rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung von Grundbesitz aus der Erbmasse auf den Pflichtteilsberechtigten zur Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs als entgeltlicher Anschaffungsvorgang

 

Leitsatz (redaktionell)

Überträgt der Erbe zur Erfüllung eines Pflichtteilsanspruchs aus der Erbmasse ein zum Privatvermögen gehörendes Grundstück auf den Pflichtteilsberechtigten, handelt es sich dabei einkommensteuerrechtlich für den Pflichtteilsberechtigten um einen entgeltlichen Anschaffungsvorgang (Übertragung der zur grunderwerbsteuerlichen Behandlung ergangenen geänderten BFH-Rechtsprechung – Urteil v. 7.10.1998, II R 52/96 – auf die Ertragsteuern). Die von verschiedenen Finanzgerichten vertretene entgegenstehende Ansicht, wonach der Pflichtteilsberechtigte, der zum Ausgleich seines Geldanspruchs ein Grundstück aus dem Nachlass erhält, dieses unmittelbar und unentgeltlich durch den Erbfall erhalte (vgl. z. B. FG Köln, Urteil v. 27.5.1993, 10 K 4218/87), ist nach Auffassung des erkennenden Senats im Hinblick auf die geänderte BFH-Rechtsprechung nicht mehr haltbar.

 

Normenkette

EStG 1999 § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; BGB §§ 2303, 2317, 364 Abs. 1, § 1922

 

Tenor

Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1999 vom 27. Juli 2000, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2005, wird mit der Maßgabe geändert, dass weitere Sonderwerbungskosten der Beigeladenen in Höhe von 1.961,07 DM einkünftemindernd berücksichtigt werden.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR –, welche durch die Vermietung eines Mietwohngrundstückes Einkünfte im Sinne des § 21 EinkommensteuergesetzEStG – erzielt. Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe der gesondert und einheitlich festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1999. Allein streitig ist die Frage, ob die Sonderwerbungskosten der Miteigentümerin Y. (= Beigeladene) um die anteilige Absetzung für Abnutzung – AfA – auf weitere Anschaffungskosten in Höhe von 315.000,– DM zu erhöhen sind.

Die Klägerin bestand bis zum 30. Juni 1999 aus den damaligen Feststellungsbeteiligten A. und B.. Ab 1. Juli 1999 trat die Beigeladene an die Stelle des Gemeinschafters A. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Feststellungsbeteiligte A. wurde mit dem Tod seiner Ehefrau C. am 27. November 1997 deren testamentarischer Alleinerbe. Die Eheleute A. und C. hatten einen gemeinsamen Sohn, D., der erst nach dem Tode von A. Alleinerbe sein sollte (Schlusserbe im Sinne des § 2269 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB –). Die Erblasserin hatte ferner zwei Töchter, Frau E., und die Beigeladene. Nach dem Testament der Erblasserin vom 6. April 1986 sollten die Töchter lediglich den Pflichtteil erhalten. Nachdem die Töchter gegenüber dem (erstgenannten) Alleinerben ihren Pflichtteilsanspruch geltend gemacht hatten, einigten sich dieser und die Töchter darauf, dass jeder Tochter ein Pflichtteil in Höhe von 340.000,– DM zustehe. Da die Tochter E. auf einer Geldauszahlung bestand, dies aber zu einem hohen Barmittelabfluss aus dem Nachlass geführt hätte, einigten sich die Töchter mit dem Alleinerben Anfang 1999 zunächst auf eine anteilige Auszahlung von jeweils 25.000,– DM durch die Überlassung von Nachlassgegenständen und Schmuck der Erblasserin.

Zum Nachlass der Erblasserin gehörte u.a. ein hälftiger Miteigentumsanteil an dem Grundstück X.. Mit dem Tode der Erblasserin ging dieser hälftige Miteigentumsanteil im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Alleinerben A. über. Um die Pflichtteilsfrage zu lösen, versuchte die Beigeladene sich mit der Grundstücksmiteigentümerin B. darüber zu verständigen, das zum Nachlass gehörende Grundstück gemeinsam zu bewirtschaften. Dies setzte das Einverständnis des Alleinerben voraus, seinen Grundstücksanteil auf die Beigeladene zu übertragen. Den ihrer Schwester zustehenden Pflichtteil wollte die Beigeladene direkt an diese auszahlen, soweit Frau B. mit einer Grundschuldbelastung des Grundstückes einverstanden war.

Nach Teilauszahlung des Pflichtteils von jeweils 25.000,– DM kamen die Töchter und der Alleinerbe mit schriftlicher Vereinbarung vom 27. Juni 1999 überein, dass der Alleinerbe den ursprünglich zum Nachlass gehörenden, zwischenzeitlich an ihn im Wege der Erbfolge übergegangenen Miteigentumsanteil an dem streitigen Grundstück auf die Beigeladene übertrage. Zugleich sollte die Beigeladene gegenüber dem Alleinerben verpflichtet sein, den ihrer pflichtteilsberechtigten Schwester zustehenden restlichen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 315.000,– DM zu e...

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