Interview mit Dr. Sabine Sütterlin-Waack, MdB (CDU/CSU), und Sonja Steffen, MdB (SPD)

Dr. Sabine Sütterlin-Waack

Sonja Steffen

FF/Schnitzler: Ihre Arbeit wird im Augenblick von der Flüchtlingsproblematik in Deutschland und in Europa bestimmt. Trotzdem wollen wir gemeinsam einige Fragestellungen erörtern, die den Familienrechtler interessieren. Sie sind beide Rechtsanwältinnen und in Ihren Praxen mit dem Familienrecht befasst.

Am 18.3.2016 stand eine Sachverständigenanhörung im Zusammenhang mit dem neuen Gesetzgebungsvorhaben der Koalition auf der Tagesordnung. Es geht um das Sachverständigenrecht. Das Kernanliegen des Gesetzgebungsvorhabens ist die Qualität der Sachverständigengutachten, insbesondere auch in Kindschaftssachen zu verbessern. Dies betrifft auch die bisher relativ einseitige Auswahl von Sachverständigen durch den/die Familienrichter/in.

Ich kann mich selbst an zwei konkrete Vorfälle erinnern, die zu erheblichen Irritationen, auch mit den beteiligten Parteien, geführt haben. In dem einen Fall war der Familienrichter aus einer anderen Stadt an das Familiengericht Euskirchen versetzt worden und brachte seinen eigenen Gutachter mit, der allerdings, wie sich später herausstellte, gar keine Sachverständigen-Qualifikation als Dipl.-Psychologe oder als Psychotherapeut aufwies. Dies kommt relativ häufig vor. In einem anderen Fall wurde ein Sachverständiger in einem Zugewinnausgleichsverfahren bei der Bewertung von bebauten Grundstücken in der Eifel eingesetzt, obwohl der Sachverständige selbst sein Büro in Hessen hatte. In dem letzteren Fall ist dann die Korrektur im Beschwerdeverfahren vor dem OLG Köln erfolgt, nachdem wir ein Privatgutachten vorgelegt haben, das zu deutlich niedrigeren Bewertungsmaßstäben geführt hat als das gerichtlich bestellte Sachverständigengutachten. Es geht also im Kern um die Qualität von Sachverständigen. Ist hier noch eine Abänderung von einzelnen Vorschriften zu erwarten?

Sütterlin-Waack: Auch ich habe als Anwältin in seltenen Fällen erlebt, dass Gutachten nicht fachgerecht erstellt wurden. Dramatische Einzelfälle durch fehlerhafte Gutachten wollen wir mit dem von Ihnen angesprochenen Gesetzentwurf verhindern. Das Herzstück dieses Gesetzentwurfs ist die neugefasste Vorschrift des § 163 Abs. 1 FamFG-E, die festlegt, dass zukünftig nur Psychologen, Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendpsychiater, Psychiater, Ärzte, Sozialpädagogen und Pädagogen familienpsychologische Gutachten erstellen sollen.

Allerdings haben im Rahmen der öffentlichen Anhörung mehrere Sachverständige eine weitere Eingrenzung dieser vorgenannten Professionen angeregt. Es stellte sich die Frage, ob Sozialpädagogen und Pädagogen in die Gruppe der familienpsychologischen Gutachter tatsächlich aufgenommen werden sollten. Die geäußerten Bedenken wurden damit begründet, dass in der universitären Ausbildung der genannten Berufsgruppen vor allem die für die Gutachtenerstattung erforderlichen Komponenten, beispielsweise Differential- und Prozessdiagnostik, fehlen würden.

Bei der weiteren Diskussion, die wir führen werden, ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Vorschrift des § 163 Abs. 1 FamFG-E um eine Soll-Vorschrift handelt und somit das Gericht auch Gutachter anderer Fachrichtungen unter Umständen benennen kann.

Steffen: Es gilt immer das nach unserem ehemaligen Fraktionsvorsitzenden Peter Struck benannte "Strucksche Gesetz", dass kein Gesetzentwurf den Bundestag so verlässt, wie er eingebracht wurde. Es wird also in jedem Fall noch die eine oder andere Änderung beim Entwurf des Sachverständigenrechts geben. Die Schwierigkeit bei diesem Gesetzesvorhaben liegt darin, dass die Änderungen in der ZPO für alle Sachverständigen gelten, während der Fokus des Gesetzes vor allem auf den familienrechtlichen Verfahren liegt. Hier muss man gute Kompromisse und Lösungen finden, um allen Beteiligten gerecht zu werden. Wir werden uns in den weiteren Beratungen sicherlich alle ZPO-Änderungsvorschläge noch einmal genau anschauen.

FF/Schnitzler: In den umfangreichen Reformvorhaben 2008/2009 ist auch die Änderung des Versorgungsausgleichs erfolgt. Nicht alles ist hier optimal gelaufen, wie ein Vorgang zeigt, der jetzt über den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages Gegenstand in einem familiengerichtlichen Verfahren war.

Inzwischen hat sich durch verschiedene Entscheidungen herausgestellt, dass vergessene oder bewusst nicht angegebene Rentenanwartschaften nicht mehr in Form einer Korrekturentscheidung einbezogen werden können. Dies ist außerordentlich ärgerlich, weil hier im Grunde genommen derjenige, der trickst, bevorzugt ist. Deshalb hat der Petitionsausschuss dem Antrag wohl stattgegeben und die Sache weitergegeben in den Rechtsausschuss. Wie ist das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit?

Sütterlin-Waack: Eine kurze Bemerkung zum Versorgungsausgleich vorab: Der Versorgungsausgleich wird oftmals von den Betroffenen als ungerecht und äußerst kompliziert empfunden. Wiederholt wird die Vorschrift des § 37 Abs. 2 VersAusglG beans...

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