Entscheidungsstichwort (Thema)

Dem ausscheidenden Sozius einer Insolvenzverwaltungs-GbR nachträglich zufließende Vergütungsanteile für zum Zeitpunkt des Ausscheidens bereits eröffnete, aber noch nicht abgerechnete „schwebende” Insolvenzverfahren nachträglicher laufender Gewinn, kein Bestandteil des tarifbegünstigten Veräußerungsgewinns

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Gewinnrealisierung für die Vergütung des Insolvenzverwalters tritt grundsätzlich erst mit der Zustimmung des Insolvenzgerichtes zu dem Vorschuss oder der Vergütung nach Beendigung der Tätigkeit des Insolvenzverwalters ein; bis zu dieser Zustimmung handelt es sich um schwebende Geschäfte, bei denen ungeachtet der rechtlichen Entstehung eines Vergütungsanspruches eine Bilanzierung nicht erfolgen darf.

2. Wird bei Ausscheiden eines Sozius aus einer GbR, die u. a. Insolvenzverwaltungen betreibt, vereinbart, dass der ausscheidende Sozius künftig noch den ihm nach seiner prozentualen Gewinnbeteiligung zustehenden Anteil an sämtlichen bereits eröffneten, noch laufenden und deswegen noch nicht abrechenbaren Insolvenzverwaltungs-Mandaten erhalten soll, so gehören die nach Beendigung und Abrechnung dieser Mandate in den Folgejahren dem ausgeschiedenen Sozius zufließenden Vergütungsanteile nicht zu seinem tarifbegünstigen Veräußerungsgewinn, sondern sind in den Folgejahren nach § 24 Nr. 2 EStG als nachträglicher laufender Gewinn aus selbstständigen Einkünften zu versteuern.

 

Normenkette

EStG § 24 Nr. 2, § 18 Abs. 3, 1, § 16 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2, Abs. 2, 4, § 34 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, § 4 Abs. 1, § 5

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Klägerin war Gesellschafterin der B… GbR (im Folgenden: Sozietät). Laut dem Sozietätsvertrag zum 01.01.2000 sollte bei Ausscheiden eines Sozius die Sozietät von den übrigen Sozien fortgesetzt werden und der Anteil des Ausscheidenden den übrigen Sozien im Verhältnis ihrer Anteile zuwachsen, § 9 des Vertrages. Dem ausscheidenden Sozius stand sein Anteil am Gewinn der Sozietät bis zum Zeitpunkt seines Ausscheidens zu; hierzu zählten auch die sogenannten „stillen Reserven” aus Verfahren während der gemeinsamen Berufstätigkeit, die erst nach dem Ausscheiden abgerechnet würden, § 10 Abs. 1 des Vertrages.

Zum 31.12.2005 schied die Klägerin aus der Sozietät aus. Hierzu schlossen die drei verbleibenden Sozien mit der Klägerin eine Auseinandersetzungsvereinbarung vom 15.12.2005, die an die Stelle der Regelung der §§ 9 und 10 des Sozietätsvertrages treten sollte. Nach deren § 1 sollte mit dem Ausscheiden der Klägerin ihr Anteil an der Sozietät den verbleibenden Sozien anwachsen. Die Klägerin erhielt als Abfindung gemäß § 10 Abs. 3 Sozietätsvertrag eine in 36 Monatsraten zahlbare Abfindung in Höhe von 600.000,– EUR, §§ 2, 3 der Vereinbarung. Zum Kapitalkonto regelte § 4:

„Der ausscheidende Sozius hat in den Jahren 2003, 2004 und 2005 Ausschüttungen erhalten, deren Höhe sich an den vorhandenen liquiden Überschüssen der Sozietät orientierte. Da die Sozietät seit dem Jahre 2003 bilanziert und ihren Gewinn nicht mehr durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, sind erhaltene Anzahlungen auf eröffnete Insolvenzverfahren bis zur Beendigung der Verfahren nicht ergebniswirksam. Aufgrund dessen wird sich auf dem Kapitalkonto des ausscheidenden Sozius per 31.12.2005 ein negativer Saldo ergeben. Der ausscheidende Sozius ist nicht verpflichtet, den negativen Saldo seines Kapitalkontos auszugleichen, soweit dieser durch Ausschüttungen von Vergütungsabschlägen entstanden ist.

Das durch ausgezahlte Abschläge auf Insolvenzverfahren entstandene negative Kapitalkonto wird bei dem ausscheidenden Gesellschafter als Veräußerungsgewinn erfasst.”

§ 5 regelte die zukünftige Beteiligung des ausscheidenden Sozius:

„1. Der ausscheidende Sozius wird an den sogenannten „stillen Reserven” (§ 10 Abs. 1 des Sozietätsvertrages) der Sozietät wie folgt beteiligt:

  1. Der ausscheidende Sozius erhält seinen Anteil an den Einnahmen aus sämtlichen Insolvenzverfahren, die bis zum Stichtag eröffnet wurden.
  2. Der ausscheidende Sozius erhält ferner seinen Anteil an den Einnahmen aus sämtlichen Mandaten der Sozietät, die bis zum Stichtag übernommen wurden.

  3. Zudem erhält der ausscheidende Sozius seinen Anteil an den Einnahmen aus allen Vorgängen, die bis zum Stichtag beurkundet wurden.

Aufstellungen per 30.11.2005 der vorstehenden Regelung unterfallenden Angelegenheiten gemäß Satz 1 lit. a) sind dieser Vereinbarung als Anlage 1 beigefügt; ….

2. Der ausscheidende Sozius ist an allen Einnahmen aus den von Ziffer 1 erfassten Angelegenheiten mit dem Prozentsatz beteiligt, der ihm nach den bisherigen Regelungen … zusteht. …

3. Der Anspruch auf die anteiligen Einnahmen besteht neben dem und unabhängig vom Abfindungsanspruch gemäß vorstehendem § 2.

4. … Die zukünftige Beteiligung des ausscheidenden Sozius erfolgt somit unmittelbar an den Einnahmen ohne Abzug von Verwaltungs- oder ähnlichen Au...

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