Klaus Weil

Kennen Sie auch diese Situationen im Beratungsgespräch mit den Mandanten:

Der Mandant teilt mit, man lebe seit mehr als drei Jahren getrennt, werde aber immer noch – auf Hinweis des Steuerberaters – gemeinsam veranlagt. Oder: Man habe im Verfahrenskostenhilfeformular die Kapitallebensversicherung nicht angegeben, die kenne sowieso keiner. Oder: Das BAföG-Darlehen, das bei Eheschließung vorhanden war, habe man zunächst nicht in die Vermögensaufstellung aufgenommen. Man wolle abwarten, ob der Ehepartner sich noch daran erinnere. Oder: Es gäbe da noch eine private Rentenlebensversicherung, die müsse man ja wohl nicht im Versorgungsausgleich angeben, schließlich habe der Partner sicherlich auch noch verschiedene unbekannte Versorgungen.

Die Absichten der Mandanten liegen auf der Hand. Und, wie gehen Sie damit um?

Nicht in allen Fällen steckt böse Absicht hinter solchen Verhaltensweisen. Teilweise liegt lediglich Gedankenlosigkeit vor, häufig ein sehr subjektives Empfinden von Gerechtigkeit. Allen Fällen gemeinsam ist allerdings deren Strafbarkeit – für den Mandanten, aber insbesondere auch für den mitwirkenden Rechtsanwalt.

Die rechtswidrige Beibehaltung der gemeinsamen Steuerveranlagung nach dem Splittingtarif im Folgejahr der Trennung ist der klassische Steuerbetrug. Der Hinweis des Anwalts, ein Versöhnungsversuch habe doch sicherlich stattgefunden, die strafbewährte Beihilfe hierzu. Das Erschleichen der VKH mittels falscher oder unvollständiger Angaben erfüllt den Tatbestand des Betrugs genauso wie das Verschweigen eines Darlehens beim Anfangsvermögen oder der zusätzlichen Altersversorgung beim Versorgungsausgleich. In keinem Fall sollten wir Anwälte solche Vorhaben tolerieren oder gar unterstützen.

Sicherlich kann der Mandant unsere Verschwiegenheit und Loyalität in der Abwicklung seines Mandats erwarten. Dem sollten wir auch gerecht werden. Loyalität endet allerdings dort, wo die Grenze der Standeswidrigkeit oder gar der Strafbarkeit überschritten wird. Es ist unsere Aufgabe, dies dem Mandanten gegenüber deutlich darzulegen. Die Abwicklung eines familienrechtlichen Mandats erfordert immer wieder dem Mandanten die Grenzen der Vertretung verständlich zu machen. Als Organ der Rechtspflege haben wir auch Verantwortung dafür, dass gerechte Ergebnisse erzielt werden können.

Die Gesetzgebung und auch die Rechtsprechung machen es uns da nicht immer leicht. Dies zeigt das Beispiel der vergessenen oder absichtlich nicht angegebenen Altersversorgungen im Versorgungsausgleich besonders deutlich. Nachträglich ist eine Korrektur über das Gericht praktisch nicht mehr möglich. Eine gesetzliche Änderung dieses Zustands ist dringend erforderlich, kann allerdings erwartungsgemäß noch dauern. Diese rechtliche Situation ist unbefriedigend, sollte jedoch keinesfalls zu Missbrauch einladen. Eine gute Beratung hat es nicht nötig, sich auf Forderungen der Mandantschaft im Hinblick auf Manipulationen einzulassen – auch wenn die derzeitige Rechtslage geradezu einladend wirkt. Der morgendliche Blick in den Spiegel sollte jedoch nicht durch Züge von "Winkeladvokatie" getrübt werden.

Auch die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht hat sich dieses Themas beim diesjährigen Deutschen Anwaltstag in Berlin angenommen. "Steuerstrafrechtliche Aspekte bei der Abwicklung familienrechtlicher Mandate" und "Illegale Informationsbeschaffung und “geschönter’ Sachvortrag im familienrechtlichen Verfahren" sollten tunlichst vermieden werden.

Autor: Klaus Weil

Klaus Weil, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Marburg

FF 6/2016, S. 221

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