rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine zusätzliche Verfahrensgebühr bei Wiederaufnahme des Verfahrens. keine Erledigungsgebühr ohne anwaltliche Mitwirkung an der Erledigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es entsteht keine (zusätzliche) Verfahrensgebühr für eine neue Angelegenheit nach Nr. 3200 VV-RVG, wenn ein gerichtliches Verfahren – in welcher Konstellation auch immer – (erst) nach mehr als zwei Jahren fortgesetzt wird. Es liegt dann immer noch dieselbe Angelegenheit vor. Von einer Erledigung i. S. d. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG kann nicht ausgegangen werden.

2. Eine neue Angelegenheit i. S. d. § 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO liegt nicht schon dann vor, wenn die Vergütung des Rechtsanwalts für den bisherigen Auftrag gem. § 16 BRAGO fällig geworden ist.

3. Voraussetzung für das Entstehen einer Erledigungsgebühr ist, dass der Rechtsanwalt über die bloße Erfüllung des Verfahrensauftrags hinaus zusätzlich Besonderes gerade mit dem Ziel der Erledigung der Rechtssache ohne streitige Entscheidung des Gerichts geleistet hat, ohne das es zu der Erledigung in dieser Sache nicht gekommen wäre. Allein die Einlegung des Rechtsbehelfs und dessen Begründung reicht für die Bejahung des Tatbestands „durch anwaltliche Mitwirkung” regelmäßig nicht aus.

 

Normenkette

RVG § 61 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 5 S. 2, § 8 Abs. 1, § 2 Abs. 2 S. 1; VV-RVG Nrn. 3200, 1002, 7002; BRAGO § 13 Abs. 5 S. 2, §§ 16, 24, 26, 27 Abs. 1 Nrn. 1-4; ZPO § 91 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

1. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

3. Die gerichtlichen Auslagen trägt die Erinnerungsführerin.

 

Tatbestand

I.

Die Erinnerungsführerin war Klägerin im Verfahren 13 K 203/04 wegen Kindergeld. Die Klageschrift vom 25. Juni 2004 ging am 28. Juni 2004 beim Finanzgericht ein. Mit Verfügung vom 23. Juli 2008 verwies das Gericht darauf, dass die Klage in der Sache Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Die Erinnerungsgegnerin, die Beklagte im Verfahren 13 K 203/04, entsprach dem Klagebegehren daraufhin mit geänderten Bescheid vom 7. August 2008. Anschließend erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Mit Beschluss vom 1. September 2008 wurden die Kosten des Verfahrens der Erinnerungsgegnerin auferlegt.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 30. Dezember 2009 machte die Erinnerungsführerin, für das Verfahren vor dem Finanzgericht in Bezug auf den „Tätigkeitszeitraum Juni 2004/November 2004” eine Prozessgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 der bis zum 30. Juni 2004 gültigen Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) in Höhe von 18,75 EUR, Auslagen gemäß § 26 BRAGO in Höhe von 3,75 EUR sowie Schreibauslagen gemäß § 27 BRAGO in Höhe von 11,50 EUR und in Bezug auf den „Tätigkeitszeitraum Juli 2008/November 2008” eine 1,6-fache Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) in Höhe von 40,00 EUR, eine 1,5-fache Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1002 VV-RVG in Höhe von 37,50 EUR sowie Auslagen nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von 15,55 EUR und die Umsatzsteuer aus alledem geltend. Die Erinnerungsgegnerin trat dem entgegen. Gebühren in derselben Angelegenheit könnten nur einmal gefordert werden (§ 13 Abs. 2 BRAGO). Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen.

Durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2. März 2010 stellte die Urkundsbeamtin einen an die Erinnerungsführerin zu erstattenden Kostenbetrag in Höhe von 34,21 EUR fest. Dieser Betrag setzt sich aus einer Prozessgebühr in Höhe von 25,00 EUR, einer Pauschale für Post- und Kommunikationsleistungen in Höhe von 3,75 EUR und einer erstattungsfähigen Umsatzsteuer in Höhe von 5,46 EUR zusammen. Die beantragte Verfahrensgebühr sah die Urkundsbeamtin neben der Prozessgebühr nicht als erstattungsfähig an, da innerhalb einer Angelegenheit die Gebühren nur einmal anfielen. Eine Erledigungsgebühr sei nicht zu erstatten. Der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführerin habe keine über die normale Prozessführung hinausgehende auf eine außergerichtliche Erledigung zielende Tätigkeit entfaltet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zum Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2. März 2010 verwiesen.

Am 10. März 2010 hat die Erinnerungsführerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Erinnerung eingelegt. Sie führt aus, dass die Post- und Telekommunikationsleistung gemäß § 26 BRAGO mit 5,00 EUR zu berücksichtigen sei. Die Erledigungsgebühr sei angefallen, weil ihr Prozessbevollmächtigter an der Erledigung des Rechtsstreits mitgewirkt habe. Im Schriftsatz vom 24. September 2004 habe er auf Seite 4 im dritten Absatz auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Dezember 2003 VIII R 76/99, BFH/NV 2004, 933, hingewiesen. Auf diese Entscheidung habe das Finanzgericht in seiner Mitteilung vom 24. Juli 2008 Bezug genommen. Dies habe zum Einlenken der Erinnerungsgegnerin geführt. Daher liege die für den Anfall der Erledigungsgebühr erforderliche Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten vor. Die Nichtberücksichtigung der g...

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