In dem Zeitraum von 2014 bis 2017 hat es ausweislich der vorerwähnten Berichte des BMJV insgesamt 23 Entscheidungen auf dem Gebiet des Familienrechts, namentlich in Kindschaftssachen, gegeben, die der EGMR im Sinne der jeweiligen Beschwerdeführer entschieden hat, regelmäßig anders als das BVerfG, das die entsprechenden Verfassungsbeschwerden zuvor lediglich durch Nichtannahme gemäß § 93b BVerfGG verbeschieden hatte.

Davon betreffen mehr als die Hälfte, nämlich 14 Entscheidungen, ausdrücklich den Vorwurf überlanger Verfahren in Familiensachen, bei denen der EGMR eine Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK) bzw. des Rechts auf eine wirksame Beschwerde (Art. 14 EMRK) festgestellt hat. In 5 weiteren Verfahren, beginnend mit dem Fall "Görgülü", der nachfolgend noch wiederholt das BVerfG beschäftigte, wurde eine Verletzung der dem Staat nach Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) obliegenden Schutzpflicht bei gerichtlichen Auseinandersetzungen um Sorge- und Umgangsrecht im Einzelfall gerügt.

4 Urteile des EGMR befassen sich schließlich mit gesetzlichen Regelungen, nämlich mit dem Zustimmungsvorbehalt der Mutter nach § 1672 Abs. 1 BGB a.F. bei Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts sowie – mehrfach – mit der Stichtagsregelung nach Art. 10 Abs. 2 S. 1 des Nichtehelichengesetzes, und gelangen auch insoweit zu einer Konventionsverletzung durch den Mitgliedstaat Deutschland.

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