Zwischen Ehegatten mit muslimischem Hintergrund kommt es im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung vielfach auch zum Streit über die Brautgabe. Bei dieser handelt es sich um eine Vermögensleistung, zu deren Erbringung sich der Mann der Frau gegenüber anlässlich der Eheschließung verpflichtet. Die Vereinbarung einer Brautgabe entspricht islamischer Rechtstradition und ist in islamisch geprägten Gesellschaften fester Bestandteil der Hochzeitsfeierlichkeiten. Getroffen wird die diesbezügliche Absprache zwischen den Ehegatten entweder im Rahmen der muslimisch-religiösen Trauungszeremonie oder im Zusammenhang mit der Eheschließung vor dem Heiratsnotariat.[1]

Gegenstand und Höhe der Brautgabe ist Sache individueller Vereinbarung der Ehegatten. Regelmäßig gehören zu dieser ein Buch des Koran, ein Spiegel und ein Paar Kerzenhalter. Während die Übergabe dieser Dinge vor allem symbolischen Charakter hat, ist die Verpflichtung zur Zahlung des als Brautgabe versprochenen Geldbetrages – zu erbringen oft in Form von Goldmünzen – für die Ehegatten von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung. Auch wenn die Ehegatten zur Fälligkeit der Zahlung keine hinausschiebende Bestimmung getroffen haben und damit sofortige Leistung geschuldet ist, erfolgt diese in aller Regel weder bei der Eheschließung noch während des Bestehens der Ehe. Thematisiert und von den Ehefrauen gefordert wird die als Brautgabe vereinbarte Geldzahlung beziehungsweise die Übergabe der versprochenen Münzen in der Regel erst beim Scheitern der Ehe.

Das passt von der Sache her insofern, als es der heutigen Funktion der Brautgabe entspricht. Deren Sinn und Zweck nämlich ist, die Ehefrau im Fall der Auflösung der Ehe – sei es durch Scheidung, sei es durch den Tod des Mannes – wirtschaftlich abzusichern.[2] Notwendig ist die Absicherung im Hinblick darauf, dass die islamischen Rechtsordnungen auf Gütertrennung basieren und einen Ausgleich des von den Ehegatten in der Ehe erwirtschafteten Vermögens nicht vorsehen.[3] Hinzu kommt, dass das islamisch geprägte Recht nur in sehr begrenztem Umfang – regelmäßig nur rund drei Monate lang – eine nacheheliche Unterhaltspflicht des Ehemannes anerkennt und die Brautgabe insofern auch der laufenden Versorgung der Frau nach der Scheidung zu dienen bestimmt ist.[4] Die der Brautgabe früher zugeschriebenen Funktionen – Ausgleich für die Gehorsamspflicht der Frau in der Ehe und Schutz vor der Verstoßungsscheidung durch den die Zahlungseinforderung befürchtenden Mann – sind mit zunehmender Anerkennung der Rechte der Ehefrauen in den Hintergrund getreten.[5]

[1] Vgl. Sachverhalte BGH FamRZ 1987, 463 (bei Trauung in Deutschland vor dem islamischen Geistlichen); OLG Zweibrücken FamRZ 2007, 1555 (bei Eheschließung vor dem iranischen Heiratsnotariat in Sh.-Ray); OLG Köln FamRZ 2016, 720 (bei Eheschließung vor dem Heiratsnotariat in Teheran); OLG Hamm FamRZ 2016, 1926 (bei Eheschließung vor dem Scharia-Gericht in Beirut).
[2] Wurmnest, RabelsZ 2007, 527 (538); Henrich, FamRZ 2015, 409; dem folgend BGHZ 183, 287 = BGH FamRZ 2010, 533, 534; OLG Köln FamRZ 2015, 720.
[3] Yassari, Die Brautgabe im Familienvermögensrecht, 2014, S. 80, 197.
[4] Yassari, Die Brautgabe im Familienvermögensrecht, 2014, S. 77, 211.
[5] Niemals zutreffend war die Ansicht, die Brautgabe sei eine Art Kaufpreis für die Nutzung des Körpers der Frau durch den Mann, so aber OLG Hamburg FamRZ 2004, 459 unter Hinweis auf ein singuläres, im Widerspruch zum islamischen Schrifttum stehendes ethnologisches Werk, dazu Wurmnest, FamRZ 2005, 1878.

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