Leben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, hat der Zugewinnausgleich grundsätzlich Vorrang. Eine Rückabwicklung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage hat der BGH in bisher ständiger Rechtsprechung auf extreme Ausnahmefälle beschränkt, in denen der Zugewinnausgleich den im Einzelfall bestehenden Interessenkonflikt nicht zu erfassen vermag und das Ergebnis der güterrechtlichen Abwicklung schlechthin unangemessen und für den Zuwendenden unzumutbar und untragbar unbillig ist.[15] Dabei hat er die Grenze der Untragbarkeit als kaum je überschritten angesehen, solange der Zuwender einen Ausgleich in Höhe des halben Werts der Zuwendung erhält. Aber auch wenn sein Ausgleichsanspruch dahinter zurückbleibe, sei eine Korrektur nicht ohne Weiteres geboten, weil sich in gewissen Abweichungen von der hälftigen Beteiligung ein noch normal zu nennendes Risiko verwirkliche, wie es im Zugewinnausgleich angelegt sei und vor dem auch ein Ehegatte, der die Zuwendung gemacht habe, nicht völlig bewahrt bleiben könne. Um die Unabweisbarkeit einer Korrektur durch Anwendung des § 242 BGB zu begründen, müssten weitere Gründe hinzutreten, die den Rückgriff auf die verdrängten Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage unter Berücksichtigung der übrigen konkreten Umstände des Einzelfalls zwingend geböten.[16]

Diese Messlatte ist sehr hoch und zeigt die deutliche Tendenz, dem pauschalierenden Halbteilungsgrundsatz des Zugewinnausgleichs den Vorrang vor der an sich flexibleren und dem individuellen Fall besser gerecht werdenden schuldrechtlichen Lösung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage einzuräumen. Ausnahmefälle, die diese Messlatte reißen können, hatte der BGH etwa dort gesehen, wo der Zuwendungsempfänger am Ehezeitende keinen Zugewinn erzielt hat, weil die Zuwendung ihm zur Erhaltung seines Anfangsvermögens gedient hat (z.B. bei negativem Anfangsvermögen nach altem Recht) und damit keine Zugewinnausgleichsforderung auslöst, obwohl sie wertmäßig noch im Endvermögen vorhanden ist und beim Zuwendenden andererseits mangels verbliebener Mittel ein Notbedarfsfall eintritt; ferner dort, wo dem Zuwendenden aus besonderen persönlichen Gründen ein schutzwürdiges Interesse an der dinglichen Rückübertragung seines Eigentums zuzubilligen ist, wobei eine solche dingliche Rückübertragung nur Zug um Zug mit einer Ausgleichszahlung des Zuwendenden einhergehen soll.[17]

Begründet hat der BGH seine restriktive Haltung gegenüber einer gesonderten schuldrechtlichen Rückabwicklung nach §§ 242, 313 BGB u.a. mit dem Hinweis auf die Anrechnungsbestimmung des § 1380 Abs. 1 BGB, wonach Zuwendungen größerer Art auf die Höhe der Zugewinnausgleichsforderung des Zuwendungsempfängers angerechnet werden, und zwar auch dann, wenn zuvor seine Erstattungspflicht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß §§ 242, 313 BGB festgestellt wurde. Der BGH befürchtet dadurch eine weitere Ausgleichung, die das Ergebnis der vorausgegangenen Rückabwicklung verfälschen könne, wenn die Rechtsfolge des § 1380 BGB nicht vorausschauend mitberücksichtigt würde.[18]

Man mag sich allerdings fragen, was an einer weiteren "Ausgleichung" durch das Zusammenspiel von schuldrechtlichem Rückausgleich und Anrechnung eines Vorausempfangs nach § 1380 BGB bei dem Zuwendungsempfänger, der dessen Zugewinnausgleichsforderung schmälert und im Ergebnis zu einer geringeren Belastung des Zuwendenden führt, so schlecht ist. Denn dadurch erhält der Zuwendende, der sonst maximal immer nur die Hälfte des Zugewendeten über das vorrangige und den weiteren Ausgleich nach § 242 BGB ausschließende Zugewinnausgleichssystem wertmäßig zurückbekäme, immerhin von seiner Zuwendung mehr zurück. Die Gefahr, dass er damit zu viele Vorteile durch den Rückausgleich erhielte, ist schon dadurch gebannt, dass im Rahmen des schuldrechtlichen Rückausgleichs nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage immer zu berücksichtigen ist, inwieweit der Zweck der ehebedingten Zuwendung bereits erreicht ist und der Rückausgleich sich dadurch entsprechend verringert.

Die Heranziehung des Halbteilungsgrundsatzes des Zugewinnausgleichs als Maßstab[19] ist auch deshalb zu hinterfragen, weil im Zugewinnausgleich nur dasjenige geteilt wird, was aufgrund gemeinsamer Lebensleistung während der Ehe entsprechend der von den Ehegatten gewählten Rollenverteilung erworben wurde. Das Gesetz stellt hier nicht auf die einzelnen Beiträge der Ehegatten ab, sondern pauschaliert, was in diesem Ausgleichssystem auch gerechtfertigt ist. Demgegenüber rekrutieren sich unbenannte Zuwendungen nicht in jedem Fall aus Vermögen, das ein Ehegatte während bestehender Ehe aufgrund einer gemeinsamen Lebensleistung erworben hat und dann an den anderen weitergibt, sondern nicht selten aus einem vorehelichen Erwerb oder sonstigem Anfangsvermögen i.S.d. § 1374 Abs. 2 BGB. Zwar kann der Zuwender dieses Anfangsvermögen im Zugewinnausgleich von seinem Endvermögen abziehen. Dennoch erhält er im Zugew...

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