rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenfestsetzung bei Tod des durch einen Bevollmächtigten vertretenen Klägers während des Finanzprozesses und Bestimmung des Verstorbenen im gerichtlichen Titel als Kostengläubiger

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Den Antrag auf Kostenfestsetzung kann nur derjenige stellen, der in der gerichtlichen Kosten(grund)entscheidung – dem zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titel – zum Gläubiger der Kosten bestimmt ist. Ist der Steuerpflichtige während des Prozesses verstorben, ist eine Kostenfestsetzung zu seinen Gunsten als nicht mehr existenter Partei nicht möglich.

2. Ist der in dem Titel zum Kostengläubiger bestimmte Verfahrensbeteiligte vor der Anbringung des Kostenfestsetzungsantrages verstorben, bedarf es zur Kostenfestsetzung zwar nicht der Aufnahme des Rechtsstreits der Hauptsache; vielmehr ist das Festsetzungsgesuch unter Nachweis der Rechtsnachfolge von den Erben einzureichen.

3. Stirbt der im Titel genannte Kostengläubiger nach Rechtshängigkeit, so tritt die Rechtskraftwirkung des Urteils unter den Voraussetzungen des § 110 FGO auch für dessen Rechtsnachfolger ein. Dies gilt trotz fehlender Verweisung in § 113 Abs. 1 FGO sinngemäß auch für gerichtliche Beschlüsse. Um den dem Grunde nach zugesprochenen Kostenerstattungsanspruch durchsetzen zu können, bedarf der Rechtsnachfolger nach § 727 ZPO einer Umschreibung des Titels.

4. Die Fortgeltung der Prozessvollmacht nach § 86 ZPO bewirkt, dass der Prozessbevollmächtigte den Prozess mit Wirkung für und gegen die Erben fortsetzen kann. Die Niederlegung des Mandates ist deshalb nach dem Tod des Mandanten nur durch Kündigung gegenüber dem Rechtsnachfolger möglich. Die Anordnung des § 86 ZPO bewirkt mithin, dass die Prozessbevollmächtigte nach dem Tod des Mandanaten Prozessvertreterin der – ggf. zunächst unbekannten – Erben des Mandanten wird und sie deshalb nunmehr mit Wirkung für und gegen diese Prozesserklärungen abgeben kann, also auch nur für die unbekannten Erben eine Kostenfestsetzung beantragen kann.

 

Normenkette

FGO §§ 110, 149, 113 Abs. 1, § 155 S. 1 Abs. 1; ZPO §§ 86, 103 Abs. 1, § 104 Abs. 1, § 727

 

Tenor

Der Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 17. Januar 2022 (Aktenzeichen: 5 K 0/19) wird aufgehoben.

Die Sache wird zur weiteren Bearbeitung des Kostenfestsetzungsantrages an die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zurückgegeben.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Der Erinnerungsführer erhob mit anwaltlichem Schriftsatz vom 3. Dezember 2019 bei dem Finanzgericht Klage gegen die Erinnerungsgegnerin. Während des Klageverfahrens verstarb der Erinnerungsführer.

Nachdem sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hatte, fasste das Prozessgericht am 4. September 2020 den Beschluss (Aktenzeichen: 5 K 0/19), dass die Erinnerungsgegnerin (Beklagte) die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. In dem Beschluss ist die Aktivpartei – d.h. der Kläger (Erinnerungsführer) – wie folgt bezeichnet:

der verstorbene Herr A zuletzt wohnhaft:

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2021 beantragte die Prozessbevollmächtigte für ihren Mandanten nach § 149 der Finanzgerichtsordnung in Verbindung mit den §§ 103 ff. der Zivilprozessordnung die Kostenfestsetzung gegen die Erinnerungsgegnerin (Beklagte). Dazu erklärte sie, dass ihr Mandant nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Im Übrigen nehme sie an, dass die Ehefrau ihres Mandanten und seine beiden Kinder dessen gesetzliche Erben seien, denn es gebe kein Testament. Ein Erbschein sei nicht vorhanden, aber wegen der über den Tod hinaus geltenden Vollmacht ihres Mandanten auch nicht erforderlich.

Die hierzu angehörte Erinnerungsgegnerin erhob Einwände gegen die Höhe des der Gebührenberechnung zugrunde gelegten Streitwertes sowie gegen die Festsetzung der angemeldete Erledigungsgebühr. Im Übrigen sei die Prozessbevollmächtigte nicht berechtigt, im eigenen Namen die Kostenfestsetzung zu beantragen; ihre Befugnisse seien insoweit auf die Entgegennahme ggf. erfolgender Zahlungen beschränkt.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle gab der Prozessbevollmächtigten des Erinnerungsführers mit Schreiben vom 28. Juni 2021 – erfolglos – auf, die Rechtsnachfolge durch Vorlage eines Erbnachweises zu belegen.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat mit Beschluss vom 17. Januar 2022 (Aktenzeichen: 5 K 0/19) entschieden, den Antrag vom 20. Januar 2021 auf Festsetzung der Kosten abzulehnen. Die Kostenfestsetzung sei nicht möglich, weil der zugrundeliegende Titel – der Beschluss vom 04. September 2020 – nicht auf den oder die Rechtsnachfolger umgeschrieben worden sei.

Gegen den ihr am 25. Januar 2022 zugestellten Beschluss vom 17. Januar 2022 hat die Prozessbevollmächtigte des Erinnerungsführers am 8. Februar 2022 Erinnerung eingelegt.

Hierzu führt sie an, mit dem Beschluss vom 4. September 2020 liege ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel im Sinne von § 103 Abs. 1 der Zivilprozessordnung vor. § 103 der Zivilprozessordnung setze lediglich einen vollstreckungsfähigen K...

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