Nicht so in der Schweiz: Die Dauer des Unterhaltsanspruchs bestimmt sich gemäß Art. 125 Abs. 2 ZGB danach, bis zu welchem Zeitpunkt es dem Unterhaltsberechtigten nicht zumutbar ist, für sein eigenes Auskommen zu sorgen.[78] Eine schematische Koppelung der Zeit, während der Unterhalt zu leisten ist, an die Dauer der Ehe ist nicht zulässig. Vielmehr ist die Dauer der Unterhaltszahlung aufgrund einer individuellen Prognose, unter Beachtung aller maßgeblichen Gesichtspunkte und konkreten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen.[79] Dabei bleibt es, ohne dass dies besonders hinterfragt würde, auch dann, wenn die Unterhaltsbedürftigkeit auf die Pflege und Erziehung minderjähriger Kinder zurückzuführen ist. In der Praxis bedeutet das, dass der Unterhaltsanspruch ganz überwiegend befristet wird, bis das jüngste Kind 16 Jahre alt ist, ggf. verlängert um die voraussichtliche Dauer einer beruflichen Wiedereingliederung.[80] Die durchschnittliche Dauer der Unterhaltszahlung umfasst in der Schweiz, rechtstatsächlichen Untersuchungen zufolge, Zeiträume zwischen etwa fünf und zehn Jahren.[81] Unbefristete Unterhaltsrenten werden nur ausnahmsweise, bei Vorliegen besonderer Umstände, zugesprochen.[82]

[78] Vgl. Schwenzer, FamKomm Scheidung (2. Aufl. 2011), Art. 125 Rn 36.
[79] Vgl. BGer, Urt. v. 28.4.1983 – BGE 109 II 286, E. 5b.
[80] Vgl. beispielsweise:
BGer, Urt. v. 14.11.2008 – 5A.210/2008 – (in BGE 135 III 158 bzw. FamPra.ch 2009, 475 nur teilweise abgedruckt): Befristung des Unterhaltsanspruchs auf 8 Jahre ab Rechtskraft der Scheidung; das jüngste der drei Kinder wird zu diesem Zeitpunkt 19 Jahre alt sein. Grund für die Verlängerung des Unterhalts über das 16. Lebensjahr des Kindes hinaus sind die Schwierigkeiten der Unterhaltsberechtigten bei der beruflichen Wiedereingliederung: Bei Fristende wird sie bereits deutlich über 50 Jahre alt sein; von ihr wird erwartet, dass sie ihr bisher geringfügiges, 17 %iges Teilpensum als Mundartlehrerin im Kindergarten aufstockt, daneben eine Zusatzausbildung als Englischlehrerin absolviert, um Grundschullehrerin werden zu können und diese Stelle sodann auf eine Vollzeittätigkeit erweitert (E. 3.3.2 bis 3.4). Vgl. ausführl. zur Frage einer beruflichen Wiedereingliederung älterer Unterhaltsberechtigter Egli, FamPra.ch 2008, 772 (780 f.);
BGer, Urt. v. 4.7.2007 – 5A.100/2007: Befristung des Unterhaltsanspruchs der Unterhaltsberechtigten, die in der Schweiz bislang noch keine nennenswerte Berufserfahrung sammeln konnte, auf 8 Jahre ab Rechtskraft der Scheidung; die zu betreuende Tochter wird dann 16 Jahre alt sein;
BGer, Urt. v. 10.1.2007 – 5C.237/2006, ZBJV 2008, 563 f.: Befristung des Unterhaltsanspruchs auf 5 Jahre ab Rechtskraft der Scheidung, bis das aus der Ehe hervorgegangene Kind 16 Jahre alt sein wird.
[81] Vgl. Schwenzer, FamKomm Scheidung (2. Aufl. 2011), Art. 125 Rn 36; Egli, FamPra.ch 2008, 772 (782).
[82] Vgl. etwa:
BGer, Urt. v. 14.9.2005 – 5C.171/2005: Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 3.000 CHF (ca. 2.500 EUR) bis die Unterhaltsberechtigte, die zwei behinderte Kinder betreut, das Rentenalter erreicht; Begrenzung auf 1.200 CHF (ca. 1.000 EUR) bis auch der Unterhaltspflichtige das Rentenalter erreicht und danach 1.000 CHF (ca. 830 EUR). Die Zuerkennung einer lebenslänglichen Unterhaltsrente wurde damit begründet, dass die Unterhaltsberechtigte über die Betreuung der behinderten Kinder hinaus gesundheitlich beeinträchtigt ist, sie im Zeitpunkt, zu dem die Kinder volljährig sein werden, 54 Jahre alt und dann seit insgesamt 24 Jahren aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sein wird, so dass von ihr allenfalls eine Teilzeittätigkeit erwartet werden könne, wohingegen der Unterhaltsverpflichtete in guten finanziellen Verhältnissen lebe (E. 4.3);
BGer, Urt. v. 2.3.1989 – BGE 115 II 6: Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 2.000 CHF (ca. 1.660 EUR) für eine Dauer von 10 Jahren ab Rechtskraft der Scheidung und anschließend unbefristet 1.000 CHF (ca. 830 EUR). Zur Begründung, weshalb nach dem Ende der Betreuungsbedürftigkeit der beiden Kinder unbefristet weiter Unterhalt zu zahlen ist, wird auf die lange Ehedauer von rund 20 Jahren verwiesen und darauf, dass die Unterhaltsberechtigte in diesem Zeitpunkt etwa 50 Jahre alt sein wird. Weiter wird darauf verwiesen, dass die Unterhaltsberechtigte infolge der Scheidung weder am überdurchschnittlich guten Einkommen des Pflichtigen noch an dessen Altersvorsorge weiter partizipiere, sondern sich eine eigene Altersvorsorge erst aufbauen müsse. Neben den guten finanziellen Verhältnissen des Pflichtigen sei auch zu berücksichtigen, dass dessen ehebrecherisches Verhalten zum Scheitern der Ehe geführt habe (E. 6).

S. weiter Egli, Nachehelicher Betreuungsunterhalt – ein Streiflicht auf die Gerichtspraxis der Nordwestschweiz, in: Büchler/Müller-Chen (Hrsg.), Festschrift Schwenzer (2011), S. 451 (458); Schwenzer, FamKomm Scheidung (2. Aufl. 2011), Vor Art. 125 Rn 10.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge