BGB § 1361; BBesG § 58a a.F.; AuslVZV § 2

Leitsatz

1. Der Auslandsverwendungszuschlag, den ein in Afghanistan eingesetzter Berufssoldat bezieht, ist nicht in voller Höhe zum unterhaltsrechtlich maßgebenden Einkommen zu rechnen. In welchem Umfang der Zuschlag für den Unterhalt heranzuziehen ist, ist unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (amtlicher Leitsatz).

2. Solange die rechtliche Vaterschaft des Unterhaltsberechtigten besteht, ist dieser zur Zahlung von Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB verpflichtet, auch wenn er unstreitig nicht der biologische Vater des Kindes ist.

3. Eine Herabsetzung des Mindestbedarfs bis auf den notwendigen Lebensbedarf kommt nach sozialrechtlichen Grundsätzen in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte in einer neuen Lebensgemeinschaft wohnt, dadurch Kosten für die Wohnung oder die allgemeine Lebensführung erspart und sich deswegen auch sozialhilferechtlich auf einen – im Rahmen seiner Bedarfsgemeinschaft – geringeren Bedarf verweisen lassen muss.

4. Ist ein Verwirkungstatbestand des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB erfüllt, so ist nach § 11 S. 4 BEEG auch das Elterngeld als Einkommen der Unterhaltsberechtigten einzubeziehen. Auch eine Vergütung für haushälterische Versorgungsleistungen, die für den neuen Partner im Rahmen der begründeten Lebensgemeinschaft erbracht werden, ist anzurechnen. Diese Einkünfte sind bei der Prüfung, ob die Wahrung der Belange der Kinder einer Unterhaltsversagung oder -herabsetzung entgegensteht, unter Berücksichtigung der sich aus dem Zusammenleben ergebenden Vorteile in die Abwägung einzubeziehen.

5. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Unterhaltsberechtigte mit ihrem neuen Partner in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt, kann ein gemeinsames Kind aus dieser Verbindung ebenso wie der Umstand des Zusammenlebens in einer gemeinsamen Wohnung dazu führen, dass bereits vor einer Dauer von zwei bis drei Jahren vom Vorliegen des Tatbestandes des § 1579 Nr. 2 BGB auszugehen ist.

(Leitsätze der Redaktion)

BGH, Urt. v. 18.4.2012 – XII ZR 73/10 (OLG Frankfurt/M., AG Melsungen)

1 Tatbestand:

Die Parteien streiten noch um Trennungsunterhalt für die Zeit vom 1.1.2009 bis zur Rechtskraft der Scheidung am 8.12.2009.

Die 1977 geborene Klägerin und der 1975 geborene Beklagte schlossen am 3.9.2004 die Ehe. Die gemeinsamen Töchter A. und M. sind am 10.6.2001 bzw. am 10.11.2004 geboren. Sie leben seit der Trennung der Parteien im Frühjahr 2008 bei der Klägerin. Diese geht keiner Erwerbstätigkeit nach.

Der Beklagte ist Berufssoldat im Dienstgrad eines Hauptfeldwebels. Er war bis zum Frühjahr 2010 insgesamt dreimal jeweils für ca. vier Monate in Afghanistan eingesetzt. Während des Einsatzes in der Zeit von November 2007 bis Februar 2008 nahm die Klägerin eine Beziehung zu einem anderen Mann auf. Im April 2008 zog sie mit den Kindern aus der ehelichen Wohnung, die sich in einem im Miteigentum der Parteien stehenden Einfamilienhaus befand, aus und bezog eine von ihr und ihrem neuen Partner angemietete Wohnung. Im Mai 2008 zog auch dieser in die Wohnung ein. Aus der Beziehung ist am 14.12.2008 ein Sohn hervorgegangen. Inzwischen hat die Klägerin ihren Partner geheiratet.

Der Beklagte ist ebenfalls eine neue Verbindung eingegangen. Seine neue Partnerin lebt seit Mai 2009 mit ihren beiden Kindern in dem Haus der Parteien.

Die Klägerin hat mit ihrer Klage für die Zeit vom 1.1.2009 bis zur Rechtskraft der Scheidung Trennungsunterhalt von monatlich 450,54 EUR sowie ergänzenden Kindesunterhalt verlangt. Der Beklagte ist dem Klagebegehren entgegengetreten. Er ist der Auffassung, der in Höhe von 92,03 EUR kalendertäglich bezogene Auslandsverwendungszuschlag sei seinem unterhaltsrelevanten Einkommen nicht hinzuzurechnen. Darüber hinaus sei der Klägerin der Unterhalt zu versagen, weil sie aus einer intakten Ehe ausgebrochen sei und eine verfestigte eheähnliche Gemeinschaft begründet habe.

Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung höheren Kindesunterhalts verurteilt und die Klage auf Trennungsunterhalt abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Urteil teilweise abgeändert und ihr Trennungsunterhalt von monatlich 385 EUR zuerkannt. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

2 Aus den Gründen:

Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. …

I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: …

II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. … Soweit die Revision beanstandet, dass der Vortrag des Beklagten, die Klägerin beziehe Elterngeld und Wohngeld, unberücksichtigt geblieben sei, bleibt diese Rüge ohne Erfolg.

a) Nach § 11 Satz 1 BEEG werden Unterhaltsverpflichtungen durch die Zahlung des Elterngeldes nur insoweit berührt, als die Zahlung 300 EUR monatlich übersteigt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mehr als den Mindestbetra...

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