Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerbarkeit eines Verzichts auf eine Mietgarantie

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Verzicht auf die Rechte aus einem Mietgarantievertrag stellt keine steuerbare sonstige Leistung dar, wenn die dauerhafe Erfüllung der Mietgarantie aus finanziellen Gründen scheitert und der Garantiegeber ansonsten die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen müsste, so dass der Mietgarantieanspruch keine wirtschaftlich werthaltige Forderung mehr darstellt.

2. Der bloße Erlass einer umfangreicheren, später zu zahlenden Geldforderung ist jedenfalls dann keine Zuwendung eines umsatzsteuerlichen Vorteils, wenn die sofortige Zahlung letztlich nur eine Einigung über die nach Auffassung beider Parteien endgültig gescheiterte Vertragserfüllung ist.

3. Aufgrund der rein versicherungstechnischen Anknüpfung der Ersatzleistung aus dem Mietgarantievertrag an einen geplanten Vermietungsumsatz ist der Tatbestand „Leistung gegen Entgelt” nicht erfüllt.

4. Wegen der Versicherungsähnlichkeit der Mietgarantie ist die Abstandszahlung auch kein Entgelt für die teilweise umsatzsteuerpflichtíg geplante Vermietungsleistung.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 3 Abs. 9 S. 2

 

Tenor

Der Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 20. Dezember 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Dezember 2003 wird dahingehend geändert, dass die Zahlung der W GmbH an den Kläger i.H.v. 800.000 DM nicht der Umsatzsteuer unterworfen wird.

Die Berechnung der geänderten Umsatzsteuer wird dem Beklagten aufgegeben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Der Kläger (Kl) erwarb mit Kaufvertrag vom 17. Dezember 1996 ein Grundstück in C für rund 7,7 Mio. DM. Verkäuferin war die W GmbH (W GmbH), die ein Wohn- und Geschäftshaus auf dem Grundstück errichtete. Neben dem Kaufvertrag schlossen der Kl und die W GmbH einen Mietgarantie- und Mietvermittlungsvertrag, der am 1. Januar 1998 mit einer Laufzeit von 10 Jahren beginnen sollte (Anlage 4 des Kaufvertrages). Die W GmbH garantierte dem Kl darin eine monatliche Garantiemiete von 47.505 DM netto. Für die Garantieübernahme zahlte der Kl an die W GmbH 300.000 DM. Zur Absicherung der Garantieverpflichtung stellte die W GmbH dem Kl eine Bankbürgschaft über 570.000 DM.

Schwierigkeiten bei der Vermietung des Objekts und die dadurch drohende Inanspruchnahme aus der Mietgarantie führten zu der Gefahr der Insolvenz der W GmbH, die bereits die erste Garantiemiete für den Januar 1998 nicht zahlte und weiter in Verzug geriet. Daraufhin schlossen der Kl und die W GmbH am 28. Mai 1998 eine Vereinbarung, in der sie den Mietgarantievertrag im gegenseitigen Einvernehmen rückwirkend zum Jahresende 1997 aufhoben. Hierfür zahlte die W GmbH dem Kl eine Abstandssumme von 800.000 DM. Im Gegenzug erhielt sie die Bankbürgschaft über 570.000 DM zurück. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vereinbarung vom 28. Mai 1998 verwiesen (Bl. 129 d. Betriebsprüfungshandakte).

Der Kl unterwarf die Zahlung der 800.000 DM in seiner Umsatzsteuererklärung 1998 nicht der Umsatzsteuer. Nach Durchführung einer Umsatzsteuersonderprüfung vertrat das beklagte Finanzamt (FA) die Auffassung, die 800.000 DM seien das Bruttoentgelt für einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz des Kl und erließ am 20. Dezember 2001 einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid 1998.

Mit seinem hiergegen gerichteten Einspruch machte der Kl geltend, die Zahlung der 800.000 DM sei nicht steuerbarer Schadensersatz für die Nichterfüllung der Mietgarantie. Im übrigen sei die Abstandszahlung für die Abgeltung der Mietgarantie umsatzsteuerlich nicht anders zu behandeln als die nicht steuerbare Mietgarantiezahlung selbst. Das FA wies den Einspruch mit Entscheidung vom 17. Dezember 2003 zurück. Der Kl habe mit der einvernehmlichen Vertragsaufhebung auf seinen Erfüllungsanspruch aus dem Mietgarantievertrag verzichtet und damit eine sonstige steuerbare und steuerpflichtige Leistung erbracht, für die die W GmbH 800.000 DM bezahlt habe.

Der Kl hat am 14. Januar 2004 Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen, dass die Abstandszahlung echter Schadensersatz sei, weil die W GmbH die Garantieleistung aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse nicht habe erfüllen können und sie hierfür schadensersatzpflichtig geworden sei. Die Qualifizierung als Schadensersatz werde nicht durch die einvernehmliche Einigung über dessen Höhe ausgeschlossen. Aber selbst wenn man in der Aufhebung des Mietgarantievertrages gegen Abstandszahlung eine Verzichtsleistung sehen würde, wäre diese nicht steuerbar. Hätte die W GmbH ihre Garantieverpflichtung erfüllt, wären die Ersatzzahlungen für die gescheiterte Vermietung keine Leistung gegen Entgelt und damit nicht steuerbar gewesen. Nach dem Grundsatz der Vertragseinheit müsse die Rückabwicklung einer nicht steuerbaren Leistung ebenso behandelt werden wie die nicht steuerbare Leistung selbst, auch wenn hierfür eine Abfindung bezahlt werde.

Der Kl beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 20. Dezember 2001 in Gestal...

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