Mit dem VersAusglG hat der Gesetzgeber in den §§ 48, 51 Übergangsregelungen geschaffen, die vermehrt die Gerichte beschäftigen. Die Stichtagsregelung des § 48 VersAusglG hat kaum noch Bedeutung, da auch die Rechtsmittelverfahren überwiegend abgeschlossen sein sollten. Abgetrennte oder ausgesetzte Verfahren unterfallen nach § 48 Abs. 1 VersAusglG dem neuen Recht. Für rechtskräftige Altentscheidungen tritt an die Stelle der Totalrevision nach § 10a VAHRG a.F. die Vorschrift des § 51 VersAusglG, mit der sich der BGH in den letzten Jahren mehrfach beschäftigt hat.[1] Die Entscheidung des OLG Stuttgart erscheint auf den ersten Blick nicht zutreffend zu sein. Die Rechtsfolge, dass eine schon länger andauernde Kürzung aufgrund der neuen Vorschriften für die Zukunft entfällt, ist überraschend. Die systematisch sehr gut begründete Entscheidung ist jedoch folgerichtig und im Ergebnis zutreffend.

Da der Antragsteller im Jahr 2013 eine Neuberechnung des im Jahr 1979 entschiedenen Versorgungsausgleichs begehrte, kommt nur § 51 VersAusglG in Betracht, da die Abänderung einer Altentscheidung begehrt wurde. Die §§ 225, 226 FamFG sind nur dann anwendbar, wenn eine Entscheidung abgeändert werden soll, die nach dem VersAusglG entschieden wurde. Beschränkt ist in diesem Fall auch die Abänderung auf die in § 32 VersAusglG aufgelisteten Anrechte im Gegensatz zu der Abänderung nach § 51 VersAusglG. In beiden Fallgestaltungen ist zu beachten, dass der Abänderungsantrag frühestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt zulässig ist, ab dem ein Ehegatte voraussichtlich eine laufende Versorgung aus dem abzuändernden Anrecht bezieht oder dies aufgrund der Abänderung zu erwarten ist (§ 226 Abs. 2 FamFG). Da § 52 Abs. 1 VersAusglG auf diese Vorschrift verweist, ist damit zu rechnen, dass noch über Jahre hinaus Altentscheidungen zur Überprüfung gestellt werden. Durch die zeitliche Beschränkung ist aber nicht zu erwarten – wie in der Presse teilweise behauptet –, dass die Familiengerichte in einer Flut von Anträgen untergehen.

Da die Antragsgegnerin seit mehreren Jahren schon Leistungen aus dem Versorgungsausgleich bezogen hatte, wurde vom Leistungsträger die Zuständigkeit des FamG angezweifelt. Er wendet ein, anzuwenden sei nicht § 51 VersAusglG, sondern die Sonderregelung nach § 37 f. VersAusglG und für diese Fallgestaltung sei ausschließlich der Leistungsträger zuständig, nicht also das FamG (§ 38 VersAusglG).

Zutreffend führt das OLG aus, dass nach der in § 51 Abs. 1 VersAusglG umgesetzten gesetzgeberischen Entscheidung die wesentliche Wertänderung auch nur eines Anrechts zu einer sogen. Totalrevision führt, d.h. der gesamte Versorgungsausgleich wird nach den aktuellen Werten, bezogen auf die Ehezeit, nach dem seit dem 1.9.2009 gültigen Recht vollständig neu durchgeführt. Dies hat zur Folge, dass alle Anrechte der Altentscheidung ohne Rücksicht auf schon eingetretene Kürzungen oder Rentenzahlungen in einen Ausgleich nach den §§ 919 VersAusglG einzubeziehen sind. Hierbei sind Bewertungs- und Rechenfehler der Altentscheidung Grundlage der Prüfung.[2] Diese Totalrevision geht der Regelung in § 37 VersAusglG vor, die auch nur dann zur Anwendung kommt, wenn eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich nach neuem Recht ergangen ist. Bei dem Verfahren nach § 51 VersAusglG handelt es sich hingegen um eine Transformation in das neue Recht.

Verstirbt während des Transformationsverfahrens nach § 51 VersAusglG eine Partei und ist der Überlebende der insgesamt Ausgleichspflichtige, findet ein Ausgleich nach neuem Recht nicht statt, denn die Erben des Verstorbenen haben keinen Anspruch auf einen Ausgleich (§ 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG). Diese Vorschrift findet auch bei dem Verfahren nach § 51 VersAusglG Anwendung. Auf das Abänderungsverfahren sind die ergänzenden Vorschriften der §§ 28 ff. VersAusglG anzuwenden, worauf das OLG zutreffend hingewiesen hat.[3] Die Konsequenz dieser Systematik ist, dass eine verkürzte Zahlung aufgrund einer Sachentscheidung nach dem VersAusglG nicht erfolgen kann. Dass nach alter Rechtslage eine Kürzung schon eingetreten war, findet keine Fortsetzung im neuen Ausgleichsverfahren, denn die Anwendung des § 37 VersAusglG setzt eine positive Ausgleichsentscheidung nach dem VersAusglG voraus. Eine schon nach alter Rechtslage erfolge Kürzung der Versorgung ist nicht zu berücksichtigen, denn für die Fortgeltung einer Kürzung fehlt eine entsprechende Rechtsgrundlage.

Zutreffend hat das OLG auch die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, denn mit der vom BGH ausdrücklich gebilligten Anwendung des § 31 VersAusglG auf ein Transformationsverfahren ist die Rechtsfrage beantwortet, auch wenn das tatsächliche Ergebnis zunächst überrascht.

Dr. Peter Friederici, Vors. Richter am OLG a.D., Naumburg

FF 7/2015, S. 324 - 327

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