Zunächst zu einer möglichen rechtlichen Verankerung eines solchen Rechts. Im deutschen Recht wurde trotz eines gewissen Haut Gout, der einer Betonung der biologischen Abstammung seit der unseligen Nazizeit wegen der damaligen sog. "rassenkundlichen" Untersuchungen anhaftet,[3] ein solches Recht von der verfassungsrechtlichen Literatur schon früh in Art. 1 GG – Würde des Menschen – oder in Art. 2 GG – allgemeines Persönlichkeitsrecht – verankert.[4] Die Unterscheidung zwischen einer Herleitung aus Art. 1 GG oder aus Art. 2 GG ist durchaus folgenreich: Gehört es zur Würde eines jeden Menschen (Art. 1 GG), einen Anspruch auf Kenntnis der eigenen Abstammung zu haben,[5] dann darf dieses Recht – jedenfalls nach herrschender verfassungsrechtlicher Meinung[6] – nicht eingeschränkt werden, ist also ein absolutes Recht. Ist es hingegen Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 GG), dann kann es seine Grenze an der verfassungsmäßigen Ordnung, dem Sittengesetz und den Rechten anderer finden.

Eine rechtliche Verankerung kann man auch in Art. 7 UN-Kinderrechtskonvention sehen, der vorsieht:

Zitat

"Das Kind … hat … soweit möglich das Recht, seine Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden."

Schließlich ist Art. 8 EMRK von Bedeutung, der jeder Person einen Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens garantiert.

Im Folgenden wird ein kurzer Blick darauf geworfen, ob diese verfassungs- und menschenrechtlichen Regelungen grundsätzlich zur Herleitung eines Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung in der Rechtsprechung herangezogen werden, um dann anschließend Gegenstand, Umfang und Grenzen eines solchen Rechts zu diskutieren.

[3] S. dazu u.a. Helms, Die Feststellung der biologischen Abstammung, 1999, S. 39 ff.; Frank, Recht auf Kenntnis der genetischen Abstammung? FamRZ 1988, 113; krit. auch die französische Reaktion auf die Entwicklung nach 1945: Labrusse-Riou, L'anonymat du donneur, in: Le droit, la médicine et l'être humain, 1996, S. 89.
[4] Dürig, in: Maunz/Dürig, Art. 1 GG, Rn 39 (Stand 1958); jetzt anders (Mai 1999): Herdegen, in: Maunz/Dürig, Art. 1 Rn 110; von Mangold/Klein/Starck, GG, 6. Aufl., 2010, Art. 1 Rn 88; Starck, Gutachten zum 56. DJT 1986, A23; Giesen, FamRZ 1981, 413, 416 und JZ 1989, 364, 365; Mansees, Jeder Mensch hat ein Recht auf Kenntnis seiner genetischen Herkunft, NJW 1988, 2984; Kleineke, Das Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung, 1976, S. 12 ff.; Coester-Waltjen, Gutachten zum 56. DJT, B53.
[5] So z.B. Dürig a.a.O.
[6] Von Mangold/Klein/Starck, Art. 1 Rn 30.

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