Aus der Anordnung in Abs. 2 des § 1570 BGB und seiner Qualifizierung als "Annex-Anspruch" des Anspruchs auf Basisunterhalt nach Abs. 1[142] ergibt sich die Nachrangigkeit des Kriteriums der elternbezogenen Belange. Für den ein nichteheliches Kind betreuenden Elternteil ergibt sich dies daraus, dass sowohl Kindesbelange als auch bestehende Möglichkeiten der Kindesbetreuung "insbesondere" genannt werden.[143] Somit können auch elternbezogene Gründe einer Erwerbsobliegenheit entgegenstehen, sofern – insoweit vorrangig – nicht schon kindbezogene Gründe gegen eine Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils sprechen. Die Verlängerungsmöglichkeit besteht unabhängig vom Wohl des Kindes und rechtfertigt sich aus der nachehelichen Solidarität.[144] Geschützt wird vor allem das Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung bei Kindeserziehung und Haushaltsführung.[145]

Eine Anspruchsverlängerung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der betreuende Elternteil durch Kindesbetreuung und gleichzeitige Berufstätigkeit überobligationsmäßig belastet würde.[146] Das kann selbst bei Ganztagsbetreuung in Betracht kommen, weil Arztbesuche, Behördengänge, Einkäufe und Hausarbeit beim betreuenden Elternteil zu berücksichtigen sind mit der Folge, dass gleichwohl nur eine teilschichtige Erwerbstätigkeit geschuldet ist.[147] Andererseits reicht allein der pauschale Hinweis darauf, Kindesbetreuung und Erwerbstätigkeit dürften nicht über einen Acht-Stunden-Tag hinausgehen, nicht aus;[148] vielmehr ist auf der Grundlage der individuellen Verhältnisse eine Beurteilung im Einzelfall vorzunehmen.[149] Als "Testfrage" ist regelmäßig zu prüfen, ob eine ungleiche Lastenverteilung vermieden werden muss.[150] Die Darstellung der konkreten Verhältnisse ist unverzichtbar.[151]

Die Ehedauer kann nur dann zu einer Anspruchsverlängerung führen, wenn sich das Vertrauen in die Beibehaltung der Betreuungssituation verfestigt hat.[152] Hier ist auch von Bedeutung, ob die Erwerbspause Gründe hatte, die im Interesse des Kindes lagen oder eher dem Interesse des betreuenden Elternteils entsprachen.

[142] BT-Drucks 16/6980 S. 8 f.; vgl. Maurer, FamRZ 2008, 2157, 2159; Born, NJW 2008, 1, 5.
[143] BT-Drucks 16/6980 S. 10; s. BGH NJW 2008, 3125, 3132 unter Rn 99, 100.
[144] BT-Drucks 16/6980 S. 16 f.
[146] BGH FamRZ 2012, 1040 unter Rn 24; BGH FamRZ 2010, 1050 unter Rn 36; Götz, FPR 2011, 149.
[147] OLG Düsseldorf NJW 2014, 948 = FamRZ 2014, 772.
[148] BGH NJW 2010, 2277 unter Rn 36.
[149] BGH NJW 2011, 2646 m. Anm. Mleczko = FamRZ 2011, 1375 = FF 2011, 365.
[150] BGH NJW 2012, 1868 = FamRZ 2012, 1040 m. Anm. Borth; OLG Frankfurt BeckRS 2013, 14558 = FamFR 2013, 441.
[151] Vgl. OLG Düsseldorf NJW 2014, 948 = FamRZ 2014, 772; dort hatte die Mutter mit Erfolg auf den Umstand hingewiesen, dass das Kind maximal bis 17.00 Uhr im Hort betreut wird, während sie berufsbedingt erst zwischen 19.00 Uhr und 19.30 Uhr nach Hause kommt.
[152] Palandt/Brudermüller, § 1570, Rn 15.

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