Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Erlöschen der Schenkungsteuer für eine gemischte Schenkung bei freiwilliger Rückabwicklung der Grundstücksschenkung nach Eintritt des Bewusstseins über das Bestehen einer Schenkungsteuerpflicht. Keine Nichtigkeit eines zu einer gemischten Schenkung führenden Grundstückskaufvertrags wegen zu niedrigem Kaufpreis. Summarische Prüfung im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erwirbt der Sohn eines Kaufmanns von diesem ein Geschäftsgrundstück zu einem wesentlich unterhalb des Verkehrswert liegenden Preis, ohne sich Gedanken über die schenkungsteuerlichen Folgen zu machen, sodass die Schenkungssteuer auch nicht Geschäftsgegenstand des Kaufvertrags wird, führt die –nach der Aufforderung zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung– wegen Fehlens eines zivilrechtlichen Rückforderungsrechts des Schenkers aus freien Stücken des Beschenkten erfolgte Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrags nicht zum Erlöschen der Schenkungsteuer nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.

2. Ein schenkungsteuerrechtlich beachtlicher Rücktritt vom Schenkungsvertrag wegen Eintritts nicht erwarteter schenkungsteuerrechtlicher Folgen setzt voraus, dass die Vertragsparteien den Umstand, dass keine Schenkungsteuer anfällt, bei Abschluss des Vertrags als für den Vertragsabschluss übereinstimmend vorausgesetzt haben. Die Vertragsparteien müssen nach eigener Prüfung oder fachlicher Auskunft davon ausgegangen sein, dass keine Schenkungsteuer anfällt. Sie müssen diesem Gesichtspunkt eindeutig erkennbar maßgebende Bedeutung zugemessen haben. Die Feststellungslast hierfür trifft den Steuerpflichtigen. Nicht durch eigene Sachkunde oder fachliche Informationen abgesicherte Vermutungen sind keine wesentlichen Vorstellungen in diesem Sinne.

3. Übersteigt der Verkehrswert eines Grundstücks den in einem Grundstückskaufvertrag zwischen nahen Angehörigen vereinbarten Kaufpreis bei Weitem, ist der Vertrag nicht allein aufgrund der tatsächlichen Vermutung, dass derjenige, der eine besonders grob überhöhte Gegenleistung verlangt, in verwerflicher Absicht i.S. des 138 BGB handelt, nichtig. Die Vermutung gilt weder bei gemischten Schenkungen, noch bei einem Kaufmann als Benachteiligtem.

 

Normenkette

ErbStG § 29 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 528, 530, 812 Abs. 1, §§ 818, 398, 138 Abs. 1-2, § 313 Abs. 3, § 1365; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1

 

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

Der Streitwert beträgt 6.100 Euro.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines Schenkungsteuerbescheides. Die Beteiligten streiten darum, ob die gegen den Antragsteller festgesetzte Schenkungsteuer nach § 29 Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz – ErbStG – erloschen oder aber hilfsweise zumindest der Höhe nach zu reduzieren ist.

Der Antragsteller, Jahrgang 1981, ist Kraftfahrzeugmechaniker. Mit notariellem Vertrag vom 27. Juni 2006 verkaufte sein Vater ihm das 1.961 qm große bebaute Geschäftsgrundstück …Straße … in … zu einem Preis von 150.000 Euro. Auf dem Grundstück sind die Reifen A GmbH und die A Tuning GmbH ansässig. Gesellschafter sind jeweils Mitglieder der Familie A.

Nach Eingang der notariellen Veräußerungsanzeige beim Antragsgegner forderte dieser ihn mit Schreiben vom 23. August 2006 auf, für den Vorgang eine Schenkungsteuererklärung abzugeben, da Anhaltspunkte für eine gemischte Schenkung im Raum stünden.

In der Folgezeit bemühten die Vertragsparteien sich, den Kaufvertrag rückabzuwickeln. Dies gelang wegen Problemen mit der finanzierenden Bank jedoch nicht sogleich.

Am 26. März 2007 wurde der Antragsteller als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Am 10. Mai 2007 hoben die Vertragsparteien den Kaufvertrag auf und vereinbarten die Rückauflassung. Gleichzeitig veräußerte der Vater dem Antragsteller nunmehr 49% des Grundstückes für 150.000 Euro zu Miteigentum. Die restlichen 51% veräußerte er an seine Ehefrau, die Mutter des Antragstellers, zu Miteigentum.

Da der Antragsteller trotz Aufforderung für den Vertrag vom 27. Juni 2006 keine Schenkungsteuererklärung einreichte, setzte der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller mit Schätzungsbescheid vom 10. August 2007 Schenkungsteuer in Höhe von 60.930 Euro fest. Der Bescheid berücksichtigte einen geschätzten Grundstückswert in Höhe von 762.000 Euro.

Hiergegen wehrte sich der Antragsteller mit fristgemäß erhobenem Einspruch vom 12. September 2007.

Er verwies auf die Rückabwicklung des Kaufvertrages und reichte eine Schenkungsteuererklärung für die zweite Veräußerung des 49%igen Anteils vom 10. Mai 2007 ein. Gleichzeitig beantragte er die Aussetzung der Vollziehung. Nach seinen Berechnungen ergebe sich nunmehr keine Schenkungsteuer mehr.

Der Antragsgegner vertrat demgegenüber die Auffassung, dass der Vertrag vom 10. Mai 2007 die Schenkungsteuerpflicht der ersten Übertragung nicht berühre. Mit Bescheid 11. Oktober 2007 lehnte er die Aussetzung der Vollziehung ab.

Daher hat der Antragsteller sich unter dem 18. Januar 20...

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