1. Im Zuge der Güterrechtsreform wurde u.a. das negative Anfangsvermögen eingeführt. Schulden, die abgebaut werden, führen zu einer Erhöhung des Zugewinnausgleichs. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage – im Zweifel Anfangsvermögen 0 EUR (vgl. § 1374 Abs. 1 letzter Hs. BGB a.F.) – können sich jetzt Schulden auf den Zugewinnausgleich auswirken. Daher musste ein Auskunftsanspruch zum Anfangsvermögen eingeführt werden.

2. Völlig überraschend – und ohne dass dies vorher überhaupt diskutiert worden wäre – wurde durch den Rechtsausschuss eine zusätzliche Auskunftsverpflichtung über das Vermögen zum Trennungszeitpunkt eingeführt. Dieses Recht kann bereits mit der Trennung verfolgt werden. Natürlich gilt der Anspruch aber auch im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens (vgl. § 1379 Abs. 1 S. 2 BGB). Auf diese Weise sollte offenbar der vermuteten – in der Tat vielfach latent vorhandenen – Absicht entgegengewirkt werden, während der Trennungszeit, die eigene Vermögensbilanz zu "schönen". Diese Intention des Gesetzgebers war zwar gut gemeint. Bekanntlich ist dies aber ja das Gegenteil von gut. Bei besonnener Betrachtung hätte eine Vielzahl von praktischen Schwierigkeiten in der Umsetzung eigentlich vorhersehbar sein müssen. Beispielhaft seien hierbei nur folgende Probleme erwähnt:

a) In vielen Fällen ist die Trennung der Eheleute ein schleichender Vorgang. "Wir haben uns in den letzten Jahren auseinandergelebt." Diesen Satz wird ein Familienrechtler häufiger hören, als die Schilderung eines Auszuges der Ehefrau am Aschermittwoch nach den karnevalistischen "Aktivitäten" ihres Ehemanns. Dabei ist nahezu unstreitig,[5] dass der Trennungszeitpunkt taggenau angegeben und bewiesen werden muss. Die Auskunftsverpflichtung beschränkt sich auf diesen Tag. Sie erstreckt sich nicht auf Zeiträume. Der vorsichtige Auskunftspflichtige, der dieses Problem kennt, wird tunlichst keinen genauen Tag mehr für die Trennung angeben, sich vielmehr in vage Zeitwolken ("im Februar", "im Frühjahr") flüchten. Seit dem 1.9.2009 entstehen bei den Gerichten teilweise endlose Debatten und Beweisaufnahmen mit der Vernehmung von Verwandten, Lebensgefährten, Freunden, Nachbarn etc. über den Trennungszeitpunkt. All dies ist nie zielführend, weil die Trennung eben auch subjektive Elemente enthält,[6] die gerade einer objektiven Überprüfung nur schwer zugänglich sind. Solche Verfahren vergeuden die Zeit und Nerven der Beteiligten. Versuche, dieses Problem mittels eines Feststellungsantrages zum Trennungszeitpunkt zu lösen, müssen scheitern. Ein solcher Antrag kann nur zur Klärung von Rechtsfragen, nicht aber zur Feststellung eines Tatbestandes erhoben werden.[7] Außerdem ist Vorsicht geboten, wenn die Parteien eine Vereinbarung zum Trennungszeitpunkt treffen. Da hierdurch auf die Höhe der Zugewinnausgleichsforderung Einfluss genommen werden kann,[8] bedarf eine solche Absprache der notariellen Beurkundung (vgl. § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB). Derartige Vereinbarungen können im Vorfeld nicht ohne notarielle Beurkundung rechtswirksam abgeschlossen werden.[9]

b) Schon die eindeutige Rechtslage hat seit dem 1.9.2009 zu einer geradezu inflationären Vervielfältigung von Auskunftsansprüchen geführt. Mittlerweile werden nämlich wechselseitig 24 (!) Auskünfte geschuldet, als da sind:

  • Auskunft zum Anfangsvermögen, zum Endvermögen und zum Trennungszeitpunkt (3 Ansprüche).
  • Hierzu gehören dann die entsprechenden selbstständigen Wertermittlungsansprüche (weitere 3 Ansprüche).
  • Alle Ansprüche (6 Stück) erfolgen für jeden Ehegatten, (insgesamt also 12).
  • Auf Antrag sind für jeden Zeitpunkt Belege vorzulegen. Die Belege sind nach Art und Anzahl der Unterlagen so konkret zu bezeichnen, dass der Umfang der Verurteilung für das Vollstreckungsverfahren klar und eindeutig ist. Die genaue Bestimmung kann insbesondere nicht dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten bleiben.[10] Sofern diese Anforderungen nicht beachtet werden, ist der Titel wertlos! Da oftmals diese Belege spezifiziert erst verlangt werden können, nachdem die Auskunft erteilt ist und diese Belege auch auf die jeweiligen Stichtage bezogen werden müssen, verdoppelt sich erneut die Anzahl der Ansprüche. Vielfach lassen sich Belege nach langen Zeiträumen aber überhaupt nicht mehr beschaffen.

Bereits mit einem solchen "Antragschaos" konfrontiert, lässt sich der Zugewinnausgleich in der Auskunftsstufe formidabel torpedieren. Alle Beteiligten sind über Jahre hinweg alleine mit der Sondierung der Auskünfte beschäftigt. Das Gebührenaufkommen steht im umgekehrt proportionalen Verhältnis zu Aufwand und Gegenstandswert.[11] Sollte der Zugewinn unseligerweise noch im Verbund geltend gemacht worden sein – ohnehin i.d.R. ein anwaltlicher Kunstfehler![12] – kann das Scheidungsverfahren bis zum St. Nimmerleinstag hinausgezögert werden, sofern das Gericht einem Abtrennungsantrag nicht stattgibt und auch der Weg des vorzeitigen Zugewinnausgleichs übersehen wird.[13]

[5] Vgl. z.B. Bergschneider, FamRZ 2009, 1715; Braeuer, FamRZ 2010, 778; Erman/Budz...

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