rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende einvernehmliche Änderung der Bestimmung des zum Erhalt des Kindergelds berechtigten Elternteils für noch nicht ausgezahltes Kindergeld zulässig

 

Leitsatz (redaktionell)

Leben die Eltern gemeinsam mit ihrem Kind in einem Haushalt, können sie die Bestimmung, an welchen Elternteil das Kindergeld auszuzahlen ist, einvernehmlich und rückwirkend dahingehend ändern, dass nunmehr das Kindergeld an den anderen Elternteil ausgezahlt werden soll, wenn das von der Rückwirkung betroffene Kindergeld noch nicht an den bisher zum Empfang des Kindergeld berechtigten Elternteil ausgezahlt worden ist. Die Anerkennung einer einvernehmlichen rückwirkenden Änderung der Berechtigtenbestimmung setzt nicht voraus, dass bisher noch kein Kindergeld für das betroffene Kind festgesetzt worden ist (gegen Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes, DA 64.4. Abs. 2).

 

Normenkette

EStG § 64 Abs. 1, 2 S. 2, § 66 Abs. 2, § 70 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.04.2012; Aktenzeichen III R 42/10)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30.01.2006 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 06.06.2006 verpflichtet, der Klägerin gegenüber Kindergeld für die Kinder B und C in gesetzlicher Höhe ab dem 01.12.2005 festzusetzen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist verheiratet mit D und hat mit diesem die gemeinsamen Kinder B, geb. X.X.1984, und C, geb. X.X.1988.

Mit Schreiben vom 23.12.2005 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), der Rechtsvorgängerin der Beklagten, rückwirkend zum 01.12.2005 die Zahlung des Kindergeldes von D, beschäftigt bei den …betrieben, auf die Klägerin umzustellen. In einem angefügten Postskriptum wurde auf die fehlenden Kenntnisse über den ab dem 01.01.2006 in Kraft tretenden Tarifvertrag der BfA hingewiesen und daher der Vorbehalt erklärt, dass der Kindergeldanteil im Ortszuschlag (mindestens für die Dauer von drei Jahren) weiter gezahlt werde.

Die …betriebe unterrichteten die Beklagte unter dem Datum vom 05.01.2006, dass der Ehemann der Klägerin im Dezember 2005 mitgeteilt habe, dass ab dem 01.12.2005 ein Berechtigtenwechsel für die Zahlung des Kindergeldes und die Zahlung der kindbezogenen Entgeltbestandteile erfolgen solle. Da eine entsprechende Mitteilung der Beklagten eingegangen sei, würden die Zahlungen zur Vermeidung von Überzahlungen mit Ablauf des 30.11.2005 eingestellt.

Am 09.01.2006 ging im Nachgang zu dem Antrag vom 23.12.2005 ein Antrag der Klägerin auf Kindergeld für die beiden Kinder bei der Beklagten ein. Angegeben wurde, dass die Eheleute nicht getrennt und die Kinder innerhalb des Haushalts leben, sowie, dass der Ehepartner bis November 2005 Kindergeld beantragt und erhalten habe.

Mit Schreiben vom 19.01.2006 teilten die …betriebe der Beklagten mit, entgegen dem Schreiben vom 05.01.2006 sei die Zahlung des Kindergeldes und der kindbezogenen Entgeltbestandteile für die Kinder B und C zum 31.12.2005 eingestellt worden.

Durch Bescheid vom 30.01.2006 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin Kindergeld für die Kinder B und C ab 01.01.2006 fest.

Hiergegen erhob die Klägerin am 15.02.2006 mit der Begründung Einspruch, das Kindergeld sei bereits ab dem 01.12.2005 festzusetzen. Aufgrund ihres Antrages vom 23.12.2005 hätte ihr Ehemann lediglich bis zum 30.11.2005 Anspruch auf das Kindergeld gehabt. Eine Auszahlung des Kindergeldes für Dezember 2005 an ihn wäre rechtswidrig.

Durch Einspruchsentscheidung vom 06.06.2006 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, eine einvernehmliche Änderung der Berechtigtenbestimmung könne erst vom Beginn des Folgemonats an berücksichtigt werden. Eine rückwirkende Änderung komme nur in Betracht, soweit das Kindergeld noch nicht festgesetzt worden sei. Im Streitfall sei im Zeitpunkt der Erklärung der Änderung des Berechtigtenwechsels am 23.12.2005 das Kindergeld bereits zu Gunsten des Ehemannes festgesetzt gewesen und in dem Monat auch im Rahmen der regelmäßigen monatlichen Termine gezahlt worden. Abweichendes gelte nicht aufgrund der Verfahrensweise der …betriebe. Deren Aufhebung der Festsetzung zum 01.12.2005 sowie die nachträgliche Einstellung und Rückforderung der Zahlung seien erst im Januar 2006 erfolgt.

Mit der am 19.06.2006 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Ergänzend trägt sie vor, im Zeitpunkt der Antragstellung möge der Anspruch des Ehemanns auf Kindergeld zwar bereits nach § 66 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entstanden gewesen sein. Er sei zu diesem Zeit...

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