nach Anweisung und unter Aufsicht der Zeugin … einer Rechtsanwalts- und Notargehilfin, gearbeitet, die als sogenannte „Vollkraft” angewiesen gewesen sei, nach erfolgter Absendung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Telefax den Sendebericht vollumfänglich zu überprüfen; diese vollumfängliche Überprüfung habe sich ausdrücklich auch auf die Richtigkeit der jeweils verwendeten Faxnummer bezogen; diese Überprüfung sei lediglich im vorliegenden Fall versehentlich nicht erfolgt.

Die Klägerin beantragt,

dem Bescheid des Beklagten vom 29. April 1998 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 08. Oktober 1998 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, an die Klägerin Mineralölsteuer in Höhe von 63.346 DM (= 32.388,30 EUR) zu vergüten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das HZA steht weiterhin auf dem Standpunkt, dass die Klage wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig sei; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht.

Der Senat hat Beweis erhoben über die Büroorganisation der Prozessbevollmächtigten im Zusammenhang mit der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Telefax sowie über die näheren Umstände der Versendung der Klageschrift durch Vernehmung der Zeugin … in der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2004; wegen der von der Zeugin gemachten Aussagen wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2004.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig, da die Klage bei Gericht erst nach Ablauf der Klagefrist eingegangen ist und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kommt.

Die Klage ist nach Ablauf der Klagefrist bei Gericht eingegangen, da die Klagefrist am Montag, dem 16. November 1998 abgelaufen war, die Klageschrift jedoch erst am 17 November 1998 bei Gericht eingegangen ist...

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