VersAusglG § 17 § 45 Abs. 1; BetrAVG § 4 Abs. 5; HGB § 253 Abs. 2 S. 2; BilMoG

Leitsatz

Zur Wahl des Diskontierungszinssatzes, mit dem der Gesamtwert aller künftig zu erwartenden Versorgungsleistungen bei einer betrieblichen Direktzusage im Rahmen der Ermittlung eines Kapitalwerts nach § 45 Abs. 1 VersAusglG i.V.m. § 4 Abs. 5 BetrAVG auf das Ende der Ehezeit als Bewertungsstichtag abgezinst wird.

BGH, Beschl. v. 9.3.2016 – XII ZB 540/14 (OLG Karlsruhe, AG Weinheim)

Anmerkung

Anm. der Red.: Die Entscheidung ist abgedruckt in FamRZ 2016, 781.

2 Anmerkung

In dem lang erwarteten Beschluss vom 9.3.2016 hat der BGH vor dem Hintergrund des Halbteilungsprinzips zur Frage des richtigen Rechnungszinssatzes bei der ehezeitlichen Barwertbildung von Anrechten entschieden, die auch gem. § 17 VersAusglG im Wege der externen Teilung ausgeglichen werden können.

Seit Einführung des nunmehr im siebten Jahr maßgebenden Versorgungsausgleichsgesetzes war es nämlich unstreitig, dass die bei externer Teilung auftretenden Renten- bzw. Kapitaltransferverluste hauptsächlich auf die Zinsdifferenz bei der Barwertberechnung und Rückrechnung des entsprechenden Barwerts in einen Renten- oder Kapitalwert zurückzuführen sind.[1]

Die Frage war, ob die auftretenden Transferverluste bei externer Teilung ein Ergebnis des Willens des Gesetzgebers und somit hinnehmbar sind oder ob der Transferverlust durch gerichtliche Vorgaben des vom Versorgungsträger bei der ehezeitlichen Barwertbildung anzuwendenden Rechnungszinssatzes gemindert werden kann.[2]

Der BGH hat sich in der Entscheidung eindeutig für die Anwendung des sog. BilMoG-Zinssatzes gem. § 253 Abs. 2 S. 1 HGB als maßgebenden Rechnungszinssatz ausgesprochen. Er verneint damit die Korrekturmöglichkeit durch die Gerichte durch Festsetzung eines niedrigeren, eines marktadäquaten Rechnungszinssatzes.[3] Mit seiner Entscheidung folgt der BGH der Auffassung des Gesetzgebers, dass der Versorgungsträger in der Wahl des Zinssatzes frei ist,[4] sofern dem auszugleichenden Anrecht kein tatsächlicher Zinssatz vorliegt.[5] Der BGH trennt somit gem. § 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG klar die Halbteilung des ehezeitlichen Barwerts bzw. Kapitals von der Halbteilung des ehezeitlichen Rentenanrechts.[6]

Beachtenswert sind in der BGH-Rechnungszinsentscheidung die Ausführungen unter Randziffer 60, wonach weiterhin das Stichtagsprinzip bei der Bestimmung des Rechnungszinssatzes maßgebend ist. Damit ist der häufig von den Versorgungsträgern verwandte Rechnungszins der letzten Handelsbilanz, der um ein paar Zehntel Prozentpunkte höher ausfallen kann, hinfällig. Bei den derzeit (noch) fallenden BilMoG-Zinssätzen sollte man daher bei den Auskünften unbedingt auf die Anwendung des korrekten, stichtagsbezogenen Rechnungszinssatzes achten. Falls die Marktzinsen zukünftig wieder steigen (sollten), werden, davon ist auszugehen, die Versorgungsträger von sich aus bei der Barwertberechnung den stichtagsbezogenen Rechnungszins per Ehezeitende anwenden.

Nicht berücksichtigen konnte die BGH-Entscheidung das am 16.3.2016 in Kraft getretene "Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und Änderungen handelsrechtlicher Vorschriften".

BT-Drucks 84/16 v. 19.2.2016.

Nach diesem Gesetz können die betrieblichen Versorgungsträger den BilMoG-Zinssatz errechnet mit zehn- anstelle mit siebenjähriger Durchschnittsbildung bei der Barwertbildung verwenden, um den Druck auf die Rückstellungen bei der derzeitigen Niedrigzinsphase zu mindern, für 2015 besteht ein Wahlrecht! Dieses Gesetz verschärft noch den Transferverlust, da der Rechnungszins bei zehnjähriger Durchschnittsbildung signifikant höher ausfällt als bei siebenjähriger Durchschnittsbildung. Die Zinsdifferenz beträgt z.B. für 30.6.2016 0,65 % Punkte (3,52 % / 7 Jahre zu 4,17 % / 10 Jahre), dies kann sich auf den Barwert im Umfang von 15 % bis 35 % auswirken.

Der BilMoG-Zinssatz wird seit 12/2008 von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht. Keinen Hinweis kann man der BGH-Rechnungszinsentscheidung dahingehend entnehmen, welcher Rechnungszinssatz bei der ehezeitlichen Barwertberechnung maßgebend sein soll, wenn das Ehezeitende vor Dezember 2008 datiert, so z.B. in Abänderungsfällen gem. § 51 VersAusglG. In der Praxis geht in diesen Fällen die Tendenz zur Anwendung des erstveröffentlichten Zinssatzes von 5,25 %, der jedoch vom aktuellen Rechnungszinssatz (s.o.) deutlich abweicht.

Keinen Hinweis hat der BGH in der Entscheidung dahingehend erteilt, ob bei der ehezeitlichen Barwertbildung betrieblicher Pensionsanrechte auch der sog. Rententrend, d.h. die Anpassung laufender betrieblicher Versorgungsleistungen gem. § 16 BetrAVG zu berücksichtigen ist. In seiner Entscheidung musste der BGH hierzu auch keine Stellung nehmen, da bereits ein Rententrend von 2,0 % eingepreist war. Auch diesbezüglich wurde zwischenzeitlich Rechtsbeschwerde beim BGH eingelegt.[8] Immerhin verändert ein Rententrend von 1,0 % gem. § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG den ehezeitlichen Barwert im Bereich 10 % bis 15 %.

Es war nicht überraschend, dass die vorstehende...

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