1. Anlass der Untersuchung

In einem jüngst ergangenen Urteil des BGH[1] findet sich der Hinweis für das Berufungsgericht, an das die Sache zurückverwiesen wurde, dass es Gelegenheit habe, "den Unterhalt der Beklagten (sc. der unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehefrau) nach Maßgabe der geänderten Senatsrechtsprechung[2] (sc. Drittelmethode nicht beim Bedarf, sondern bei der Leistungsfähigkeit) gemäß §§ 1578, 1581 BGB erneut zu bestimmen, bevor es über die Frage der Unterhaltsbegrenzung nach § 1578b BGB entscheidet". Der BGH begründet diese Ansicht nicht. Es ist von grundsätzlicher Bedeutung, ob zuerst die Frage der Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB und dann die Beschränkung des Anspruchs nach § 1578b BGB zu prüfen oder ob in umgekehrter Reihenfolge zu verfahren ist. Dabei ist die Frage zu beantworten, ob die Drittelmethode im Rahmen von § 1581 BGB berechtigt ist.

[2] BGH FamRZ 2012, 281 (m. Anm. Borth, S. 253) = NJW 2012, 384 (m. Anm. Hoppenz, S. 819); dazu FF 2012, 118 Anm. Born.

2. Herabsetzung nach § 1579 und nach § 1581 BGB

Dasselbe Problem wie zum Verhältnis von § 1578b BGB zu § 1581 BGB stellt sich, wenn ein Unterhaltsanspruch nach § 1579 BGB herabzusetzen und außerdem die Leistungsfähigkeit im Sinn von § 1581 BGB beschränkt ist. Aufgrund des Aufbaus des Gesetzes und den Grundsätzen der Logik wird man zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass zuerst § 1579 BGB und dann § 1581 BGB zu prüfen ist. § 1579 steht in "Kapitel 2 Unterhaltsberechtigung", § 1581 in "Kapitel 3 Leistungsfähigkeit und Rangfolge". Die Herabsetzung nach § 1579 BGB kann zur Folge haben, dass der Unterhaltsverpflichtete diesen Unterhalt, anders als den vollen, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts im Sinn von § 1581 BGB leisten kann und sich damit die Prüfung erübrigt, welchen Unterhalt er nach Billigkeit zu leisten braucht.

Die Anwendung von § 1579 BGB hat nichts mit der Frage zu tun, ob der Schuldner auch seiner neuen Ehefrau unterhaltspflichtig ist. Sie betrifft allein die Frage, ob sich der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte treuwidrig verhält, wenn er den anderen Ehegatten auf den vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 BGB (oder den nach § 1578b BGB beschränkten Unterhalt) in Anspruch nimmt und damit Solidarität verlangt, obwohl er sich selbst nicht entsprechend beträgt, sondern ihm ein treuwidriges Verhalten vorzuwerfen ist, wie es in den einzelnen Tatbeständen der Vorschrift des § 1579 BGB näher beschrieben ist. Wird vor Heranziehung von § 1579 BGB die Drittelmethode angewandt, bedeutet dies, dass nicht der Unterhalt nach § 1578 (oder § 1578b) BGB, für den nach dem 2. Kapitel die Unterhaltsberechtigung besteht, wegen des Verhaltens des Unterhaltsberechtigten eingeschränkt wird, sondern ein aus Gründen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten gemäß § 1581 BGB nach dem 3. Kapitel verminderter Unterhalt. Gegenstand des Unterhaltsausschlusstatbestands ist Unterhalt in Höhe des Bedarfs nach § 1578 (oder § 1578b) BGB. Bei vorheriger Anwendung von § 1581 BGB wird verdeckt ein nach der Drittelmethode ermittelter Bedarf gemäß § 1579 BGB gekürzt. Dies ist mit der Entscheidung des BVerfG[3] nicht zu vereinbaren, mit der dieses die Drittelmethode bei der Bedarfsbemessung als verfassungswidrig beanstandet hat.

Für die im gleichen 2. Kapitel stehende Bestimmung des § 1578b BGB kann im Verhältnis zu § 1581 BGB nichts anderes gelten als für § 1579 BGB. Beide Vorschriften sind Härteregelungen, nach denen der volle Anspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen beschränkt werden kann. Soweit sich die Tatbestände unterscheiden, ist dies für das Verhältnis zu § 1581 BGB unerheblich. In beiden Fällen geht es um die Beziehung unter den geschiedenen Ehegatten, zu der nicht die neue Ehe des Verpflichteten gehört. Zu § 1578b BGB hat dies das BVerfG[4] ausdrücklich entschieden. Die Ausdrucksweise des BGH, wonach der "Unterhalt nach §§ 1578, 1581 BGB" zu bestimmen ist, bevor über die Frage der Unterhaltsbegrenzung nach § 1581 BGB zu entscheiden ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in § 1578b BGB um den an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierten Bedarf, nicht um den Unterhalt nach Leistungsfähigkeit geht. Der eheangemessene Bedarf, nicht der an der wirtschaftlichen Lage des Verpflichteten orientierte Unterhalt, ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn der volle Unterhalt unbillig wäre. Die Ansicht des BGH, dass der Anspruch nach §§ 1578, 1581 BGB herabzusetzen sei, widerspricht Aufbau, Wortlaut und Sinn des Gesetzes und bedeutet nichts anderes als ein Festhalten an der vom BVerfG beanstandeten Drittelmethode bei der Bedarfsbemessung.

3. Andere neue Verbindlichkeiten als Unterhalt gegenüber dem neuen Ehegatten

Gegen die Ansicht, dass die Vorschrift des § 1578b BGB erst anzuwenden ist, nachdem der "Unterhalt nach §§ 1578, 1581 BGB" bestimmt ist, bestehen nicht nur in den Fällen Bedenken, in denen der BGH wegen der Unterhaltsver...

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