1. Der mit der Feststellung zu Fragen des Entzugs der elterlichen Sorge beauftragte Sachverständige, der nach Abschluss seiner Untersuchungen das Vorliegen einer akuten Kindeswohlgefährdung feststellt, welches einen Aufschub von Maßnahmen zum Schutz des Kindes bis zur schriftlichen Abfassung seines Gutachtens nicht gestattet, setzt sich nicht alleine dadurch dem Vorwurf der fehlenden Unvoreingenommenheit aus, dass er die zuständigen Behörden bereits vor Einreichung seines schriftlichen Gutachtens von der bestehenden Gefahrenlage in Kenntnis setzt, mit dem Ziel, dass Maßnahmen zum Schutz des Kindes getroffen werden können. Der Vorwurf der fehlenden Unvoreingenommenheit kann sich in einem solchen Fall aber daraus ergeben, dass der Sachverständige die von den zu treffenden Maßnahmen betroffenen Beteiligten an dem Verfahren nicht zeitnah von seinem Vorgehen in Kenntnis setzt und dadurch verhindert, dass sie sich gegen die aufgrund der Mitteilung des Sachverständigen zu treffenden Maßnahmen angemessen zur Wehr setzen können (OLG Hamm, Beschl. v. 30.1.2012 – 9 WF 56/11, FamRZ 2012, 894 [LS]).
  2. § 1684 BGB gestattet dem Familiengericht zwar weitgehende Anordnungen zur Durchführung und Sicherung des Umgangsrechts, nach allgemeiner Meinung jedoch nicht die Anordnung einer Familientherapie oder die Verpflichtung der Eltern zu psychologisch-pädagogischer Beratung oder Mediation. Die Vorschrift des § 156 Abs. 1 S. 4 FamFG, aus der sich möglicherweise etwas anderes ergeben könnte, ist im vorliegenden Fall (in dem das FamFG noch nicht zur Anwendung kam) nicht anwendbar (OLG Hamm, Beschl. v. 19.3.2012 – II-8 UF 43/12 = BeckRS 2012, 10098 m. Anm. van Els, FamFR 2012, 308).
  3. Voraussetzung der Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und der Übertragung der Alleinsorge auf einen Elternteil nach § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB sind neben dem Fehlen einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen beiden Elternteilen hieraus resultierende negative Auswirkungen auf das Kind. Hat die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge – beispielsweise wegen einer vom anderen Elternteil akzeptierten faktischen Alleinsorge eines Elternteils – keinerlei Auswirkungen auf das Befinden bzw. Empfinden des Kindes, ist ihr im Hinblick auf das verfassungsrechtlich geschützte Elternrecht der Vorzug zu geben vor einer Aufhebung der gemeinsamen Sorge (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 16.12.2011 – 4 UF 257/11 = BeckRS 2012, 10983 m. krit. Anm. Finke, FamFR 2012, 310).

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