Die mir gestellte Frage einfach zu bejahen, würde wahrscheinlich auf breite Zustimmung stoßen. Darüber nachzudenken, ob unser Zugewinnausgleich wirklich zeitgemäß ist, löst eher Verwunderung aus. Im Bewusstsein, dass ich – auf den ersten Blick – gegen den Mainstream argumentiere, soll mein Beitrag dazu dienen, die Diskussion anzuregen und für eine Weiterentwicklung des vermeintlich mit der jüngsten Reform ausgereizten Güterrechts zu plädieren.

Die Frage impliziert natürlich ein Verständnis dessen, was als "zeitgemäß" zu gelten hat. Ich würde mir nie anmaßen, darüber allein aus eigener Anschauung zu befinden. Ich müsste, um eine validierte Auskunft geben zu können, andere befragen. Erfreulicherweise ist mir diese Aufgabe abgenommen worden. Im Jahr 2010 wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine repräsentative Befragung[1] durchgeführt, die sich auch mit unserem Thema befasst.

Auf die Frage, ob sie den Begriff "gesetzlicher Güterstand" schon einmal gehört haben und auch wissen, was er bedeutet, konnten nur wenige der Verheirateten eine positive Antwort geben. Fast 90 % derer, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, glauben fälschlicherweise, dass alles, was während einer Ehe erworben wird, beiden Partnern gleichermaßen gehört. Verheiratete gehen in der Regel davon aus, dass sie sich in einer Art Gütergemeinschaft befinden. Die Kenntnis des eigenen Güterstands ist also erschreckend gering. Begrifflichkeiten im Kontext "Ehegüterrecht" sind für einen großen Anteil der Befragten gänzlich unbekannt. Nur 5 % der Verheirateten haben ehevertragliche Regelungen getroffen. Mehr als ein Fünftel der verheirateten Befragten würde sich vorab besser über die rechtlichen Konsequenzen informieren, hätten sie die Wahl, noch einmal zu heiraten. Eheschließende sind sich zwar bewusst, dass die Eheschließung die Rechtslage der wirtschaftlichen Verhältnisse irgendwie beeinflusst, aber ob und inwiefern sich die ökonomisch-rechtliche Situation durch die Heirat tatsächlich verändert, wissen die Wenigsten.

Die Befragung hat aber noch andere interessante Erkenntnisse zutage gebracht: Gleichberechtigte Teilhabe während bestehender Ehe erfährt als Partnerschaftskonzept hohe Zustimmung, nacheheliche Solidarität für während der Ehe entstandene Nachteile hingegen wird in weiten Teilen der Bevölkerung kritisch gesehen. Die meisten Eheleute gehen davon aus, dass die rechtliche Geltung ihrer partnerschaftlichen Verantwortung auf den Zeitraum begrenzt ist, während dessen die Ehe besteht. In der Ehe sind Solidarität und Verantwortungsbereitschaft füreinander durchaus groß. Die Bereitschaft, auch nach dem Scheitern der Partnerschaft für die Expartnerin oder den Expartner eine gewisse Verantwortung zu tragen, etwa weil sie oder er während der Partnerschaft in verschiedener Hinsicht zurückgesteckt hat, ist aber sehr gering.

Die Befragung hat auch ergeben, dass mehr als zwei Drittel der Paare heiraten, um ihrer Partnerschaft einen festen – rechtlichen – Rahmen zu geben. Die Partner vertrauen darauf, aufgrund der vorhandenen eherechtlichen Regelungen hinreichend abgesichert zu sein und verlassen sich darauf, dass der Staat, indem er bekanntlich die Ehe unter seinen besonderen Schutz stellt, einen rechtlichen Rahmen mit Regelungen und Vorkehrungen geschaffen hat, der die Lebenslagen und Lebensläufe der Menschen berücksichtigt und der geschlechtergerecht ist. Die Entscheidung zu heiraten ist häufig eng geknüpft an die Gewissheit, dass es diesen verlässlichen und gerechten Rahmen tatsächlich gibt.

Als wesentliches Ergebnis ist festzuhalten: Es wird erwartet, dass das Güterrecht eine auf Partnerschaftlichkeit ausgerichtete Eheführung abbildet und bereits während der Ehe eine dingliche Mitberechtigung beider Eheleute an den erwirtschafteten und erworbenen Gütern besteht.

[1] Partnerschaft und Ehe – Entscheidungen im Lebenslauf. Einstellungen, Motive, Kenntnisse des rechtlichen Rahmens. Repräsentativbefragung mit Männern und Frauen im Alter zwischen 18 und 60 Jahren, SINUS Sociovision, Heidelberg (im Auftrag des BMFSFJ), 2010.

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